»MISSION:
IMPOSSIBLE«
(USA
1996; Regie: Brian De Palma)
Nett gemeinter Agentenflick, angestaubt mit
Röhrenmonitoren und Disketten, "fun" und "pleasure"
also, der
"Kobra, übernehmen Sie" zum Hollywood-Popcorn-Mythos
verarbeitet, aber Gefahr läuft, wie übrigens die anderen Teile auch, seine
Schlüsselszenen konzentrierter zu studieren als deren Füllmaterial als
Verbindung dazwischen. Die stufenweise Liquidierung des IMF-Teams zu Beginn,
der legendäre Langley-Einbruch ins CIA-Hauptquartier und die
Hochgeschwindigkeits-Zug-Verfolgung am Ende repräsentieren so knallig wie dicht
Brian De Palmas überstilisierte (Kamera-)Jagd nach den wahren Bildern inmitten
von falschen Lügen, schräg gefilmten Gesichtern und geliehenen Identitäten, die
nicht mehr auseinanderhaltbar scheinen, de facto das Entrümpeln des Seins im
Schein.
De Palma weiß erfahrungsgemäß wie man
Einbruchssequenzen größtmöglich erfinderisch ineinander klappt, und davon saugt
der Film offenkundig seinen Reiz der Unterhaltung willen. Wenn er jene
Liquidierung, durch die Ethan Hunt (Tom Cruise) schlussendlich unfreiwillig
flüchten muss, als Choreografie dirigiert, die zwischen den einzelnen
Arbeitsschritten der jeweiligen Personen schneidet, wenn er beim CIA-Raub in
einer spinnennetzförmigen Innenarchitektur (Hunt ist im Prinzip das Insekt
darin) Spannung aus Schweißtropfen suggeriert und die daraus resultierende
Anspannung, omnipräsent unter einer festgelegten Lautstärke hantieren zu
müssen, direkt aufs Publikum überträgt, das so still wie möglich zu sein hat.
Diese Sequenz verkörpert fraglos das Highlight, De Palma verschließt sie mit
einer amüsanten Pointe. Wohingegen der Showdown das auskitzelt, was später in
Substanzlosigkeit mündet: der Transformation Hunts zur Rambo-Karikatur und dem
Selbstproduzieren des Egos, weil er dachte, es sei eine Selbstverständlichkeit,
er habe den Film auch produziert. Daneben gibt's 'nen Zoom von der Totale des
Zuges zur Nahaufnahme des Zugfensters, Elfman-Noten und allerlei technischen
Krimskrams, auf dem man bloß nicht herumkauen sollte.
Den Einzelszenen mit
Schmackes hat De Palma fortwährend allerdings nichts Festes, das heißt: einen
übergeordneten Spannungsbogen nebst einer mannigfaltigen Konfliktdynamik
innerhalb der Gruppe entgegenzusetzen, außer oberflächlichen Alibi-Stoff
gewitzt aufgelegter, aber strikt fad entwickelter Stars reinzuquetschen, der
so doof wie plemplem die langbärtigsten Handlungswendungen bei allem
scheinbaren Intellekt aus dem Apple Powerbook schüttelt – dem Chef des Teams
(straight: Jon Voight) kommt die Rolle des fiesen Obermackers gelegen, jedwedes
Detail akribisch zu planen, um eine fette Stange Geld einzusacken. Natürlich!
Und an eine Sicherung in den Lüftungsschächten des scheinbar sichersten
Gebäudes der USA wurde erst recht nicht gedacht. Das prominente Autoren-Trio
(Koepp, Towne, Zaillian) scheint in
"Mission: Impossible"
zuweilen seltsamerweise der Kreativität überdrüssig – und allmählich der
Konfusion unterstellt.
»MISSION:
IMPOSSIBLE II«
(USA
2000; Regie: John Woo)
Obwohl das Spektakel augenscheinlich von Anfang
an auschoreographiert war, existierte Gerüchten zufolge kein Drehbuch, erst
unmittelbar während der Dreharbeiten wurde die Geschichte häppchenweise
(vielleicht auch notdürftig?) zusammengeflickt, unabhängig davon, dass John Woo
vom Studio aus seinen anfänglichen Dreistundenfilm zusätzlich auf zwei runter
kürzen musste. Das ist kein Problem, solange man es nicht spürt. Woos Problem
liegt aber nun einmal gerade darin, dass man sie tatsächlich fühlt, diese unterschwellige
Empfindung der Unvollständigkeit der Idee, die zur Ideenlosigkeit verkommt,
dieser Riecher von Unzufriedenheit, der durch die Handlung flattert. "Mission:
Impossible 2" wirkt mehr noch als sein Vorgänger um seinen Kern
herum konzipiert – dem Kern der Action, dem geräucherten Fisch im Sushi,
dessen
Ummantelung aus erkaltetem Reis, also einer mehr oder minder
ungenießbaren
Rahmennarrative, besteht.
Woo vermengt asiatischen
Heroic-Bloodshed-Zeitlupenästhetizismus mit erschlagender
Distinguiertheit zum
formschönem Poem schwerelos tanzender Körper im Raum, mal definiert als
Todesbedrohung, dann wieder als Todestransportmittel, das in letzter
Konsequenz
gar nicht mehr Agentenfilm sein kann, wo das Miteinander und das
Gegeneinander
zählt, sondern vielmehr ein reines melodramatisches Actiondrama über die
Liebe
und einen Typen, also auch wieder so etwas wie ein egokitzelndes
Werbegeschenk
für Tom Cruise, ohne dass er dafür einem Geheimnis auf die Schliche
kommen
muss. Er muss zerstören, bloß zerstören, nämlich eine Bio-Waffe, er muss
reagieren, nicht viel agieren, mitmachen, nicht vormachen, mit wehenden,
mit
fettigen Haaren – und dabei möglichst gut aussehen. Es sei
dahingestellt,
inwieweit das manische Recherchieren nach den pathosbesoffensten
Panoramen (Sonnenuntergänge
und Kletterpartien umschließen einen kleinen Teil derer, die von dem
Ästhetikdrang seines Machers regelrecht betäubt scheinen) der Geschichte
zuspielt und nicht eher dem Manierismus anheimfällt, da jede Geste
möglichst
übergroß.
Gewiss weiß die bedingt wendungsreich aufgezogene
Geschichte allenfalls rudimentär mitzureißen, speziell das kitschige Gebalze
aus Erotik und Leidenschaft (kontrastiert von Feuer) ermüdet, speziell verreißt
Woo die Figuren und deren Tragik (ein Mindestmaß Amüsement für den stets
putzigen Ving Rhames nebst zerschossener Designerkleidung). Alles eben kaum
tiefschürfend, alles zu schnell, alles, ja unvollständig, weil alles der Action
zuarbeitet, sie begründet. Maximal die aus dem ersten Teil adaptierte
Maskengeschichte, die im zweiten Teil vermehrt Anwendung findet und mit fast
redundanten Konturen gezeichnet ist, erweist sich als geeignetes Instrument,
der Geschichte Doppelbödigkeit und zugleich dem Woo-Motiv der Doppelidentitäten
Ausdruck zu verleihen, wenn es im brachialen Showdown den falschen mit mehreren
Kugeln erwischt, eine Szene, die zeigt, wohin die Figurenkonstellation des
"Chinatown"-Autors
Robert Towne hinführen könnte.
"Mission: Impossible II"
stimuliert emotional dennoch insofern, als dass Woos Handwerk trotz eines
bleiernen Musikthemas Hans Zimmers über das halbgare Drehbuch und die harmlosen
Schurken hinwegzutäuschen versteht – siehe Brian De Palma. Woo ist Profi wie
Perfektionist, die Actionsequenzen sind entsprechend unglaubliche Ornamente
(Funken schlagen für gewöhnlich, Fahrzeuge zerscheppern durch einen anfahrenden
Zug oder werden auf einer Brücke weggesprengt), die Kamera wechselt beständig
ihre Perspektiven, der Ton greift sich die Emotionen der Protagonisten und der
Szenenaufbau aus fragmentarischen Bewegungen gleicht einstudierten
Balletttänzen – so als sich Nyah (Thandie Newton) und Ethan (Cruise) in Sevilla
erstmals begegnen und die Sequenz symbolträchtig mit einem spanischen Stepptanz
codiert wird. Auch als die obligatorischen Tauben fliegen und Ethan Hunt
elegant seinen Widersachern entkommt und Zimmer zwischenzeitlich Ethno
einspielt: Das ist Ästhetik, die ergreift, und die aus
"Mission:
Impossible II" noch lange keinen richtig schlechten Film macht.
»MISSION:
IMPOSSIBLE III«
(USA,
D, CHINA 2006; Regie: J. J. Abrams)
Philip Seymour Hoffman, bitte für das nächste Mal
längere Auftritte in einem Agentenfilm einplanen oder gleich direkt die
Hauptrolle des Geheimagenten spielen. Beleg: "Mission: Impossible"
hat endlich einen irrsinnig-fülligen, zwischen Auric Goldfinger und Blofeld
changierenden Geistesgestörten gefunden, der selbst davor nicht zurücksteckt,
Unschuldige für einen MacGuffin zu töten, den niemand zu erklären bekommt. Und
der Ethan Hunt (Tom Cruise) hinsichtlich dessen Paroli zu bieten vermag, als dass
er ihn durch seine egozentrische Boshaftigkeit gar überflügelt, weil Owen
Davian (so der Rollenname Hoffmans) die reichlich interessantere Figur von
allen uninteressanten Nebenfiguren ist, die diesen dritten Teil bevölkern
(Ausnahme Laurence Fishburne, ebenfalls füllig, sowie Simon Pegg, ebenfalls
irrsinnig, irrsinnig quasselig). Und weil Hoffman schlicht der wuchtigere
Schauspieler ist.
"Mission: Impossible III" startet ungewohnt
dramatisch. Der Anfang des Beinah-Endes des Beinah-Todes – effektiv. Das musikalische
Titelthema hingegen – leider ähnlich kraftlos wie im Vorgänger, der
Actiongranate John Woos, die hier, wenn auch nicht unbedingt in ausladender
Choreographie, ohnehin im Bereich Adrenalinausschüttung, Schweißhaushalt und
Herzklopfgeschwindigkeit ausgebremst wird. Es passiert fortlaufend viel in J.
J. Abrams' Version der Filmreihe, wahrscheinlich viel mehr, als in den beiden
vorherigen Teilen zusammengenommen, viele Bewegungen, oft verknüpft mit den
unbewussten Reflexbewegungen und physischen Schutzmechanismen im Todeskampf,
klettern, rasen, rennen, vor allem die Bewegung der Bewegung der Filmreihe,
wenn sich Hunt mit Drahtseilen von einem Ort zum anderen schwingt. Es sei
angemerkt, dass er sich diesmal in Shanghai von einem Wolkenkratzer zum nächsten
austobt.
Zudem rückt Abrams den einige Jahre vorher
sträflich vernachlässigten Einheitsgedanken des Teams näher an die
menschlicheren Figuren, deren Fehleinschätzungen das Verzweifeln über einen
gestorbenen Agenten aufs Nachhaltigste forcieren. Allgemein ist das sowieso
ziemlich nervenaufreibend-anregendes Mainstream-Genrekino, es kommt zumindest
dem näher, was von einer Reihe namens "Mission: Impossible" zu
erwarten wäre. Indem das Drehbuch nahezu pausenlos retardierende
Hochspannungsszenen ("Ich zähle bis 10…"), apokalyptische
Actionpassagen (Brücke) und gründlich getaktete Heist-Spielereien installiert
(Vatikan, wo endlich das Gimmick der Latexmasken nachvollziehbar zu werden
scheint), bleibt ein Gähnen bewusst unterdrückt, da es nämlich keine Chance
dazu bekommt, da es aber auch keinen wirklichen Grund dafür gibt, sich der
Unterhaltung zu entledigen.
Einzig die zugleich mit mehr geforderter
Menschlichkeit einhergehende Metaebene, welche zuvorderst die Frage aufwirft,
ob ein Leben als Agent mit einem Familienleben vereinbar sein könne, bleibt
mau in ihrer psychologischen Ausformulierung, da doch stets im Rahmen der
Drehbuchmöglichkeiten. Auch das Finale ist samt abgenagter Maulwurf-Wendung
wenig spektakulär, sondern geradezu idiotisch (Reanimierung), die Schlussszene
dick aufgetragen und immer, wenn Abrams meint, während der Hatz für eine Weile
inne zu halten und den Zwischentönen zu lauschen (zum Beispiel als die Aktion
der Hasenpfote nicht gezeigt wird, beste Idee), gelingt es dem Film nie, seine
Protagonisten emotional zu grundieren. Zum Schluss: Wie sähen die
Actionsequenzen aus, wenn sie nicht verwackelt wären? John Woo? James Cameron?
John McTiernan? Peter Hyams? Nicht auszudenken.
Gesamtwertungen:
5 | 10 5 | 10 6 | 10