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Montag, 25. Dezember 2017

"Star Wars: Episode VIII - Die letzten Jedi" / "Star Wars: Episode VIII - The Last Jedi" [USA 2017]


Nach "Star Wars: Episode VIII – Die letzten Jedi" darf Rian Johnson durchaus weiterhin Filme drehen, aber es wäre für alle das günstigste Los, wenn er dies auf Jakku tun würde. Traditionen zerbröseln und auf dem Aschehaufen des Träumens gleichzeitig einen neuen Traum konstruieren, wie es ihm angedichtet wird – wo? Obschon Johnson im All den Ästheten spielt, der in rotfleischigen Refugien, sandaufkratzenden Bodenschlachten und lautlosen Explosionen ganz zu sich selbst findet (oder zu einem Verständnis von eigenwilliger Atmosphäre, die sich über jene anachronistische von "Star Wars" interessanterweise erhebt), erschöpft sich sein kanonischer Eintrag im Milchmelken, Tierchenbestaunen und depressiven Unkrautgrimassieren. Das ist nicht "Star Wars", das ist noch nicht einmal ein "Star-Wars"-Seitfallzieher, ein spannendes Spiel mit hinterfragenden Perspektiven auf den Mythos durch den Mythos. Hauptsächlich ist das würdelos. Was sollte es sonst sein? Von der Leia (Carrie Fisher), die zu Beginn auf einen Bildschirm blickt, der die soeben verstorbenen Piloten mit einem Kreuz rahmt (wie niederschmetternd geräuschlos dies Johnson porträtiert, kommt einer subtilen Trauer gleich, deren Schwermut der Film nachfolgend lieber parodistisch unterläuft), bleibt nicht viel übrig. Im Gegenteil: Eine Leia bleibt übrig, die dem Tod davonfliegt. Carrie Fisher hätte Besseres verdient gehabt. Die Ehrung, die ihr im Abspann zuteilwird – Hohn geradezu. 

Es scheint, dass "Star Wars: Episode VIII – Die letzten Jedi" aus den postmodernen Nervattacken eines "Star Wars" hassenden Proleten stammt, der sich lustig schimpft. Die üppige Laufzeit verwandelt diese Episode in ein Spiegelkabinett repetitiver Bedienungsmöglichkeiten (davon völlig haarsträubend: das Casino samt hässlich animiertem "Jurassic–Park"-Befreiungspathos), die eine Taste nach der anderen bedient: Aktion, Reaktion, Todesgefahr, Rettung, ausatmen, einatmen. Weiter, immer weiter. Dieses kalkulierte, diktatorisch zerfranste "Star Wars" schafft keinen Raum mehr für die Wunderdinge der Macht, die, wie ironisch sich das auch anhören mag, bis zur allerletzten Konsequenz nun von jedem erspürt, angewendet werden kann. Von jedem – das heißt auch von denjenigen, die sich der Macht um der Macht willen verschreiben. Einst ging es in "Star Wars" um etwas. Um etwas den Sinn Überwindendes, um eine Andacht in der Kathedrale der Popkultur. Der Glaube war stark, aber nie zu missionarisch. Disneys "Star Wars" glaubt nichts mehr, und Rian Johnson – sein Mut ist ihm gleichwohl nicht zu nehmen – fängt diesen Transzendenzverlust auf, indem er über ihn lacht. Er lacht über die Bösen, die Guten, er belacht das Gefühl, mit dem sich "Star Wars" fassen ließ: dem Unerklärlichen der Heimat, der Heimkehr, ummantelter, warmer Umarmung. Jetzt zeigt ein Loch auf einer Insel direkt auf den Kopfschuss. Es führt kein Weg mehr zur Heimat, nicht ins Irgendwo, sondern ins Nirgendwo: Das Lichtschwert, oh, wirf' es doch weg!

3 | 10

Freitag, 27. Mai 2016

"X-Men: Apocalypse" [USA 2016]


Die Erinnerung an Auschwitz zerstören, aber Auschwitz zerstören – in einem Mainstreamfilm der Erinnerung durch historische Embleme? Möglich. Bryan Singer und sein Baby "X-Men" bewegen etwas in der Superheldenkonformität. Denn genau wie das großartige "The-Fast-and-the-Furious"-Franchise hören dort Geschichten auf zu existieren. Wo die Geschichte aber endet, fängt eine neue an: die Geschichte in Geschichten, die auf eine Geschichte verweist. "X-Men: Apocalypse" intertextualisiert das altkluge Metadirigieren (vor Sinalco-Werbetafeln); vor lautem Pompösgeklecker und vor ausgesprochen überdrehtem Vervollständigen einer filminternen Entwicklungslogik drohen die Figuren jedoch vernachlässigt zu werden, und "X-Men: Apocalypse" ist in der Tat der redundanteste Ableger der Reihe, dem es nicht gelingen mag, an die Zeitreisetragik des Vorgängers anzuschließen. Zum Ende hin, wenn jener Fanservice abgearbeitet ist, der sich vordrängeln musste (Wolverine), kratzt Singer jedoch die Kurve – gemäß dritten Teilen (und deshalb ignoriert Singer sarkastisch den dritten "X-Men: Der letzte Widerstand") scheint zum Schluss Einigkeit darüber zu bestehen, ein Kapitel in humanistischen Gesten abgeschlossen zu haben: für die Erinnerung und Nonkonformität. Dazu muss Oscar Isaac nicht einmal stimmlich groß aufspielen, um zu wissen, dass Singer das kommerzielle Kino bunter Hüpfhelden einnehmend transzendiert hat. Anstatt mit einem Donnerschlag auf die Fortsetzung zu hämmern, verabschiedet der Schöpfer seine Schöpfung vorerst mit einer zeitlosen Träne.

6 | 10

Freitag, 25. Dezember 2015

"Star Wars: Episode VII - Das Erwachen der Macht" / "Star Wars: Episode VII - The Force Awakens" [USA 2015]


Noch einmal Kind sein durch "Star Wars" in 2015 – der ist aufrichtig zu beneiden. Denn mit dem wissensdurstigen, sakral-melancholischen Suchen nach Antworten, die außerhalb des heizofenwarmen Kinderzimmers im All vorübergehend aufleuchten, begleitet von John Williams' sanft säuselndem Sternenpathos, hat J. J. Abrams' Notfallplan eines versöhnlichen Weihnachtsgeschenks nicht mehr viel gemein. Wie auch – unter der Fuchtel eines kreativitätshemmenden Filmstudios, unter den redundanten "Action!"-Anweisungen eines Studiobrandlöschers, der Bildern noch nie ihre Bedeutung gab, die sie gebraucht haben. Als wich Abrams vor dem spirituellen Sinngehalt und dem mehr als tröstlichen Weltgefühl zurück, das "Star Wars" dem Kind versprach, verweigert er sich jedweder unschuldiger Mythologie: Dies ist ein erzkonservativ abweisender, mechanistischer, fremdgesteuert konsenswilliger Film nach einer Disney-Programmatik; in seinem beherzten Humor (Chewie als schlotternder Angstbär) bisweilen nuanciert geschrieben, aber ängstlich rezitiert. In zwei Szenen lassen sich Krümel von Magie aufsammeln, immerhin. Han Solo gegen Kylo Ren als Repräsentanten der zweiseitigen Macht (übrigens: wohldurchdacht licht- und schattenexpressiv komponiert) – und Luke Skywalker. Die alte, unsterbliche Garde um Harrison Ford, Carrie Fisher und Mark Hamill – und das ist bezeichnend – sträubt sich gegen das Neue, indem sie ein letztes Mal aufzeigt, wie das Alte funktionierte: nämlich spontan, jugendlich-leicht, unbedingt glaubenswert. Der siebten Episode möchte man nur widerwillig glauben.

5 | 10

Freitag, 6. Februar 2015

"A Most Violent Year" [USA 2014]


[...] Fühlte sich Chandor in "Der große Crash – Margin Call" und "All is Lost" berufen, den Raum einzuengen, öffnet er ihn nun den Figuren horizontal. Buchstäblich entlastet und befreiend stiefelt, joggt, rennt Abel Morales (Oscar Isaac) ein New York ab, ein sepiaversifftes, verdorrt-öliges New York, das Rost ausblutet und an der existenziellen Demarkationslinie zwischen der diesseitigen Legalität und der jenseitigen Unrechtmäßigkeit Märkte befeuert, die Gewinne und Verluste einfahren. Das Rennen Morales' – er übernahm ein Heizöl-Fuhrunternehmen und befindet sich fortan in einem Kleinkrieg, in einem vielschichtigen Kräftemessen mit anderweitigen wirtschaftlichen Interessemachthabern – wird zur sinnstiftenden Metapher des Flüchtens vor jener Grenze, die mit seinem diplomatischen Idealverständnis nicht mehr verträglich ist, dem (illusorischen) Flüchten vor dem Öl, das sich nicht mit Blut vermischen soll. [...] J. C. Chandor winkt renommierte Vorbilder urban-epochaler Crime-Tragedys heran, obwohl er deren fiebrige Hitze skaliert. "Goodfellas", ja speziell "Goodfellas" – ein Körper, auf offener Straße abgeladen, ein erster Flirt mit der Regentschaft der sich entladenden Macht. Eine erste Szene, die uns in den Alltag eines Gewalt schaffenden Parallelsoziotops zieht. [...]


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