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Montag, 25. Dezember 2017

"Star Wars: Episode VIII - Die letzten Jedi" / "Star Wars: Episode VIII - The Last Jedi" [USA 2017]


Nach "Star Wars: Episode VIII – Die letzten Jedi" darf Rian Johnson durchaus weiterhin Filme drehen, aber es wäre für alle das günstigste Los, wenn er dies auf Jakku tun würde. Traditionen zerbröseln und auf dem Aschehaufen des Träumens gleichzeitig einen neuen Traum konstruieren, wie es ihm angedichtet wird – wo? Obschon Johnson im All den Ästheten spielt, der in rotfleischigen Refugien, sandaufkratzenden Bodenschlachten und lautlosen Explosionen ganz zu sich selbst findet (oder zu einem Verständnis von eigenwilliger Atmosphäre, die sich über jene anachronistische von "Star Wars" interessanterweise erhebt), erschöpft sich sein kanonischer Eintrag im Milchmelken, Tierchenbestaunen und depressiven Unkrautgrimassieren. Das ist nicht "Star Wars", das ist noch nicht einmal ein "Star-Wars"-Seitfallzieher, ein spannendes Spiel mit hinterfragenden Perspektiven auf den Mythos durch den Mythos. Hauptsächlich ist das würdelos. Was sollte es sonst sein? Von der Leia (Carrie Fisher), die zu Beginn auf einen Bildschirm blickt, der die soeben verstorbenen Piloten mit einem Kreuz rahmt (wie niederschmetternd geräuschlos dies Johnson porträtiert, kommt einer subtilen Trauer gleich, deren Schwermut der Film nachfolgend lieber parodistisch unterläuft), bleibt nicht viel übrig. Im Gegenteil: Eine Leia bleibt übrig, die dem Tod davonfliegt. Carrie Fisher hätte Besseres verdient gehabt. Die Ehrung, die ihr im Abspann zuteilwird – Hohn geradezu. 

Es scheint, dass "Star Wars: Episode VIII – Die letzten Jedi" aus den postmodernen Nervattacken eines "Star Wars" hassenden Proleten stammt, der sich lustig schimpft. Die üppige Laufzeit verwandelt diese Episode in ein Spiegelkabinett repetitiver Bedienungsmöglichkeiten (davon völlig haarsträubend: das Casino samt hässlich animiertem "Jurassic–Park"-Befreiungspathos), die eine Taste nach der anderen bedient: Aktion, Reaktion, Todesgefahr, Rettung, ausatmen, einatmen. Weiter, immer weiter. Dieses kalkulierte, diktatorisch zerfranste "Star Wars" schafft keinen Raum mehr für die Wunderdinge der Macht, die, wie ironisch sich das auch anhören mag, bis zur allerletzten Konsequenz nun von jedem erspürt, angewendet werden kann. Von jedem – das heißt auch von denjenigen, die sich der Macht um der Macht willen verschreiben. Einst ging es in "Star Wars" um etwas. Um etwas den Sinn Überwindendes, um eine Andacht in der Kathedrale der Popkultur. Der Glaube war stark, aber nie zu missionarisch. Disneys "Star Wars" glaubt nichts mehr, und Rian Johnson – sein Mut ist ihm gleichwohl nicht zu nehmen – fängt diesen Transzendenzverlust auf, indem er über ihn lacht. Er lacht über die Bösen, die Guten, er belacht das Gefühl, mit dem sich "Star Wars" fassen ließ: dem Unerklärlichen der Heimat, der Heimkehr, ummantelter, warmer Umarmung. Jetzt zeigt ein Loch auf einer Insel direkt auf den Kopfschuss. Es führt kein Weg mehr zur Heimat, nicht ins Irgendwo, sondern ins Nirgendwo: Das Lichtschwert, oh, wirf' es doch weg!

3 | 10

Freitag, 25. Dezember 2015

"Star Wars: Episode VII - Das Erwachen der Macht" / "Star Wars: Episode VII - The Force Awakens" [USA 2015]


Noch einmal Kind sein durch "Star Wars" in 2015 – der ist aufrichtig zu beneiden. Denn mit dem wissensdurstigen, sakral-melancholischen Suchen nach Antworten, die außerhalb des heizofenwarmen Kinderzimmers im All vorübergehend aufleuchten, begleitet von John Williams' sanft säuselndem Sternenpathos, hat J. J. Abrams' Notfallplan eines versöhnlichen Weihnachtsgeschenks nicht mehr viel gemein. Wie auch – unter der Fuchtel eines kreativitätshemmenden Filmstudios, unter den redundanten "Action!"-Anweisungen eines Studiobrandlöschers, der Bildern noch nie ihre Bedeutung gab, die sie gebraucht haben. Als wich Abrams vor dem spirituellen Sinngehalt und dem mehr als tröstlichen Weltgefühl zurück, das "Star Wars" dem Kind versprach, verweigert er sich jedweder unschuldiger Mythologie: Dies ist ein erzkonservativ abweisender, mechanistischer, fremdgesteuert konsenswilliger Film nach einer Disney-Programmatik; in seinem beherzten Humor (Chewie als schlotternder Angstbär) bisweilen nuanciert geschrieben, aber ängstlich rezitiert. In zwei Szenen lassen sich Krümel von Magie aufsammeln, immerhin. Han Solo gegen Kylo Ren als Repräsentanten der zweiseitigen Macht (übrigens: wohldurchdacht licht- und schattenexpressiv komponiert) – und Luke Skywalker. Die alte, unsterbliche Garde um Harrison Ford, Carrie Fisher und Mark Hamill – und das ist bezeichnend – sträubt sich gegen das Neue, indem sie ein letztes Mal aufzeigt, wie das Alte funktionierte: nämlich spontan, jugendlich-leicht, unbedingt glaubenswert. Der siebten Episode möchte man nur widerwillig glauben.

5 | 10

Montag, 28. Juli 2014

"Planet der Affen: Revolution" / "Dawn of the Planet of the Apes" [USA 2014]


Was macht Gary Oldman, der lauthals plärrende Führer, der deprimierte Anführer, der bebrillte Laudator, nachdem der Strom angeknipst wurde? Er hechtet zum Tablet, einschalten, Internet, Faceboo… nein: Familienbilder aufm Bildschirm glotzen und zwischendrin 'ne Heulattacke. "Planet der Affen: Revolution" für bare Münze nehmen? Nein, denn zu groß die Idiotie, zu klein das ironische Gegenlesen. Des Films (unabsichtliche) Komik ist exquisit – unerwartet und erst dann exquisit, wenn eine das Herz des Publikums bombardierende Theatralik gezuckerter Affenromantik kulminiert. Da braucht es auch einen fiesen "Affen-Rambo", der als alleiniger Delinquent mit Schießeisen und Raketenwerfer durch das Schlachtfeld galoppiert, sich an einen Panzer hängt und wutentbrannt wie Schwarzenegger schnauft. Exquisit, die Komik. Gern wiederholt. Aber Matt Reeves (Filmografie: affengruselig) schnieke geklammertes Sequel zum Prequel darf sich einem Vergleich zum Überraschungsvorgänger sowieso nicht hingeben. Sein IQ ist bis auf ein paar herzbewegend humanistische Querschläge in allen Belangen unterlegen – Affen-Slapstick, Munitionsverschwendung, Soap-Gemütlichkeit, durchschaubar abzielend auf ein sensationsunterfüttertes Auge-gegen-Auge-Duell. "Planet der Affen: Revolution" möchte sein Universum nicht konkretisieren, weswegen die raugestimmte Authentizität einer dreckbefallenen Dystopie weichgespülte Schauspieler hervorbringt, die, frisch rasiert, Zähne geputzt, gebügelte Kleidung, fremdkörperhaft um Facetten abseits des Offenkundigen buhlen. Zugegeben: Unlogik darf kein Gradmesser sein, Abscheu zu artikulieren. Solange sie uns kopfschüttelnd kichern lässt.   

4.5 | 10

Dienstag, 30. Juli 2013

Spielberg-Retro #17: "Die Abenteuer von Tim und Struppi - Das Geheimnis der Einhorn" / "The Adventures of Tintin" [USA, NZ 2011]


Von "Hook" zu "Indiana Jones" zum unsichtbaren Dritten, von reflektierenden Wassertropfen, Blasen, Spiegeln und Stichwerkzeugen, die eine Geschichte in ihren absurden Windungen und kleinen Details selbstständig erzählen, zur Haarlocke, die aus dem Wasser lugt und sich, ähnlich der (bildmotivisch ikonischen) Flosse des Weißen Hais, zielgenau vorwärts bewegt. 3D und das anmutige Ballet einer entfesselten Animationschoreographie befähigen es Spielberg in einem weiteren Filmexperiment, die Comic-Serie Hergés vom großen Reporter und kleinen Hund ohne Grenzen und Schranken insgeheim als etwas zu verstehen, was den Eskapismus der Spielberg-Schatztruhe hier noch einmal aufleben, ja unter Einsatz unbegrenzter dichterischer Ausdrucksmöglichkeiten übersteigern will. 

"Die Abenteuer von Tim und Struppi – Das Geheimnis der Einhorn" kennt demzufolge schlichtweg keine Stagnation, keine Ruhe, keinen Punkt, an den man sich festhalten kann, sondern nur Hetze und Dringlichkeit, nur die wahnwitzige und irrwitzige Laune des laufenden Geschehens, nur das Ziel, an beste Zeiten des hitzigen Überrumpelungskinos anknüpfen zu wollen, wenn die Verschnaufpausen einer Behauptung unterliegen, die nächste quirlige Verfolgungssequenz in diesen wenigen Wimpernschlägen heimlich vorzubereiten. Höhepunkt an Höhepunkt, nicht weniger als die Praxis der Theorie, es geschieht und geschieht und geschieht. 

Eine tosende Bildmaschine über Land, Wasser und Luft ist das, die Zusammenführung unzähliger Ideen, wie sie Spielberg in den vergangenen Jahrzenten buchstäblich hinter sich gelassen hat und ein Remake seiner eigenen Schaffensmotive. Wenn der Handrücken den Szenenwechsel zur Sahara einleitet, Sicherheitsglas durch die grelle Stimme einer korpulenten Starsängerin zerberstet oder die Jagd nach drei Pergamenten neben einem gefluteten Staudamm zur sagenhaft schwerelos fotografierten Rutschpartie verkommt, dann hat Spielberg einen flippigen, charmanten Spaß, treibende Bilder zu arrangieren, die im Animationsbereich keiner Strenge eines kohärenten Schnitts unterliegen. Janusz Kaminski und Michael Kahn erfinden im Austausch dafür die wundersamsten Übergänge zwischen dem erzählerischen Moment und seiner ständig auf Abruf bereiten, zappeligen Bewegung, Montage wie Collage treppenförmig zu vereinen. Und mit Selbstironie zu proben – in den einleitenden Credits stampfen etwa die Klaviertasten den Schriftzug "John Williams" in Form. 


Da "Das Geheimnis der Einhorn" keinen gedrosselten Gang kennt und folglich ein turbulentes Abenteuereinerlei zelebriert, das Opfer seiner Redundanz wird, walzt der Film aber auch die (Spielberg-)Emotion platt, und die Figuren sind Randnotizen im Straßengraben, die sukzessive verschwimmen; denn je höher die Geschwindigkeit des Plots, desto silhouettenhafter die Umrisse ihres Selbst. Mit Ausnahme des versoffenen, charismatischen, prolligen Kapitäns Haddock (Andy Serkis), der immerhin kämpferisch an die gute Sache der Hoffnung appellieren darf, bleiben die Charaktere mechanisch, formelhaft gestrickt und verharren im Offensichtlichen. Dreikäsehoch Tim (Jamie Bell) ist lediglich für die nachdenklich zu sich selbst sprechende Besserwisserei zuständig und sein Hund Struppi für die intuitiven Geistesblitze in einer Lage, aus der es scheinbar kein Entrinnen gibt, während Daniel Craig den antagonistischen Part verkörpert: abschätzig, kultiviert, impertinent. 

Überraschungsarm eben, jenseits jeglicher Grautöne. Wie im Kinderfilm. Deshalb vermutlich konsequent. Spielberg begeht jedoch den Fehler, dass sein Kinderfilm fast keinerlei Sympathien und empathische Rollenverteilungen für das Kinderherz anbietet, auch oder gerade weil er es nicht versteht oder nicht verstehen will, dass lockerer Humor getimt, erst einmal erzeugt werden muss. In den langweiligen, unpointierten Dialogen ist der Humor nämlich längst von der Technik ausgebremst worden, sodass sich dieses im Kern vergnüglich entwirrte Seemannsgarn häufig um mehr Ernsthaftigkeit kümmert, als um die lächelnden Mundverrenkungen eines Kindes. So ist das aber mit Experimenten, sie entstehen unter laborähnlichen Bedingungen, in der Zukunft des Kinos sowieso. 

5 | 10

Mittwoch, 17. August 2011

"Planet der Affen: Prevolution" / "Rise of the Planet of the Apes" [USA 2011]


Erfreulich in einem Metier, das von ebenso neunmalklugen Kreuzrittern wie dollarorientierten Verfechtern des Popcorns drangsaliert wird: Mit "Planet der Affen: Prevolution" kehrt der bislang überraschend wahrhaftigste aller Blockbuster zum Tagesgeschäft zurück, als Jahrmarktsattraktion, um den Besucher in schwindelerregenden Höhen mitzureißen und ihm Gefühle der Atemlosigkeit zu entlocken. Die Essenz des trickreichen Filmemachens wurde ermüdend oft auf übersättigte, klinisch kalte Krawallorgien heruntergebrochen, kein Mitreißen, kein Gefühl, kein Herz. Früher war eben alles besser, auch die Filmlandschaft, auch der amerikanische Mainstream. Schön zu sehen, dass hin und wieder erfrischende Ausnahmen existieren, schön zu erleben, dass es sie noch gibt, schön dieses Gefühl erquicklicher Nostalgie.

Denn: "Planet der Affen: Prevolution" hat nicht nur eine Geschichte zu erzählen, das haben die anderen Kollegen aus dem Gruselkabinett des verlotterten Blockbusters nämlich auch. "Planet der Affen: Prevolution" missbraucht seine Geschichte nicht als Alibi, um Schauwerte bis zur alarmierenden Redundanz auszuschlachten, sondern textualisiert einerseits die Melange aus Kulturpessimismus und Zukunftssatire des 68er Originals mit augenzwinkernder Raffinesse, und erzählt andererseits mit politisch-ironischer Ambition von den evolutionären Gefahren menschlicher Arroganz gegenüber ihren minderwertigen Haustieren im neuen Jahrtausend, die sich wie in Stanley Kubricks "Spartacus", entgegen makelloser Superhelden in geleckten Abenteuern, schließlich zu ehemals unterdrückten Pionieren der Freiheit und der (Tier-)Würde erheben, sowie einem klassischen Heist nachempfundenen Gefängnisausbruch improvisieren.

Die Gags sitzen, die Sympathien sind klar verteilt, Rupert Wyatt nimmt sich Zeit für subtile Momente leiser Gefühlsausbrüche, die von Wärme getragen werden. Und am Ende gönnt man es sogar den Affen, den doofen Menschen verdientermaßen das Handwerk zu legen. Wyatts Film ist weder besonders intelligente Dystopie noch ein bahnbrechender Genrefilm, aber er entwickelt herzzerreißende Zwischenmomente, die kleinen, auf die sonst niemand setzt, und auf die es ankommt auf dem Jahrmarkt der Attraktion. "Planet der Affen: Prevolution" ist nicht zuletzt ein überzeugendes Drama, ein authentisches Familiendrama. Getragen ebenfalls von audiovisueller Brillanz – Andy Serkis visualisiert jedes einzelne Härchen (Julius) Caesars in Motion Capture, die Actionsequenzen sind gewaltig, voller Pathos, voller Anspannung, voller Energie, voller Wucht, endlich wieder getimt bis zum Anschlag, mit Idee dahinter, die Kamerafahrten verschlungen, die Montagen der in einer einzigen Einstellung gezeigten Entwicklungsstadien des Affen durchaus aufregend.

Da ist es wohl leicht zu verzeihen, dass die Technikwunderwaffe Medizin zu oft zu aufgesetzte Wunder vollbringt, ein paar Klischees zu viel Klischee sind und es Freida Pinto als obligatorisch weiblicher Sidekick in einem veritablen Cast gefälliger Abziehbildchen wohl am ehesten gar nicht gebraucht hätte. Macht nichts: Rundum affengeiles Entertainment, diesmal dann doch. Der letzte Flug zur noch in Gänze vorhandenen Freiheitsstatue geht in Kürze…

7 | 10

Sonntag, 21. September 2008

King Kong (2005) - Extended Cut

Story:

New York, in den 30er Jahren: Der bei den Studios erfolglose Filmemacher Carl Denham sucht für einen neuen Filmdreh auf der rätselhaften, bisher unentdeckten Insel "Skull Island" dringend Darsteller. Hauptdarstellerin Ann Darrow ist schnell gefunden, und auch der Rest der Filmcrew ist an Bord. Nichts kann also schief gehen. Auf der Insel angekommen, trifft die Crew jedoch dann nicht nur auf viele seltsame Tiere, sondern auch auf einen Riesenaffen, der sich in Anne spontan verliebt, und sie "mit sich nimmt". Denham wittert sofort das große Geschäft mit dem Affen und lässt ihn nach langem Kampf in die USA verschiffen. Mit ungeahnten Folgen...

Kritik:

Er ist eine Archetyp des Kinos, eine Ikone, eine Sensation. Vor allem aber eine Figur, die ausnahmsweise mal nicht zeitgenössischer Literatur entspringt – so wie Dracula oder Frankenstein. Nein, dieses Ungeheuer wurde als erster seiner Generation für den Film, und nur für den Film konzipiert, erfunden und weiterentwickelt. Dabei begann seine Entstehung mit 2 Ideen. Nämlich einerseits auf den unvollendeten Film „Creation“ von Harry Hoyt und Willis O´ Brian und andererseits auf einen ersten Drehbuchentwurf der beiden Regisseure Merian C. Coopers und Ernest B. Schoedsacks („Son of Kong“; „Eagle Squadron“) zu einem neuen Monsterfilm nach bester Buddymovie-Manier. Eine andere Quelle, die sich einer möglicherweise dritten Idee widmet, weist außerdem auf eine Serie aus dem Jahr 1929 namens „The King of the Kongo“ hin, die sowohl namens- als auch handlungstechnisch so einige Parallelen zur originalen Vorlage von „King Kong“ aufweist.

Einige Jahre später, genauer 1933, enstand nun der erste größere Spielfilm mit ihm, dem „Monster“, der ominösen „Kreatur“, die auf einer einsamen, bisher noch unentdeckten Insel haust: Merian C. Coopers und Ernest B. Schoedsacks „King Kong und die weiße Frau“ (1933), der auf einem Drehbuch von Krimilegende Edgar Wallace (“Der Hexer“; „Die toten Augen von London“) basiert. Geburtsstunde für King Kong also (Für Interessierte ist DIESER informative Link über King Kongs Kulturgeschichte Gold wert.), der Name des wohl berühmtesten Riesenaffen der Filmgeschichte, der durch diesen cineastischen Meilenstein Kultstatus erlangte. Durch einen leidenschaftlichen Streifen mit einer großen, ja shakespeareschen Tragödie unerfüllter Liebe im Kern, Tiefgang und Poesie, mit einer einzigartigen Symbiose der unterschiedlichsten Genres behaftet. Darunter Horror, Thriller, Abenteuer, Katastrophenfilm, ja selbst Melodram und ganz einfach der jedoch erst viel später gebräuchliche Begriff „Blockbuster-Kino“, das aber in dem Film angesichts politischer und kultureller Verhältnisse, des Sinnbildes zwischen Zivilisation und Barbarei, mehr ist als einfach nur traditionelle Unterhaltung. Dessen Intention dank seiner Mehrdimensionalität enorm aufschlussreich und wichtig erscheint. „King Kong und die weiße Frau“, das ist ein äußerst stilbildener, geistreicher Kommentar auf Amerikas soziales und wirtschaftliches System von früher. Auf anderer Basis, der visuell-handwerklichen Basis läutete der Film desweiteren mal ganz so nebenbei die Technik der Spezialeffekte ein, mithilfe noch nie zuvor gesehener, folglich auch noch nie realisierter Tricks. Die klassische, bemerkenswerte, gegen Ende jedoch ins Dramatische abgleitende und höchst tragische Geschichte von der Schönen und dem Biest war also geboren. Und es sollte bei weitem nicht die letzte bleiben.


Im Gegenteil, es folgten zahlreiche Remakes, Neuverfilmungen, Fortsetzungen, Adaptionen und sogar Parodien des Stoffes. King Kong entwickelte sich zur kommerziell erfolgreichen Marketingmaschienerie, so wie im Falle etwaiger anderer Kollegen von Freddy Krueger bis Michael Myers, die nicht nur im Filmbreich für Furore sorgte. 2005 war es schließlich Peter Jackson („Braindead“; „The Frighteners“), welcher kurze Zeit vorher mit seiner erfolgreichen „Der Herr der Ringe“-Trilogie großes Ansehen erlangte, der sich für den jüngsten King Kong-Beitrag – eines Remakes des Klassikers von 1933 – verantwortlich zeichnete. Mit monströsem Budget (etwa 239 Millionen Dollar), monströser Lauflänge (3 Stunden) und einigen der besten Leute Hollywoods ausgestattet, versprach „King Kong“ astreines Blockbuster-Kino zu sein. Ein großes, beeindruckendes Spektakel in Vollendung. Da stellt sich aber nun die Frage: Geht „King Kong“ eher in die Richtung Mogelpackung, die vorgibt etwas großes zu sein oder hat es Jackson tatsächlich geschafft, dass sein gefeiertes „Der Herr der Ringe“ keine Eintagsfliege war? Wir werden dieser Frage auf den Grund gehen.

Was auf den ersten Blick auffällt, sind gewisse Parallelen zu „Der Herr der Ringe“. Nein, nicht in der Handlung, aber doch in anderen Dingen. So schafften es zahlreiche Leute im Stab, die bei Tolkiens adaptierter Fantasy-Trilogie hinter der Kamera fungierten, auch in „King Kong“ ein weiteres Mal mitzuwirken. Doch nicht nur der Kameramann, Cutter oder die Effektefirma ist gleich. Auch an der Lauflänge hat sich gegenüber „Der Herr der Ringe“ nicht wirklich etwas geändert. Peter Jackson ist nunmal ein Mann, der gern ausschweifend, ausführlich und komplex erzählen will. Demzufolge ist sein „King Kong“ abermals ein Werk epischer Erzählbeite geworden, mit drei Stunden Spielfilmlänge (Der Extended Cut ist nochmals um 13 Minuten länger.) keine leicht verdauliche Kost. Als Resultat sollte man also schon vorher ein gewisses Maß an Sitzfleisch mitbringen oder gar inne haben. Dabei gliedert sich das Drehbuch von Fran Walsh und Philippa Boyens in drei Akte, in drei Passagen ein: Die Reise, „Skull Island“ und New York. Und Jackson lässt sich dafür Zeit, sehr viel Zeit. Fast 70 Minuten vergehen, ehe er den ersten Blick auf den emotionalen Fixpunkt des Filmes, „Kong“, gestattet. Ein in unserer Ära sofortiger Befriedigungsbedürfnis wahrlich mutiges Unterfangen und ein doch hoch zu lobendes Wagnis gleichermaßen.

Vorher hat Jackson allerdings noch so einige Schauwerte in petto, Schauwerte im Überfluss, bevor es in bester Indiana Jones-Manier losgeht. Ein New York der 30er Jahre liegt anfangs im Fokus. Ein Depressions-New York mit Suppenküchen und Obdachlosen. Bis aufs kleinste Detail ausgestattet. So etwas sah man bis jetzt leider vergeblich. Bombast offeriert sich schon hier und wird sich in den folgenden Minuten gehörig steigern. Trotzdem ist es gerade diese verhältnismäßig lange Einleitung, die mit viel Esprit inszeniert ist, und die dadurch niemals langweilig wirkt. Der anfängliche Aufbau seiner (nichtsdestotrotz etwas schablonenhaften) Figuren ist Jackson also relativ gut gelungen, von der sich reinrassige Actionregisseure eine Scheibe von abschneiden können. Der sogar für Angstschweiß auf der Stirn eben jener sorgen kann und womöglich auch wird.


Danach geht´s weiter zur geheimnisvollen Insel: „Skull Island“ - der einzig noch verbliebene weiße Fleck auf der Landkarte. Zugleich auch der Teil, der den größten Stellenwert im Film einnimmt. Mittels einer Schiffsreise, bei der sich die Charaktere abermals entfalten und weiterentwickeln. Durchzogen mit einer Prise Humor, die aber gelegentlich dann doch etwas zu überdramatisiert wird. Die mit ihrem Slapstick stellenweise ein wenig zu albern daherkommt und dadurch einen nicht zu leugnenden Kitschfaktor beherbergt. Mit dem letztendlichen Blick auf King Kong, im Film „Kong“, der die junge Ann Darrow (Naomi Watts) verschleppt, möchte man fast sagen, beginnt von nun an eine beispiellose, 90-minütige, mit unglaublichen CGI-Effekten untermalte Hatz im Gewand eines modernen Indiana Jones-Filmes auf einer von tödlichen Gefahren lauernden Insel. Eine Action-Orgie, die unvergleich wirkt. Ein beispielloses, herrlich übertriebenes, hocheffizient ausgeklügeltes Schlachtengetümmel, bei dem sich Andrew Lesnies („Ein Schweinchen namens Babe“; „Der Herr der Ringe“) Kamera stets mittendrin befindet, und sogar aus subjektiver Sichtweise die Linse auf den Riesenaffen draufhält. Auch sonst findet Lesnie wahnwitzige Einstellungen, Fahrten und Zooms. Da trifft sich Horror mit Abenteuer. Spielbergs „Jurassic Park“ begegnet aufeinmal ekligen Insekten und sonstigem Gewurm. Schlichtweg auf den Punkt gebracht: Ein Effekte-Marathon, der ILM UND selbst „Der Herr der Ringe“ alt aussehen lässt. Inszenatorisch brillant, kolossal, beeindruckend, diese teure einem Feuerwerk gleichkommende Leindwandexposition.

Und trotz allem kann sich der Mittelteil nicht dem Kontext der zwei anderen Teile anpassen. Allzu überladen, redundant wirkt das Ganze. Zu viel, was da auf den Zuschauer niederprasselt. Da reiht sich eine Verfolgungssequenz, so schön sie auch ist, an die nächste. Action, Action, Action lautet die Devise. Bigger, Better, Faster steht zur Debatte – abgesehen von den vergeblich romantischen und verspielten Annäherungsversuchen des Primaten, der mit seiner animalischen Kraft seiner Liebe zu Ann entgegen wirkt, bekommt man eben nur noch diesen Sachverhalt zu sehen. Leider vergisst Jackson dabei seinen viel wichtigeren Job, der in der Aufgabe besteht, verschiedenartige Handlungsstränge, eben auch den mit Kongs Liebesbekanntschaft, vernünftig zu Ende zu führen. Von einer Story, die anfangs noch so liebevoll und gründlich herausgearbietet wurde, ist bald nichts mehr übrig. Zudem sind angesichts der überbordenden, exzessiven Actionelemente, solche unschönen Sachen wie Ermüdungserscheinungen nicht gerade eine Seltenheit - „Transformers“ (2007) lässt an dieser Stelle grüßen.

Mit dem dritten Akt der Geschichte in New York beginnt die Handlung langsam aber sicher zur Tragödie zu werden. Nach anfänglicher Bühnenshow, einer unnötig zum Kitsch verkommenen, zudem grässlich in die Länge gezogenen Lovestory und dem sich anschließenden, obligatorischen, unausweichlichen Kampf auf dem Empire State Building, seines Zeichens ein Symbol New Yorks, bei dem der Affe seine „Schöne“ vor den Flugzeugen verteidigt – um jeden Preis -, neigt sich der Film langsam aber sicher dem Ende entgegen. Der letztendliche Untergang des Affen kann dabei schon mal zu Tränen rühren. King Kongs große, längst legendär gewordene Stunde wurde von Jackson mit Herzenswärme, Respekt und vor allem auch mit viel Gefühl in die Tat umgesetzt. Ein mehr als würdiger Abgang des Riesenaffen also, und damit des Filmes.


Rein handwerklich ist „King Kong“ natürlich so ziemlich mit das Beste, was man in den vergangenen Jahren auf der Leinwand zu sehen bekam. Auch wenn mal hier und da der Bluescreen allzu deutlich zu erkennen ist, wenn an dieser oder an jener Stelle die CGI-Konturen etwas zu gekünstelt und unscharf wirken. In einer Liga, der State of the Art-Liga, spielen die Effekte aber allemal. Da werden Dinosaurier unterschiedlichster Art aus dem Boden gestampft, als ob es nie ein „Jurassic Park“ gegeben hätte. Da werden atemberaubende Settings, adäquate Autos, Insekten, Blutekel oder auch Fledermäuse erschaffen, die es in der Form noch nicht zu sehen gab. Zweifellos ist diese Effekthascherei, die aus reihenweise optischen magic moments besteht, von Weta so gut, dass selbst ILM neidisch wäre. Und für die es zurecht den Oscar gab.

Ein kleines Meisterwerk haben die Entwickler aber mit dem Herzstück des Filmes entwickelt – dem Riesenaffen „Kong“. Wie schon im Falle von Gollum in „Der Herr der Ringe“ zuvor, hat man sich bei der Animierung des Affen auch hier auf die sogenannte Motion-Capture-Technik verlassen, bei der die minimalistische Mimik und Gestik eines einzelnen Menschen (Andy Serkis) auf den Gorilla übertragen wurde. Da wirkt jedes Handeln des Affen authentisch. Von großem Computereinsatz vermarg man bei dieser brillanten Visualisierung nicht mehr reden, denn Serkis hat sich mit monatelanger Recherche darauf vorbereitet und dem Affen letztendlich ein Auftreten spendiert, das weder vermenschlicht erscheint, noch zum puren Filmmonster degradiert wird. Desweiteren ist es vor allem James Newton Howards in nur zwei Monaten komponierte, komplexe Partitur (Ursprünglich vorgesehen: Howard Shore, der aber wegen einer anderen „kreativen Auffassung“ gehen musste.), die dem ohnehin schon stimmigen Szenario ein weiteres Abenteuer-Feeling verpasst. Egal ob nun mittels schneller, dynamischer Trommeln oder das wunderbare Theme ansich: „King Kong“ geizt nicht mit einer gelungenen musikalischen Untermalung.

Doch Special-Effects machen´s nicht alleine. Vernünftige Schauspieler braucht Jackson selbstverständlich auch. Und da hat er zum Beispiel mit Naomi Watts („Mulholland Drive“; „Eastern Promises“) eine talentierte Jungschauspielerin (von David Lynch entdeckt) in petto, die mit ihrem etwas verhaltenen und doch liebenswürdigen, melancholischen Auftreten gleichsam für King Kongs große Liebe geeignet zu sein scheint. Und die nur manchmal mit ihren „Zauberkunststückchen“ für etwas zu lächerlichen Slapstick sorgt. Dann ist da aber noch Jack Black („Demolition Man“; „Mars Attacks!“) als egoistischer, geldgeiler und hoffnungslos untalentierter Filmregisseur mit nur wenig Herz, der sich in Jacksons Monsterfilm erstaunlich gut etablieren kann. Selbiges gilt auch für Adrien Brody („Der schmale Grat“; „Der Pianist“) als erfolgreicher Bühnenautor und heimlicher Geliebter Anns. Mit Thomas Kretzschmann („Blade II“; „Der Pianist“) hat darüber hinaus auch ein Deutscher den Weg ins Boot gefunden, der sich schon längst in Hollywood einen Namen gemacht hat – als Kapitän des Schiffes. Einzig und allein Kyle Chandler (Bruce Baxter) und so ziemlich alle rechtlichen Darsteller fungieren eher als Bindeglied und bleiben demzufolge verhälnismäßig blass. Warum auch? Die Show gehört sowieso King Kong – zumindest zu weiten Teilen. Peter Jackson und Howard Shore („Sieben“; „Der Herr der Ringe“), um mal bei etwas Trivialem zu bleiben, konnten es sich zudem nicht nehmen, einen kleinen Gastauftritt hinzulegen, auf den hier aber nicht näher eingegangen wird.

Fazit:

Was bleibt also am Ende noch zu sagen? „King Kong“ ist bombastisches, sogar ansprechendes, ausführlich-erzähltes, bildgewaltiges und sentimentales Blockbuster-Kino mit hohen Unerhaltungs- und Schauwerten, ganz im Stile eines Peter Jackson. Phänomenale Effekte und einen wirklich hervorragenden Cast kann man ihm gleichfalls attestieren, diesem vorläufig teuersten Film aller Zeiten. Abgesehen von einer zu großen Prise Kitsch eines doch nicht ganz perfekten Scripts und dem überladenen Mittelteil, hat Jackson das Kino zurückgebracht. Dort wo es herkam: Vom Jahrmarkt. Eine filmische Attraktion also, bei der man auf jeden Fall Teil haben sollte, ganz im Sinne Carl Denhams.
8/10