Posts mit dem Label Gary Oldman werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Gary Oldman werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 28. Juli 2014

"Planet der Affen: Revolution" / "Dawn of the Planet of the Apes" [USA 2014]


Was macht Gary Oldman, der lauthals plärrende Führer, der deprimierte Anführer, der bebrillte Laudator, nachdem der Strom angeknipst wurde? Er hechtet zum Tablet, einschalten, Internet, Faceboo… nein: Familienbilder aufm Bildschirm glotzen und zwischendrin 'ne Heulattacke. "Planet der Affen: Revolution" für bare Münze nehmen? Nein, denn zu groß die Idiotie, zu klein das ironische Gegenlesen. Des Films (unabsichtliche) Komik ist exquisit – unerwartet und erst dann exquisit, wenn eine das Herz des Publikums bombardierende Theatralik gezuckerter Affenromantik kulminiert. Da braucht es auch einen fiesen "Affen-Rambo", der als alleiniger Delinquent mit Schießeisen und Raketenwerfer durch das Schlachtfeld galoppiert, sich an einen Panzer hängt und wutentbrannt wie Schwarzenegger schnauft. Exquisit, die Komik. Gern wiederholt. Aber Matt Reeves (Filmografie: affengruselig) schnieke geklammertes Sequel zum Prequel darf sich einem Vergleich zum Überraschungsvorgänger sowieso nicht hingeben. Sein IQ ist bis auf ein paar herzbewegend humanistische Querschläge in allen Belangen unterlegen – Affen-Slapstick, Munitionsverschwendung, Soap-Gemütlichkeit, durchschaubar abzielend auf ein sensationsunterfüttertes Auge-gegen-Auge-Duell. "Planet der Affen: Revolution" möchte sein Universum nicht konkretisieren, weswegen die raugestimmte Authentizität einer dreckbefallenen Dystopie weichgespülte Schauspieler hervorbringt, die, frisch rasiert, Zähne geputzt, gebügelte Kleidung, fremdkörperhaft um Facetten abseits des Offenkundigen buhlen. Zugegeben: Unlogik darf kein Gradmesser sein, Abscheu zu artikulieren. Solange sie uns kopfschüttelnd kichern lässt.   

4.5 | 10

Montag, 9. Juni 2014

"RoboCop" [USA 2014]


[...] Das "RoboCop"-Remake hat de facto nicht viel übrig für Hintergründiges. Es kommuniziert wie ein Dosenblockbuster – der emotionale Appell in erwärmende Farben gestoßen, während der lästig ausgestanzte familiäre Kontext (in erwärmenden Farben) genauso Antrieb wie Motor für eine branchenübergreifende Verschwörungsgroteske ist. Viel Wert legt Padilha auf das erklärende Wort. Alex Murphy (Kinnaman) muss sich erklären, RoboCop muss sich erklären, beide schwadronieren ununterbrochen über Geistiges und Inneres. Tränenreich. Wie begossene Pudel. Padilha vertraut seinem Publikum kein Stück, das über Hilfestellungen verstehen muss, welche Stimmung gemeint ist. Ist das dann Satire, wenn RoboCop auf einer Parade ihm zu Ehren einen längerfristig gesuchten Verbrecher ausfindig und unschädlich macht, seine Aktion allerdings in der anschließenden Szene genauestens noch einmal, per Langbericht, aufgerollt wird? Wohl kaum. Doppelt hält besser. Mit Satire, Spott und Selbstentlarvung hat es dieser Film ohnehin nicht (mehr). Seine Bemühungen, in Form einer nach rechtsaußen gerichteten, spitzzüngigen Fernsehsendung ("robophobisch": Samuel L. Jackson) im Verhoeven-Stil, den politischen Gesetzkarneval zu karikieren, verfehlt seine Subversion – der Film ist ausdrücklich zu ernst und sein nachträglicher Zynismus deplatziert wie fehlkalkuliert. [...] 


weiterlesen

Mittwoch, 22. Mai 2013

"Lawless" [USA 2012]


Wer schon immer einmal Jessica Chastain grazil von einem Schlafzimmer ins nächste wandern sehen wollte – gänzlich ohne Bekleidung und mit rotem Nagellack legt sie sich sanft aufs kuschelige Bettlaken zu ihrem Liebhaber Tom Hardy, des einsamen Indianers –, der sollte "Lawless" nicht verpassen, der sollte "Lawless" schleunigst nachholen, der sollte John Hillcoats zackigem Prohibitions-Brüderdrama unbedingt einen Blick hinterherwerfen, einen Chastain-Blick, wenn es sein muss. Sonst erklärt sich der Film aber nicht bereit, ein Genre auszuhöhlen: Von der im Off schwülstig plaudernden Knabenstimme, über beknackte Persönlichkeitsentwicklungen im Zentrum der Macht, hastig zusammengestückelten Handlungssträngen (Gary Oldman wird bravourös gegen die Alkoholkiste gefahren) bis zum Untergang der Macht in einer alles vernichtenden Brutalo-Schießerei streift Hillcoat die erzählerischen Manöver des von geschmackvollen Anzügen hochtrabend gesteigerten Männerkinos relativ harmlos und egal, keineswegs so sinnlich, wie sich beispielsweise Jessica Chastain im Bett räkelt. Neben den expliziten Gewaltspitzen (merke: eine durchgeschnittene Kehle ist jetzt kein Problem mehr), der meditativen Grabesstille und ausgemergelten Präriefarben im Grenzgebiet von Western und Whiskey begeistert aber die knallige (hihi) Besetzung. So feiert ein herausgeputzt-psychotischer Guy Pierce, der ein für ihn philosphisches Reinheitsgebot einhält, ein waschechtes Guy-Pierce-Comeback voller Hass und Ego, während LaBeouf mit Stinkefüßen blutig verdroschen wird. "Lawless" definiert Ekel unangenehm stimmungsvoll. 

5 | 10

Mittwoch, 17. Oktober 2012

"Hannibal" [USA, GB, I 2001]


Dr. Hannibal Lecters Elitarismus zum Gegenstand eines über zwei Stunden langen Spielfilms zu machen, lässt bis zuletzt den Gedanken einer heruntergeratterten Auftragsarbeit aufkommen, die sich sichtlich wohlfühlt, die Grenzen zwischen Groteske und Klamauk, Lächerlich- wie Unglaubwürdigkeit bis zur Selbstparodie förmlich auszuradieren. Die (ohnehin nicht weltumspannende) Vorlage mit ihren prachtvollen Schauwertbeschreibungen kommt der auf Schauwerte reduzierten Filmsprache Ridley Scotts dabei gelegen, Hannibals kultivierte Allüren in sinnfrohe Opulenz auszuschmücken, dessen klassische Hintergrundchoräle den mystisch-barocken Europaprunk nur veredeln. 

Was dem dick aufgetragenen Pomp vollkommen abgeht, das ist eine fesselnde Geschichte, das ist die Doppelbödigkeit derselben, das ist Begehren und das ist Psychologie des Vorgängers, dieses nun einmal psychologischen Essays über das Begehren, das ist stattdessen ein Film mit aufdringlichem Geschmack, der an seiner eigenen Koketterie für alle Mitmenschen zur Belästigung wird.

Das ist lahm, zahm, zäh, das ist, ja enttäuschend. Von Set zu Set hastend, von Gegner zu Gegner polternd, die Hannibal traurigerweise eh nichts anhaben können, interessiert Scott einzig und allein entstellte Kreaturen und deren Blutrache der Rache willen im Ekelmatsch des Selbstzweckes. Er scheint nicht verstanden zu haben, dass das Gezeigte nie eine Stärke dieser Reihe war, die Stärke war das Gezeigte nicht zu zeigen.

Ein Stück weit wird Anthony Hopkins' sardonisch grinsender Hannibal sowieso entzaubert, indem er so lange über Kunst sinniert, bis sich der Zuschauer Inspector Rinaldo Pazzi (Giancarlo Giannini) anzuschließen droht – langsam, aber sicher die Augen schließen, um den Trash endlich zu überschlafen. Gary Oldman darf derweil als malträtierter Comic-Antagonist zwar weniger in Vollkörpermontur für die Kamera posieren, allein, seine sabbernden Blicke perverser, erregender Lust reichen aus, verstörender denn je zu wirken (selbst unter tonnenweise Make Up ist der Mann unübertroffen!), während der Foster-Ersatz nebst Ray Liotta (von Belang ist lediglich sein Hirn, obgleich die Rolle darauf schließen lässt, dass er keins haben dürfte) umso gründlicher danebengeht. 

Julianne Moore spielt einen waschechten Kotzbrocken an Weib, ihre Charakterwandlung vom erfolgreichen, verletzlichen Bauerntrampel zur erfolglosen, rotzfrechen Göre durch, angeblich, zehn Jahre FBI verstellt ebenso schauderhaft wie ärgerlich jene ursprünglich angedachte Parabel von der Schönen und dem Biest. Schön ist die Frau nämlich weiß Gott nicht. Unabhängig davon, dass man Starling eigentlich am liebsten eine ins Maul hauen möchte, spitzt sich Scotts Diashow auf übliche Parameter trivial zu: Kriegt sie ihn? Oder kriegt er sie?

Hürde: fette Killerschweine, die zugleich das eine und das andere verhindern sollen. Das war's, zu wenig, um Interesse vorzugaukeln. Der unverzeihliche Denkfehler Ridley Scotts liegt darin begraben, Hannibals unwiderstehlichen Hunger nach Fleisch und Genuss allzu wortwörtlich genommen zu haben. Das bringt ihm entgegen der Romanvorlage einen makabren Schlussgag. Aber nicht viel mehr.    

3 | 10

Dienstag, 31. Juli 2012

"The Dark Knight Rises" [USA 2012]


Zum letzten Mal formieren sich die Rächer und Gerächten zum theatralischen Leben und Sterben in einem metallenen Ungetüm an Großstadt. Der Kreis schließt sich melodramatisch, die Angst als Triebfeder übernimmt allmählich die Kontrolle, die Reise endet hier. Nur so viel: "The Dark Knight Rises" erreicht nicht die soziologische Brillanz des Vorgängers und auch nicht die in Unterhaltungssegmenten ohne doppelten Unterboden pragmatisch wildernde Finesse des Vorvorgängers. Dafür will "The Dark Knight Rises" schlicht und ergreifend zu viel Substanzielles beitragen, dafür will der Film jeden Schlupfwinkel ausfüllen, als dass er über jede einzelne Minute zu geistigen Luftsprüngen beim Zuschauer anregt. Vielleicht erweist sich "The Dark Knight Rises" somit als ambitioniertestes Minusgeschäft im Schaffen Christopher Nolans, der nicht nur seine obligatorischen Schwächen wie selten zuvor befeuert, sondern sie zu neuen Höhen führt. Oder andersherum: Der Film ist ein konsequentes Opfer seiner Inkonsequenz.

Der Abschluss von Nolans breitgetretener, ebenso politischer wie auch ein wenig reaktionärer Trilogie über den Superheld als Symbol am Himmel porträtiert nunmehr Superhelden, die keine mehr sind. Während sich Gotham City in feuchtfröhlicher Dekadenz sonnt, weil eine stattliche Verbrechensrate seit Harvey Dent auf sich warten lässt, ziehen sich die Superhelden in ihre geheimen Löcher zurück, vereinsamen, isolieren sich, verstecken sich wieder hinter ihrer Maske und suchen stärker denn je ihre Identität in einer Welt, die nichts mehr für sie bereithält. Bruce Wayne alias Batman (auf dem Maskenball ohne Maske: Christian Bale) humpelt unübersehbar eingefallen, veraltet, zerrissen und verbittert an Krücken seinem Leben hinterher, Harvey Dent wurde Geschichte durch eine Lüge und James Gordon (immer noch auf Zack: Gary Oldman) wird von Nolan nach einem ersten größeren Angriff seit Jahren handlungsgehemmt ins Krankenhaus geschickt – das sind von sich selbst und ihren Mitmenschen entfremdete Gefangene. "Rise" bedeutet hierbei nicht unbedingt das Erheben seines Körpers für die Probleme anderer, es symbolisiert vielmehr die Flucht aus dem seelisch verankerten Gefängnis.

Nolan tut gut daran, dass er all diese Figuren gleich in einer der ersten Szenen gemeinsam versammelt, woraus sich die Charakterzüge, Querverbindungen und verzweifelten Hilfeschreie mit wenigen dramaturgischen Inszenierungskniffen speisen. Blöd nur, dass Nolan jede Szene mit kommentierendem Inhalt füllen muss, um auch dem schlecht sehenden Zuschauer in den hintersten Reihen zu verklickern, worin der Sinn dieses oder jenes Gezeigten besteht, als ob nicht ein Gesichtsausdruck, nicht eine einzige lautlose Geste reichen würde. Und das ist Nolans Hindernis spätestens seit "The Dark Knight" und dem Erklärbär namens "Inception": Nolan vertraut weniger dem Kino und seinem Publikum als geschwätziger Trivialliteratur, die anfügt, ausschweift und ohne Unterlass zum Leser redet. Aber Kino kommuniziert mit Bildern, die für sich allein sprechen sollten. Sehr selten kommunizieren die Bilder jedoch im Nolan-Kino mit der Imagination, da sie viel zu oft sprachlich mit entweder Kindergartenironie oder Missionierungsesoterik unterstrichen werden, ebenjene formschönen Bilder aus Stadtpanoramen und heißen Verfolgungen auf dem Asphalt, Bilder, die nicht sprechen können und auch nicht sprechen dürfen. Und wenn, dann nur kurz. Höchstens.


Dem Dreh- und Angelpunkt des abgrundtief Bösen, Bane, bereitet es aufgrund dessen enorme Schwierigkeiten, sich ambivalent auszutoben, sich vor allem so zu entfalten, dass er angesichts von idiotischen Vorgeschichten und sepiafarbenen Rückblenden im Abgründigen verborgen bleibt. Tom Hardy ist sicher kein schlechter Schauspieler, leidet allerdings merklich hinter einer eingeschränkten Ausdrucksmöglichkeit, kraftvollen Erkennungssprüchen und wird lediglich physisch definiert. Zieht man den Vergleich zum Joker, der jeglicher rationalen Moralität und analysierenden Hintergründen enthoben schien – das heißt, er war lediglich da und verschwand wieder – wird deutlich(er), wie seelenlos Nolan diese Bane-Rolle eigentlich schrieb, irgendwo zwischen archaischem Totschläger und muskelbepacktem Profi-Wrestler, der handelt, weil er gern dabei zusieht, ein austauschbarer Sadist eben. Sein Plan, Gotham zu zerstören und der Oberschicht ihre Ausbeutung gegenüber den 99% an Restmenschlichkeit und Armut vorzuhalten, will einen Bezug zu den vorherigen Teilen "Batman Begins" (die Stadtzerstörung) und "The Dark Knight" (die Abschottung mittels Bomben und gesperrten oder zerstörten Zufahrtswegen) herstellen, konterkariert jedoch im gleichen Atemzug durchaus eine unkonventionelle Eigenständigkeit innerhalb des Sujets, die nicht immer das provoziert, was man bereits zu kennen glaubt.

Eine fehlende Eigenständigkeit, ein Stempelaufdrücken des Regisseurs also, das den gesamten Film wie ein Virus befällt. "Batman Begins" war die Exposition, "The Dark Knight" hatte Heath Ledger. Aber "The Dark Knight Rises"? Irgendwas aus beiden, dazu Hollywood und die offene Tür für ein Anknüpfen nach der Nolan-Ära; dem Wahnsinn per se fehlt es insgesamt an künstlerischer Kraft. Der unbändige Eifer Nolans, zwingend die Verbindung aller Handlungsstränge aller drei Filme zu suchen, bemächtigt ihn, eine Vielzahl an Figuren hin- und herzuschieben wie es ihm beliebt. "The Dark Knight Rises" bündelt Kurzgeschichten und Nebenhandlungen, türmt Beziehungen aufeinander auf, ohne dass das Ziel erkennbar wäre, wohin diese Fragmente führen, ganz gewiss fehlt die eine übergreifende Geschichte. Resultat dieser erzählerischen Hetze und Figurendichte sind Charaktere, die entweder kaum oder wenigstens marginal psychologisch durchleuchtet werden (Gordon, Fox, Miranda Tate), verschwinden (Alfred), hübsche Cameos darbieten (Ra's al Ghul, Crane) oder wiederum eine Überakzentuierung erfahren (Bane), während das Einknicken Nolans vor der Kompromissbereitschaft des kommerziellen Industriekinos Spuren hinterlässt: Wenn Bane zur Tat schreitet, schneidet der Film unschön die Szene weg.

Gotham mutiert derweil vollständig und unumstößlich zur amerikanischen Großstadt alter Schule, wohingegen Batman ein neues Fluggefährt austesten darf. Die Fantasie- und Gestaltungslosigkeit Nolans beflügelte den Regisseur einst, aus einem sinnlichen, expressiven Traumfilm einen akademischen, glattgeschürften zu machen, eingehüllt in eine britische Gentleman-Attitüde von Welt. Dies ist mit Gotham City, äh New York City, und dem klobigen Flugzeug aus dem, so scheint es, Elektronikfachmarkt nicht unbedingt anders, die Nolan als ein Teil versteht, dessen großes Ganzes über das hinausgehen soll, was man sieht: Wieder verpflanzt Nolan sein Figurenschema in eine etwas plumpe, eine etwas drangeklatschte und nicht immer differenzierte Zeitgeistcollage, in eine Sozialkritik von politischer Aktualität, deren alternative Lösungen weder nach vorn noch zurück weisen. Mit Bane identifiziert sich Tom Hardy als Aktivist, als Occupy-Anführer gegen das herrschende Etablissement an gierigen Bankern (klar) und stumpfsinnigen Millionären (auch klar) im Land des uferlosen, virtuellen Kapitalreichtums per Mausklick, und verwandelt das westliche und weltliche Gotham schließlich in einen gescheiterten, diktatorisch geführten Staat ohne Gesetze, der an einem gesonderten Zeitpunkt so brutal Regeln bricht, dass sich seine Bevölkerung allmählich gegen ihn auflehnt. Der Arabische Frühling zum Zweiten, eine Bestandsaufnahme der heutigen Verhältnisse.


Zerfetzte US-Flaggen, Rauchsäulen und Kampfjets am Himmel beschwören zudem einmal mehr die Analogie zu 9/11 herauf, die althergebrachte Ordnung aus dem Gleichgewicht zu heben. Die imposanteste Sequenz hat der Film damit gleichzeitig zu Beginn des zweiten Aktes, als Bane mit Gefolgschaft ein Footballstation in die Luft sprengt, während er davor unter der von einem Kind gesungenen amerikanischen Nationalhymne aus dem Schatten des Spielertunnels tritt. Im Verhältnis von leiser und aufgedrehter Lautstärke gelingt Nolan ein mitreißendes Pathosmoment, wo die Bilder sich nicht von anderweitigen, verbalen Präzisierungen stören lassen. Viel zu selten entfesselt Nolan seinen Film. Es sind dann Augenblicke wie dieser, das entbrannte Batman-Logo, der Prolog als choreographiertes Ballett oder etwa jener, in der sich der Dunkle Ritter wieder auf Gothams Straßen zeigt, die einen Einblick geben, wie der Abschluss der Trilogie wirken könnte, wenn Nolan mehr, keiner zusätzlichen Erörterung benötigendes Bilderkino machen würde. Meist fesseln auch die kleinen Szenen von fragiler Wucht in diesem Film: Gordons Lächeln, als er Batman auf dem Bildschirm sieht, Batman und Catwoman in ihren Kostümen Seite an Seite, die Tribunal- und Eisgeschichte oder Banes Träne, die ihn zur tragischen Gestalt umdichtet.    

Am meisten Spaß macht "The Dark Knight Rises" selbstredend dann, wenn er sich formal und narrativ – konträr den Vorgängern – unumwunden dem Comic zugehörig fühlt: Gerade das deutsche Tonstudio verleiht (verschenkten) Schauspielern wie Marion Cotillard eine piepsige, eine honigsüße Barby-Stimme von hoher Frequenz als unfreiwillige Karikatur ihrer selbst, eben typischer Comic-Gestus. Die dumpfen Schläge im Zweikampf zwischen Batman und Bane, die Wirbelsäulenszene, fledermausartige Kreidezeichen in Form einer Markierung und das über alle Maßen zerstörungswütige Finale auf Gothams Weg- und Straßenkreuzungen mit unterschiedlichen futuristischen Fortbewegungsmitteln binden den Comic verstärkt in die Dramaturgie ein – trotz einem konservativen Spannungsverlauf (der ständige Blick auf den Zeitzünder der Bombe), einer konstruierten Verkettung von Dauerwendungen, wovon die eine aufgrund einer Narbe in der Liebesszene davor lange vorher angekündigt wurde, und einem prätentiösen "Inception"-Finale. Anne Hathaway mit stahlharten High Heels (tierisch erotisch; eine wunderbare Rolle) besorgt allerdings nicht nur angesichts ihres trocken-tödlichen Schusses gegen Bane schlussendlich die Ironie in diesem bleischweren Abschluss: Auch wenn Nolan nicht alles begreift und ergreift, so ist sein Film dennoch irgendwie sexy.      

6 | 10

Dienstag, 6. Januar 2009

Kurzkritik: Das fünfte Element (1997)

Story:

Korben Dallas ist im New York des Jahre 2259 Taxifahrer und ahnt noch nicht, das ihn ein mysteriöses Wesen in Gestalt einer schönen Frau ins Taxi fallen wird. Als das geschieht findet Korben heraus, dass die Frau der Schlüssel ist, ferner das sogennante fünfte Element, welches die Aufgabe hat, die Menschheit zu retten....

Kritik:

Mit "Das fünfte Element" hat sich Frankreichs Erfolgsregisseur Luc Besson ("Subway"; "Nikita") einen lang gehegten Jugendtraum erfüllt, wollte er doch die Science-Fiction-Geschichte schon immer auf Zelluloid realisieren, die aufgrund immenser Produktionskosten jedoch auf Eis gelegt wurde. Vorerst. Denn nach seinen kommerziell äußerst erfolgreichen Kassenschlagern wie "Im Rausch der Tiefe" oder vor allem dem grandiosen "Léon – Der Profi", war der Weg von nun an frei für den Franzosen und seinem "Das fünfte Element". Herausgekommen ist reinstes Popcorn-Entertainment, ein wilder Blockbuster mit Kultpotenzial, irgendwo anzusiedeln zwischen spaßiger Komödie im Sci-Fi-Look und explosiver Actionklamotte. Die Logik geht dabei entsprechend baden, ist Bessons Script doch mit zahlreichen plotholes durchzogen, mit Fehlern, die die Story mehr als löchrig erscheinen lässt. Da wird aus einem einzigen DNA-Rest, einer Art "Handschuh", gleichmal eine ganze Frau rekonstruiert, inklusive Haut und Haare, da werden Puzzleteile, genauer gesagt Steine, im Bauch einer Opernsängerin versteckt, die natürlich auch im richtigen Moment dem Tod entgegenblickt, da werden die angeblichen Kisten mit den Steinen darin niemals geöffnet von den Protagonisten, sondern immer nur mitgenommen etc. Die Liste könnte noch so weiter fortgesetzt werden. Macht aber nichts. Bessons herzerfrischende Space Opera, sein poppiges "Blade Runner"-Spektakel, macht trotzdem Spaß. Und wie. Einerseits durch Skurrilität, andererseits durch komödiantische Elemente (die nichtsdestotrotz immer mehr in den Fokus rücken, die Handlung hingegen immer mehr in den Hintergrund gedrängt wird), durch Gags, durch flockig-leichte Unterhaltung, und in erster Linie durch die nicht bieder ernste Inszenierung, derer sich der Regisseur bedient. An keiner Stelle hält sich "Das fünfte Element" nämlich für wichtig. An keiner Stelle wird dem Zuschauer Düsternheit offeriert oder – abgesehen von dem mehr oder weniger mysthischen Beginn – Ernsthaftigkeit suggeriert. Stattdessen ist Bessons Universum, das einem Comic gleichkommt, knallbunt, hektisch, schrill, laut, aber nicht minder intelligent, mit rasanten Bildern, mit Spannung, mit einer guten Portion knalliger Action, witzigen Dialogen und nicht zuletzt mit viel Esprit in die Tat umgesetzt.


Gerade auf visueller Seite kann das "Das fünfte Element" mit großer Stärke punkten. Allen voran das detailverliebte und somit ausführlich gestaltete Setting New Yorks aus dem Jahre 2259 ist schon für sich allein eine Sichtung wert. Angelehnt an Ridley Scotts "Blade Runner" - nur diesmal eben ohne Licht und stets algegenwärtige Nebelschwaden/Regengüsse -, sind es vor allem die kleinen Dinge, die einen großen Reiz auf den Betrachter ausüben. Sei es nun die immer länger werdenden Zigarettenfilter, die immer enger werdenden Wohnanlagen, die Tatsache, dass man jetzt nicht mehr nur rechts und links abbiegen kann, sondern auch oben und unten, dass es auch in der Zukunft ein McDonalds geben wird oder auch, dass, wenn man zum Chinesen essen gehen möchte, man jetzt nicht mehr ins Restaurant als solches geht, nein, der Chinese kommt lieber zu einem nach Hause, samt als Restaurant fungierendes Auto. Und das alles wieder in bunten, herrlich überdrehten, farbintensiven Colorierungen, was sich recht treffsicher in den ulkigen Kostümen eines Jean-Paul Gaultier widerspiegelt. Hinzu kommt eine rundum fabelhafte, in ihrer Vielfalt bestechende musikalische Untermalung von Eric Serra ("Im Rausch der Tiefe"; "Rollerball"), die hauptsächlich bei der Opernszene (eine tolle Schnitt-Gegenschnitt-Montage) zu Höchstform aufläuft und mal so ganz nebenbei eine Sequenz serviert, die das Wort "Kult" zweifellos tangiert. Doch solch eine illustre Optik verlangt geradezu nach einer illustren Besetzung. Da prügelt sich beispielsweise ein cooler Bruce Willis ("Stirb Langsam"; "Pulp Fiction") als Taxifahrer nach bester "Stirb Langsam"-Manier durchs Universum, tanzt mit unzähligen Horden von hässlichen, zugebenermaßen strunzdummen Viechern den Nakatomi. Ein Bruce Willis, der dem Streifen tatsächlich so etwas wie einen Stempel aufdrücken kann, genervt wird er dabei von einem bizarren Individum, dem Fernsehmoderator DJ Ruby Rhod (Chris Tucker), dessen sinnfreies Gesülze von der Farbe Grün irgendwie doch auf eine seltsame Art und Weise amüsant ist. Als amüsant kann man auch den als Antagonisten konzipierten Jean-Baptiste Emanuel Zorg alias Gary Oldman ("Léon – Der Profi"; "Batman Begins"), welchen man allerdings schon viel besser gesehen hat, bezeichnen. Seine Figur wirkt mehr lächerlich denn furchteinflößend, einen Endkampf zwischen ihm und Willis gibt es zudem nicht, Oldman scheitert stattdessen an seiner eigenen Dummheit. Zu guter Letzt wären dann noch der hochgradig lobenswerte Ian Holm ("From Hell"; "Der Herr der Ringe: Die Gefährten") und eine charmante Milla Jovovich ("Resident Evil"; "Ultraviolet"), die zwar nicht sonderlich viel in ihr acting investieren muss, gut sieht sie dabei trotzdem aus, immerhin hat Bessons besonderes Rezept, die Hauptrolle mit seiner derzeitigen Ehefrau zu besetzen, auch schon in "Nikita" funktioniert.

Fazit:

"Das fünfte Element" kommt ohne größeren Anspruch, ohne Tiefgang, ohne Message, ohne große Logik daher. Der Zuschauer soll einfach nur Spaß, Spaß und nochmals Spaß haben, sich zwischenzeitlich auch mal am opulenten Look ergötzen und mit den Figuren so richtig abfeiern, die irgendwie alle keineswegs normal erscheinen. Komischerweise geht Luc Bessons liebevolle, durchgeknallte, aber irgendwo schon kultige Reminiszenz an etwaige Kollegen des Genres tadellos auf, nur das allenfalls mittelprächtige Drehbuch und der allenfalls diesmal nur mittelprächtige Gary Oldman bzw. sein Charakter, ja, die verhindern den Aufstieg des Streifens in höhere Sphären. Für einen witzigen Abend mit Freunden ist er aber sehr zu empfehlen.

8/10