Freitag, 18. März 2016

"Buffalo Bill und die Indianer" / "Buffalo Bill and the Indians, or Sitting Bull's History Lesson" [USA 1976]


Wenn Buffalo Bill, der heroische Indianerjäger auf monumentalen Wandgemälden als Erinnerung an einstige Heldentage, ein trunksüchtiger, verlotterter, indisponierter Showmaster mit unechten Haaren ist (Paul Newman) und jene blutrünstige, reaktionsschnelle Rothaut, sein großer Star Sitting Bull (Frank Kaquitts), einer in sich schweigenden, lethargischen Elendsgestalt im transzendenten Dämmerschlaf ähnelt, wird einmal mehr offenkundig, dass es zur Entzauberung uramerikanischer Mythen und zur Verzerrung ihrer historischen Wahrheit(en) nicht sehr viel braucht, als die Lüge über die Illusion, sprich: das gleichermaßen Unechte wie Entstellte, aufrechtzuerhalten. In Robert Altmans spitzzüngigem "Buffalo Bill und die Indianer", in seinem Charakter handelt es sich durchaus um einen weiteren verzweigten Altman-Ensemblefilm, lebt ein Reigen an Westernarchetypen den Traum einer satirisch überzeichneten Geschichtsschreibung aus, die auf einer akribisch kartographierten Bühne nach Programm individuell verfälscht und ausgestochen wird. Die Codes des Westerns demontiert Altman, und statt einer Verneigung vor den Cowboys gehen die Indianer als respektable Persönlichkeiten hervor, als die fantasiereicheren Entertainer einer Show, die auf dem Selbstbetrug einer Branche fußt. Das fortwährend zweigeteilte Gesicht William Codys (Newman), eine Hälfte hat sich in der Schwärze der Nacht verflüchtigt, ist hierfür ein Symbol, die Entwertung des Geschäfts zu konkretisieren, das nur dann weiterläuft, wenn man bereit ist, seine Aufrichtigkeit der Maske zu opfern.

6 | 10