Freitag, 25. März 2016

"Aus dem Leben eines Schrottsammlers" / "Epizoda u životu berača željeza" [BOSN-H, F, SLOWE, I 2013]


Die über Leben und Tod richtende Autofahrt zum Krankenhaus, ein wiederholtes Martyrium vielschichtiger Abweisung: der Blick streift durchs Seitenfenster, nimmt mehrere Kraftwerke wahr, überall dichter Smog, ein verdüsterter Himmel. Für die sozial unerträgliche Situation, in der sich Nazif (Nazif Mujić) und Senada (Senada Alimanović), zwei gesellschaftliche Eigenbrötler, die inmitten der Niederlage längst ein Zuhause errichtet haben, befinden, ist dies eine geradezu emblematische Metapher ihres Gemütszustandes. Gegen die Verfinsterung der Gefühle. Nazif ist Schrottsammler, Kriegesüberlebender ohne Zuschüsse. Der Fernseher läuft ununterbrochen, er hat mit seiner engagierten Frau zwei aufgeweckte Kinder, verdient notdürftig Geld, indem er Weggeworfenes aufsammelt und Autos zerlegt. Den finanziellen Konflikt, der im Zuge einer unbezahlbaren Operation entsteht, der sich Senada – sie trägt eine Fehlgeburt in sich – unterziehen muss, schildert Danis Tanović in winterlich zerklüfteten Bildern, so aufgesprungen wie unbefeuchtete Lippen bei unangenehmer Schneekälte. "Aus dem Leben eines Schrottsammlers" verkleinert sich kontinuierlich zu einem dokumentarischen Fallbeispiel regressiver (System-)Misere, die alltäglich jenen Hoffnung schindet, die ihr fatalerweise dauernd erliegen. Aus dem Müll, den Nazif anhäuft, um ihn gegen Geld zu tauschen, erhebt sich am Ende aber das spontane Glück, vorübergehend im moralischen Trubel weiterleben zu können. Während der Fernseher aufs Neue vor sich hin flimmert – und es draußen idyllisch schneit.

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