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Freitag, 16. Januar 2015

"Zeugin der Anklage" / "Witness for the Prosecution" [USA 1957]


Nicht nur die verborgenen Zigarren, der versteckte Schnaps, die verheimlichten Herzprobleme, der klapprige Anwalt, für den der letzte anstrengende Mordprozess über Leben und Tod richtet. Marlene Dietrich als geschlechtlich-herbe Akkordeonspielerin, Elsa Lanchester als wunderlich-schnippisches Nervenbündel – auch sie bringen den Männern den Wahnsinn, aber verlieben kann man sich in sie schnell, genauso wie sich Billy Wilder in diese Damen verguckt hat, wohlwissend, dass er sie nie verstehen wird. Als alleiniges erregendes Spannungselement involviert, geleiten Dietrich und Lanchester "Zeugin der Anklage" zum Meilenstein einer unvergänglichen Hollywood-Könnerschaft, in der erhabene Figuren so dringlich und so bestechend wandelbar ihre List ausspielen, dass ihr Publikum ohne Zweifel an der gespielten Wahrheit entlang auf das vertraut, was auch immer es zu hören glaubt. Obwohl alles unter der Hitze des Verhörs und der Schärfe der Indizien Lüge sein muss, abenteuerlichste Verhüllungen und raffinierteste Mätzchen, um der Absolutheit eines Todesurteils mit maximalen Drehungen zu entfliehen, festigt das Drehbuch eine Suggestivobjektivität, die jedem Heuchler, Schwindler und Betrüger trügerische Tatsachen einredet, die gar nicht existieren dürften. Jede Seite in Wilders körperdichtem Gerichtsdenkspiel ist essentiell für die (Oberflächen-)Wahrheit, und vor allem in den letzten erschöpfenden, kochenden Minuten wird erkennbar, dass Oberflächenwahrheiten auch Verwandlungen durchlaufen müssen, wenn sich die Gerechtigkeitswaage allmählich ausbalanciert.

8 | 10

Mittwoch, 30. Oktober 2013

"Bei Anruf Mord" / "Dial M for Murder" [USA 1954]


"Bei Anruf Mord" paust das Strickmuster aus "Cocktail für eine Leiche" ab, innerhalb einer komprimierten Raumdarstellung einen wasserdicht ausfantasierten Mord konzentriert zu verschleiern, ausgeschmückt von sukzessive mit Bedeutung aufgeladenen Gegenständen, die über die Bilanz des Tatentwurfs richten. Hier: Strumpfhosen, Schlüssel, Briefe, Telefone, gefährlich vorausschauend ornamentieren sie den Dekor der Bildeinstellung. Als vor allem auf den Effekt heruntergebrochenes 3D-Experiment Hitchcocks einschließlich voyeuristischer  Weitwinkelschwenks, die den konspirativen Gestus theatralisch aufwerten, zeigt sich "Bei Anruf Mord" als ungefilterter Unterhaltungsfilm ohne Subtext, bei dem die verknoteten Einschübe rhetorischer Beeinflussung die Verwirrung des Zuschauers anheizen. Befreit aller psychosexuellen Chiffren und gesellschaftlichen Diskurse, taugt der überraschungsschwangere Film insofern für den übermannenden Nervenkitzelmoment. Anders als "Cocktail für eine Leiche" ist er damit aber auch die konventionellere Abhandlung über den ebenso logistischen wie manipulativen Aufwand eines in Akten eingeteilten, universellen Verbrechens, das in der Wirklichkeit stets an den "dummen Fehlern" scheitert. Während der selbstbesoffene Dialogschwall messerscharf ausgearbeitet ist und ein zwanghaft Contenance bewahrender, intellektuell wirkschnell austüftelnder Ray Milland den Suspense trägt, verweigert "Bei Anruf Mord" angesichts der vereinzelt unangenehmen Geschwätzigkeit im Gegenzug jedoch nicht nur herausstechend visuelle Erzählideen, sondern lebendige(re) Nebenfiguren (das Stirnrunzeln John Williams' ist äußerst drollig). Eine technische Pionierarbeit mit allen Stärken und Schwächen. Und Schnurbärten. 

6 | 10