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Mittwoch, 20. November 2013

"Saboteure" / "Saboteur" [USA 1942]


Das Leben hänge am seidenen Faden, so eine gern gebrauchte Phrase. In "Saboteure" hängt Frank Fry (Norman Lloyd) an der Freiheitsstaue und blickt in den Abgrund. Seine Jacke reißt, schneller, noch schneller. Aber Fry, genau jenen, quer über den amerikanischen Kontinent gesuchten Fry, den niemand zu kennen glaubt, ist ein Schurke, und Hitchcock mokierte sich, dass nicht der Held (minimal milchgesichtig: Robert Cummings), sondern sein Gegenspieler in der spannungsvollsten Sequenz mit dem Tod konfrontiert wird. Fry ist der Saboteur, "Saboteure" hingegen ein Film, der unterstreicht, warum Hitchcock auch heute funktioniert. Schablone (Unschuld) gestaffelt neben Schablone (Flucht) neben Schablone (Privatermittlung auf eigene Faust), und dennoch fiebern wir lieber mit dem sadistischsten, abgeklärtesten Superagenten mit. Hitchcock-Kino in seinem ökonomischen Geschick ist folglich so hochmodern inszeniert und so moralisch fintenreich, davon weiß "Saboteure" genau Bescheid. Geeicht auf Abwechslung zwischen gottverlassener Endzeitindustrie und urbanem Stadtquerschnitt, Wasserfällen und Luxusinterieurs, die kein Entkommen ermöglichen, festgekettet per Handschellen, übertrifft sich der Film nahezu, er wird rasend(er), wirkt wie im Fluss – und hält letztlich ein leidenschaftliches Plädoyer gegen die Diktatur der Bourgeoise. Den verschwörungstheoretischen Hintergrund trivialisiert Hitchcock, die Kausalität der Zusammenhänge; "Saboteure" ist eine obskure Reise wie mit dem Wanderzirkus zu einem unbestimmten Ziel. Hypnotisierend: Vaughan Glazers Güte.  

6 | 10

Mittwoch, 30. Oktober 2013

"Bei Anruf Mord" / "Dial M for Murder" [USA 1954]


"Bei Anruf Mord" paust das Strickmuster aus "Cocktail für eine Leiche" ab, innerhalb einer komprimierten Raumdarstellung einen wasserdicht ausfantasierten Mord konzentriert zu verschleiern, ausgeschmückt von sukzessive mit Bedeutung aufgeladenen Gegenständen, die über die Bilanz des Tatentwurfs richten. Hier: Strumpfhosen, Schlüssel, Briefe, Telefone, gefährlich vorausschauend ornamentieren sie den Dekor der Bildeinstellung. Als vor allem auf den Effekt heruntergebrochenes 3D-Experiment Hitchcocks einschließlich voyeuristischer  Weitwinkelschwenks, die den konspirativen Gestus theatralisch aufwerten, zeigt sich "Bei Anruf Mord" als ungefilterter Unterhaltungsfilm ohne Subtext, bei dem die verknoteten Einschübe rhetorischer Beeinflussung die Verwirrung des Zuschauers anheizen. Befreit aller psychosexuellen Chiffren und gesellschaftlichen Diskurse, taugt der überraschungsschwangere Film insofern für den übermannenden Nervenkitzelmoment. Anders als "Cocktail für eine Leiche" ist er damit aber auch die konventionellere Abhandlung über den ebenso logistischen wie manipulativen Aufwand eines in Akten eingeteilten, universellen Verbrechens, das in der Wirklichkeit stets an den "dummen Fehlern" scheitert. Während der selbstbesoffene Dialogschwall messerscharf ausgearbeitet ist und ein zwanghaft Contenance bewahrender, intellektuell wirkschnell austüftelnder Ray Milland den Suspense trägt, verweigert "Bei Anruf Mord" angesichts der vereinzelt unangenehmen Geschwätzigkeit im Gegenzug jedoch nicht nur herausstechend visuelle Erzählideen, sondern lebendige(re) Nebenfiguren (das Stirnrunzeln John Williams' ist äußerst drollig). Eine technische Pionierarbeit mit allen Stärken und Schwächen. Und Schnurbärten. 

6 | 10