Freitag, 30. Mai 2014

"Downhill" [GB 1927]


Für den zu Unrecht angeklagten Internatsschüler Roddy (mimosenhaft, gleichzeitig aber auch tolldreist: Hitchcocks unheimlicher Mieter Ivor Novello) geht es abwärts, nach unten, downhill. Im Fahrstuhl kennt er nur die Taste "down", vor der Treppe hingegen bleibt er stehen, bevor er Stufe um Stufe nimmt, um gänzlich aus dem Bild zu verschwinden und seiner kümmerlichen Existenz zu entfliehen, dem Verbrechen, das er nicht begangen hat, dem Vater (mit monströs dehnbaren Augen und granithartem Mundstrich ist er ein Spiegelbild einer Todesfratze: Norman McKinnel), dem er nie ein Sohn war. Als Echo jener signifikanten Licht-und-Nebel-Bilderstürmerei aus Hitchcocks ambitioniertem Vorgängerwerk "Der Mieter" beteiligt sich "Downhill" ebenso an einer den Seelenzustand abbildenden Codierung, am visuell stichprobenartigen Austesten und Grundieren einer für den Regisseur zwar allzu fundamentalen Prämisse (wenn Unschuld mehr und mehr in die Isolation kippt), die jedoch – wie häufig bei Gehversuchen in Richtung ausentwickeltem Formgefühl – von zündenden erzählerischen Ideen eingeschränkt unterstützt wird. So ist "Downhill" bieder, unstet und mechanisch, ein treffendes Beispiel für das Stummfilmwerk Hitchcocks, im Vergleich aber dennoch interessant(er) arrangiert (eine Kirchturmuhrüberblendung!) und immer mit dem Tick, im verschlingenden Raum psychedelisch ausladend, unvorhersehbare Wahrnehmungsmakel zu entwirren. Selbst in "Downhill" folgt der Peitsche allerdings das Zuckerbrot: ein familiär-wehmütiger Schluss ins Herz der (Studio-)Harmonie.

5 | 10