»SAG NIEMALS NIE«
»NEVER SAY NEVER AGAIN«
(GB, USA 1983; Regie: Irvin Kershner)
"Nie", das war sein Wort vor "Sag niemals nie". Danach hat er es noch einmal Richtung Kamera formuliert, wirklich, ernsthaft, James Bond war einmal, Sean Connery ist raus, mit einem Augenzwinkern, eine Frau im Arm. Nie wieder. Dass Connery mit einiger Verzögerung seine 007 an die Kette legte, ist ein Zeichen dafür, dass der Film – irgendwie ein Bond-Film und irgendwie auch keiner – seinen Hauptdarsteller auf die Schippe nimmt, indem er ihn tausende Martinis schlürfen lässt, die immer trocken bleiben, und sich generell über das Alter des in die Jahre gekommenen Rentners rücksichtslos lustig macht, der gesundheitlich zwingend von seinen kulinarischen Gewohnheiten ablassen muss. "Sag niemals nie" verzichtet darauf, das Original "Feuerball" noch einmal eisern nachzustellen, sondern komponiert die wesentlichen Handlungssegmente wesentlich aufregender mit viel Drive, ordentlich Zeitgeist-Kokolores und erotischer Genussfreudigkeit: Kim Basinger im Leoparden-Bikini, ein nicht gänzlich ausgereifter Füllfederhalter, ein kühner Pferdesprung, ein elektrisch-tödliches Welteroberungsspiel, eine Prügelei vom Fitnessraum zum Chemikalienlager, Petersilientee, Massagetraining, Präsidentenaugen, und die feingeschliffene Ironie beschwört zudem die erschütterndste Eskapade im Sexualleben Bonds herauf – die Unterzeichnung des besten Sex schützt ihn vor dem Tod. Zwischen ausdruckslos klimpernden Musikeinlagen, einem miefigen Voyeur, Opa-Blofeld und befremdlicher Infantilität (Rowan Atkinson, die Jetpacks). Nicht gerade atemraubend, eher atemlos unzurechnungsfähig, Herr Connery.
»CASINO ROYALE«
(GB, USA 1967; Regie: Val Guest, Ken Hughes, John Huston, Joseph McGrath, Robert Parrish)
Kasperletheater, Psychokabinett, Wunderland, gemeinsam vereint auf einem Festmahl der Überspitzung und Überdrehung; einzustufende Qualität der Mission: unmöglich, ungenießbar, unverhältnismäßig. Fünf Regisseure bastelten am Schneidetisch dieses schleppende Kaleidoskop zusammen, es riecht nach Betriebsunfall, nach Klapsmühle und befördert sowohl den bulligen Orson Welles als auch den quirligen Woody Allen in das Kostüm der Superzocker. Einer gewinnt unfair per Spielkartenbrille und okkulten Zaubertricks, einer leidet an "sexuellen Minderwertigkeitskomplexen" und einer auf Aspirin basierenden Atombombe, gefährlich für alle hochgewachsenen Männer, nützlich für alle hässlichen Frauen. Dem Film gelingt es, minderbemittelsten Humor ohne Rücksicht auf ein Grundfundament an Niveau zu vermischen (groß: die deutsche Mauerexplosion; nervig: das Dialogstottern), um im Showdown die sowieso lockeren Zügel an die Wand zu schleudern: Indianer, Cowboys und die Studiokavallerie meucheln sich schließlich gegenseitig im Casino Royale, als ob es einen Kreativitätsmeuchelrekord zu brechen gelte. Anarchisch wird auch James Bond gemaßregelt – der Technik abgeneigt, kein Sexprotz, keine Laster, ein Klavierfan, altmodisch und schnöselig. Wirr erzählt und hinsichtlich jener femininen, homoerotischen Liebesverzückung gar ungemein ausgewalzt, weiß "Casino Royale" zwar nie seine bausteinartige Struktur von schwunglosen Kurzgeschichten aufzubrechen, streift aber immerhin die Kunstkultur hierbei querfeldein. Es flirten expressionistische, dadaistische, surrealistische Einflüsse miteinander. Popart, Streetart, Cabarét. Der Himmel ruft sie (und die Hölle).
Gesamtwertungen: 6 | 10 4.5 | 10