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Mittwoch, 28. Mai 2014

"Der Auslandskorrespondent" / "Foreign Correspondent" [USA 1940]


Unser nicht aufzuhaltender Held (Joel McCrea spielt eine Spur zu fad den unersättlichen Charmebolzen) jagt denjenigen nach, bei denen er die Vermutung hegt, etwas beweisen zu können, das ihn aber immer heikler in die Bredouille bringt. "Der Auslandskorrespondent"  recycelt das absurde Arrangement dieser Hitchcocks, in denen, ja, Auslandskorrespondent Johnny Jones (McCrea) eine "gewaltige Story" wittern müsste. Vollgesaugt an einfallsreichen Scharmützeln entlang gespenstischer Windmühlpanoramen und einem energetischen Flugzeugabsturz, verkörpert Hitchcocks weiterer landestypisch gesetzter, historisch kontrastierter Krimireißer einen Big-Budget-Blockbuster, der in einem globalen Verschwörungskomplott gedoppelte Identitäten, vielsagende Blicke und verräterische Telefonanrufe zu einer leicht vorgestrigen B-Spionagehatz fügt (Erinnerungsauffrischung: drei verwandte Szenen aus "Der unsichtbare Dritte"). Deren politisch allenfalls gestelzte, moralisierende Leitsprüche inmitten der Vorboten des Krieges zwischen Überzeugung und Verantwortung werden alsbald von der humorvollen (Nachname "ffolliott") Beweglichkeit der Treppendramaturgie negiert: Zeitungsfritze Jones (beziehungsweise Huntley Haverstock) verliert andauernd seinen Hut und offenbart Verständigungsschwierigkeiten gegenüber einem "lettischen Freund". Und er rennt, rennt, rennt – und weicht aus, den Attentaten, den kühnen Attacken gegen sein Leben, dem, was er verschweigt, kulminierend auf einem Kirchturm. Passend zum Requiem einer Totenmesse wird er nach vorn und nach hinten zurückgestoßen. Leben und Tod. Tod und Leben. In die eine Richtung, in die andere. Er ist selbst ein Windmühlenflügel.  

6 | 10

Mittwoch, 16. April 2014

"Rebecca" [USA 1940]


[...] Obwohl wir nichts sehen, meinen wir, Rebeccas sexuell konnotierte, maskulin-aggressive Energie zu fühlen, in den wallenden Vorhängen, in ihrer Kleidung, in ihren Spiegeln, in den irritierenden Kamerabewegungen dahin, wo nichts ist außer toter Materie, aber einmal etwas Organisches war und etwas Furchtbares seinen Lauf nahm. [...] Die Hauptattraktion verbucht der Film vor allem aber in einem Hitchcock-Element, das, grob geschätzt, vom Stummfilm "Easy Virtue" (1927) bis "Psycho" (1960) reicht. Hitchcock besetzte Judith Anderson als Hausverwalterin Manderleys, die in einer Art geistiger Verbundenheit zu Rebecca als ihre diabolische Stellvertreterin Befehle erteilt und jedem ihrer (wenigen) Worte eine giftige Mahnung hinzufügt. Wenn Manderly schlussendlich abbrennt, mitsamt seiner Geschichte, die endlich ruhen kann, erlischt damit gleichzeitig Mrs. Danvers Aufgabe, über den Nachlass und Rebeccas Erbe zu urteilen und gegen Gefahr von außen zu schützen. Im Zentrum entwickelt sich der Film systematisch zur Konfrontation zwischen Mrs. Danvers und der zweiten Mrs. de Winter. Mrs. Danvers, in "Sklavin des Herzens" feiert sie ihre Wiederauferstehung, zählt zu jenen Mutter- und Frauenfiguren Hitchcocks, die in der Regel etwas Unmenschliches, Diktatorisches und Absolutes haben, verborgen unter entstellten Gesten und toten Bewegungen. Die omnipräsente Mrs. Danvers, in Manderley lässt sie sich nie auf einen Ort reduzieren, versinnbildlicht das Gesicht des Films, ein schwebendes, körper- und fleischloses Gespenst im Körper eines Henkers. Eine Strenge in ihr, in ihm, dem Film, ist das, die unweigerlich erregt.


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Dienstag, 3. März 2009

Kurzkritik: "Alles über Eva" / "All About Eve" [USA 1950]


Story

Eve Harrington wollte schon immer hoch hinaus im Schauspielgewerbe, besonders im Theatergeschäft. Jeden Abend sieht sie sich deshalb ein Stück im Theater an, bis schließlich Eves vergötterte Hauptdarstellerin Margo Channing sie endlich kennenlernen will. Eve erzählt ihr eine traurige Geschichte ihres Lebens, wird von Margo schließlich an ihre Seite genommen und hinter den Kulissen zu einer unverzichtbaren Hilfe. Irgendwann erkennt die Theaterdiva aber, dass Eve mehr erreichen will. Zeit also, sie so langsam loszuwerden. Doch es ist bereits zu spät. Eve hat ihren Bekanntenkreis und daher ihren Einfluss schon zu weit ausgebaut, ihr Aufstieg zur neuen Diva ist unaufhaltsam...

Kritik

Mit sagenhaften 14 Oscarnominierungen und letztendlich 6 gewonnenen Trophäen unter zahlreichen anderen Preisen gilt "Alles über Eva" als eine der erfolgreichsten Hollywood-Produktionen aller Zeiten. Und gewiss, "Alles über Eva" ist ein zeitloses Filmjuwel. Eine faszinierende Tragikomödie über das US-amerikanische Showbusiness, über den mit Skrupellosigkeiten und Unmenschlichkeit gesäumten Weg vom Nobody zum Star. Der Film blickt hinter die scheinbar perfekte Glitzerfassade des in Wahrheit unbarmherzigen Theatergeschäfts. Und entlarvt es mithilfe eines komplexen Netzes aus Lügen, Intrigen und Erpressung. Ein Kreis, der sich erst am Ende wieder schließt und das Ganze auf absurde und augenzwinkernde Weise wieder von neuem beginnen kann. Dabei ist insbesondere Joseph L. Mankiewicz' souveräne Regie und sein innovatives Drehbuch hervorzuheben. Die ganze Geschichte wird nicht stringent, also mit einer gewissen Geradlinigkeit erzählt, sondern – abgesehen vom Anfang und Ende – in einer einzigen Rückblende, in welcher der Aufstieg von Eve Harrington geschildert wird, und in dem sich nach und nach eine große Wendung, die aber nicht als plötzlicher Twist konzipiert ist, vollzieht. Das ganze Leben hinter der Bühne, es gleicht einem Konglomerat zwischen persönlichen und beruflichen Beziehungen, es gleicht einem realistischen Sittengemälde, in dem die Grenzen zwischen dem Drama auf der Bühne und dem Drama im Leben verschwimmen, eben ein undurchschaubares Wechselbad der Gefühle. In denen Menschen, die genauso schwach und stark sind, wie ihre aufgeführten Stücke, nahezu über Leichen gehen, in denen Menschen Opfer bringen müssen, um voran zu kommen. Der Film zeigt auf geradezu erschreckende Weise, dass Erfolg seinen Preis hat, was wiederum einige der Protagonisten hautnah zu spüren bekommen. Niemand weiß dies besser als die undurchsichtige Eve. Daneben versprüht "Alles über Eva" einen leicht ironischen Touch, der nicht selten ins Sarkastische abdriftet. Hervorgerufen durch treffsichere, pointierte und charmante Dialoge, jedoch auch durch das erwähnte Ende, bei dem der Sarkasmus seinen Höhepunkt erreicht. Hinzu kommt Milton R. Krasners veritable Kameraführung, die sich auf formaler Ebene neben Mankiewicz' großartiger Erzähltechnik als besonders lobenswert herausstellt.


Doch "Alles über Eva" ist in erster Linie ein Film, der von seinem feministischen Grundtenor getragen wird, der vordergründig ganz auf seine Frauen setzt. Frauen fungieren hier als Stars, die alle Fäden ziehen, die heimliche Konkurrentinnen ausschalten, die um ihre Rollen hartnäckig kämpfen. Die Männer? Die Männer sind Zuschauer, Rohrkrepierer, mit ihrer Aufgabe des Regieführens und des Drehbuchschreibens allerhöchstens Mittel zum Zweck. Und gerade diese zeitlosen Geschlechterbeziehungen funktionieren. Sie funktionieren durch eine unglaubliche Besetzung, bei der sich das Who is Who Hollywoods die Klinke in die Hand gibt, und in der sich ein Weltstar an den nächsten reiht. Da hätten wir in dieser illustren Runde eine zynische Margo Channing, gespielt von einer grandiosen Bette Davis, die ihre Rolle mit Charisma und weiblicher Eleganz meistert; da gibt es die ambivalente, weil auf den ersten Blick nett und liebenswürdig erscheinende, auf den zweiten dann aber artifizielle, krankhaft ehrgeizige und intrigante Eve (großartig: Anne Baxter); da gibt es die sympathische Karen Richards (Celeste Holm), die wunderbare Thelma Ritter alias Birdie Coonan, dessen Figur durch deren laute, direkte, bissige Art und Weise, aber stets mit dem Blick fürs Wesentliche behaftet, einen Großteil des Unterhaltungswertes ausmacht. Abgesehen davon, ist als Schmankerl eine bezaubernde Marilyn Monroe in einer kleineren Nebenrolle fast ohne Dialog zu sehen, bei der die Ironie überhand nimmt, ist sie doch auch eine von jenen "Möchtegernschauspielern", die eiskalt ausgeschaltet und lieber fürs Fernsehen vorgeschlagen wird. Auf männlicher Seite dominieren dann vor allem Gerry Merrill, der dem Theater genauso treu ergeben ist, wie seine Ehefrau Margo, George Sanders als glatter Kritiker - im Übrigen der Einzige, der für Margo, aber auch für Eve eine Bedrohung darstellen wird -, und zu guter Letzt Hugh Marlowe, ein wissenschaftlicher Dramatiker, der darauf aus ist, die Menschen nur von ihrer äußerlichen Seite aus zu betrachten und schon gar nicht vor Spott zurückschreckt.

Fazit

An "Alles über Eva" gibt es freilich tendenziell nur wenig zu bemängeln. Allenfalls seine regelrechte Überlänge – das Werk hätte locker um etwa 15 Minuten gekürzt werden können -, aber auch Thelma Ritters Part ist nicht unbedingt zufriedenstellend, verschwindet Ritter im letzteren Fall doch einfach von der Bildfläche - ohne irgendwelche Erklärungen -, wovon leider einiges an Bissigkeit verloren geht, da ihre Kommentare nämlich ausbleiben. Schade, dass sie eben nur als Randfigur auftaucht. Ansonsten weiß "Alles über Eva" auf ganzer Linie zu gefallen. Ausgefeilte und freche Dialoge, eine brillante Regie, eine erlesene Darstellerriege, mit einem starken bis fast schon sensationellem Script im Rücken, hält Joseph L. Mankiewicz in humorvoller und virtuoser Manier dem Showgeschäft einen Spiegel vor. Kein Meisterwerk, aber ein thematisch immer noch zeitgemäßer Klassiker zweifelsohne.

8,5/10