Posts mit dem Label Herbert Marshall werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Herbert Marshall werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Mittwoch, 28. Mai 2014

"Der Auslandskorrespondent" / "Foreign Correspondent" [USA 1940]


Unser nicht aufzuhaltender Held (Joel McCrea spielt eine Spur zu fad den unersättlichen Charmebolzen) jagt denjenigen nach, bei denen er die Vermutung hegt, etwas beweisen zu können, das ihn aber immer heikler in die Bredouille bringt. "Der Auslandskorrespondent"  recycelt das absurde Arrangement dieser Hitchcocks, in denen, ja, Auslandskorrespondent Johnny Jones (McCrea) eine "gewaltige Story" wittern müsste. Vollgesaugt an einfallsreichen Scharmützeln entlang gespenstischer Windmühlpanoramen und einem energetischen Flugzeugabsturz, verkörpert Hitchcocks weiterer landestypisch gesetzter, historisch kontrastierter Krimireißer einen Big-Budget-Blockbuster, der in einem globalen Verschwörungskomplott gedoppelte Identitäten, vielsagende Blicke und verräterische Telefonanrufe zu einer leicht vorgestrigen B-Spionagehatz fügt (Erinnerungsauffrischung: drei verwandte Szenen aus "Der unsichtbare Dritte"). Deren politisch allenfalls gestelzte, moralisierende Leitsprüche inmitten der Vorboten des Krieges zwischen Überzeugung und Verantwortung werden alsbald von der humorvollen (Nachname "ffolliott") Beweglichkeit der Treppendramaturgie negiert: Zeitungsfritze Jones (beziehungsweise Huntley Haverstock) verliert andauernd seinen Hut und offenbart Verständigungsschwierigkeiten gegenüber einem "lettischen Freund". Und er rennt, rennt, rennt – und weicht aus, den Attentaten, den kühnen Attacken gegen sein Leben, dem, was er verschweigt, kulminierend auf einem Kirchturm. Passend zum Requiem einer Totenmesse wird er nach vorn und nach hinten zurückgestoßen. Leben und Tod. Tod und Leben. In die eine Richtung, in die andere. Er ist selbst ein Windmühlenflügel.  

6 | 10

Montag, 30. September 2013

"Mord - Sir John greift ein" / "Murder!" [GB 1930]


"Mord – Sir John greift ein" ist eng mit der Bühne verbunden. An einer Stelle soll der geflüchtete Kriminelle und Theaterschauspieler ("Halbblut": Esme Percy) per Skript überführt werden, das den genauen Tathergang und dessen Umstände zum Thema hat. Den Mord spart die Vorlage aus – Fane (Percy) hält abrupt inne, als er merkt, dass er seine Rolle über die nun weißen Blätter hinaus, bis zum Geständnis, spielen soll. Eine, zugegeben, mehr als hintergründige, verqueere Hitchcock-Sequenz. Ob die herauszulesende Kunstallegorie der Handlung des Films unbedingt mit der erstmalig im Hitchcock-Kosmos umschmeichelten Whodunit-Attitüde (dargestellt von einem eitlen, vollständig langweiligen Sherlock-Holmes-Verschnitt) zu vereinbarten ist, steht im Zweifel: Während die symbolisch plumpen Parallelen zu Shakespeare jene verdünnte Psychologie ersetzt, die Hitchcock bis ins Spätwerk hinein demonstrativ betonte, ist "Mord – Sir John greift ein" für einen Whodunit zu konventionell konstruiert.

Ein krudes Konglomerat aus homosexuellen Untertönen führt zu einem (immerhin filmisch pittoresk eingeleiteten) Erklärbär-Twist, der aber letztlich nur in Gedanken längst ausformulierte Mutmaßungen bekräftigt. Weitgehend dialogisch redundant rattert Hitchcock ohne visuelle Vertiefungen die Wendungen herunter. Der Whodunit, zu einem, der die Zwischenspannung liebt und sie vor allem bildnerisch forciert, scheint er nicht zu passen, ist er uninteressant, ja die regelrecht falsche Herangehensweise an einen Nervenkitzelstoff. Was dagegen auffällt, ist, dass der Film die meinungsvielfältigen Jurysitzungen der "zwölf Geschworenen" Sidney Lumets handwerklich haargenau vorwegnimmt und mit dem sich gleichermaßen schattenhaft erhebenden Galgen wie einer Uhr, gleichnishaft für die schnell ablaufende Zeit der unschuldig Eingesperrten (Norah Baring) hinter Gittern stehend, wenigstens formidables Hitchcock-Material in kleineren Dosierungen enthält. Zu vernachlässigen. 

4 | 10