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Sonntag, 10. März 2019

"Captain Marvel" [USA 2019]


Sie stürzt ab, landet unsanft in einer Videothek, verwüstet Video Buster. Doch Captain Marvel (ungezwungen und freiheraus: Brie Larson) rappelt sich wieder auf – und betrachtet ungläubig eine analoge Vergangenheit. Videokassetten und Actionfilme, Arnie neben Sean Connery. Ist diese Szene gewollt sinnbildlich oder ein unbedarfter Gag? Sie berührt immerhin das Gegenwartsklima: Die Zeiten des Helden aus Fleisch, Blut und Greifbarkeit sind vorbei, zerschossen. Die Ikone hat sich überlebt. Die Zeiten des Memes brachen an. Ihre Zeiten (schneller Downloads). Aber ein bisschen Hals-über-Kopf-Abenteuer ist geblieben. Die inszenatorische Ausgewogenheit von Anna Boden und Ryan Fleck verwandelt "Captain Marvel" zu einem lockeren Dinner, am Tisch: Samuel L. Jackson (in jung), Ben Mendelsohn (süffisant) und eine Katze (süß). Eine Katze! Das flotte, aber keineswegs zu gehetzte Tempo löst in "Captain Marvel" langgehegte Wünsche ein – die gewöhnlichen Kinderkrankheiten des Franchise (Wertetheatralik, hypochondrische Schnitte, blasse Bösewichte) kompensieren Boden und Fleck (größtenteils) mit einem rustikalen Retrocharme, der nicht abgeklärt wirkt, sondern sich zwischen den anstrengend dramatisierten Eventhappenings der Avengers postiert. Ein Appetitanreger. Als solcher dreht "Captain Marvel" das Marvel-Karussell weiter – ausgerechnet im Rahmen eines weiblichen Blockbuster-Experimentierfeldes, das seine emanzipatorische Prämisse allerdings nicht zum antiemanzipatorischen Abschuss freigibt. Den Männern geht es ohne ihr Einschreiten tatsächlich (ironisch) an den Kragen.

Mittwoch, 8. April 2015

"Fast & Furious 7" / "Furious 7" [USA 2015]


Das Viertelmeilenrennen, das Corona-Bier, das Kennenlern-Sandwich. Und so weiter. Wenn "Fast & Furious 7" Paul Walker zum Abschied begleitet, dann erinnert dieser Beitrag einer langlebigen (Meta-)Reihe, die in ihrem expandierenden und selbstreferentiellen Gedeihen (jetzt: Nathalie Emmanuel als Ursula Andress) stets einen Gang übersprang, an einen Ausgangs- und unvermeidlichen Endpunkt, von wo aus eine Figur sterben muss, obwohl niemals jemand sterben kann. "Fast & Furious 7" ist Abstraktion pur, ein steigerungslogisches Comicbuch, ein unzumutbarer Gadget-Ritt auf einer Flutwelle, die Begier nach dem Tod, der die anderen erwischt – die weite, wüste (Action-)Fläche im Visier, zerstückelt sich das ehemals konservativ-entspannte Franchise in schwerelosen Fimmel, ermattend wiederkehrenden Humor und in die verkomplizierte Attitüde, dem Unausweichlichen den Zufall voranzuschieben. Mit einem raubeinigen Konvoi-Überfall, einem sonnigen Heist-Mittelstück und einer urbanen Verfolgungschoreografie destilliert James Wans Einstand den Geruch aller Vorgängerfilme, und gewiss ist es so, dass deswegen den Startzeichen, aber auch dem qualmigen Tumult gehuldigt wird, um mit einem Charakter würdig abzuschließen, der das tagtäglich ihm fehlende Geballer herbeisehnte. Paul Walkers letzte Szenen, der gereinigte Blick, seine ewige Familie, die Straße, auf der er abzweigen wird – in diesen Szenen ereigniszarter Auslöschung, die hier, nur hier gilt, gestikuliert "Fast & Furious 7" über die Leitplanken des Kinos hinaus.

6 | 10

Freitag, 28. November 2014

"Guardians of the Galaxy" [USA 2014]


Hoch anzurechnen ist es diesem Retrofilm, dass er immerhin (verzweifelt) versucht, aus dem generischen Popcorn-Prozedere jenes zur festen Größe angewachsenen Marvel-Gesetzesentwurfs auszubrechen. Kassette rein, Musik an, tanzen, swingen, "awesome". Mit der postmodernen Brille und inflationär angespielten Popkrachern ergibt sich ein aufgetakeltes, zerfasertes Planetenpotpourri, erfrischend gestrig, ungemein haptisch, wohingegen eine zufällig zusammengewürfelte (Rebellen-)Truppe den mosernden Antihelden spielt, der sich gegen eine finstere Macht behauptet. Fehlen nur noch die Laserschwerter, fertig wäre die siebte Episode "Star Wars" von James Gunn. Diese aber vermeidet Ungezwungenheit, Wirbel. Warum sonst ist "Guardians of the Galaxy" durchkalkuliert geschwätzig? Des Films intergalaktische Attraktionen verglimmen angesichts des totgefilterten Dialograusches, der einen detailreichen Rettungsplan wieder und wieder vermittelt. Warum nicht einmal sich lediglich erschöpfen an leichtvitalem Abenteuerappetit (vgl. Joss Whedon)? Außerdem: Musste "Guardians of the Galaxy" selbstironisch sein, so selbstironisch? Wo jeder Gag ein Gag! sein muss, jede Pointe eine Pointe!, jede Verrücktheit gepriesen und jeder debile Kommentar ("GROOT!") presslufthammerhaft uns eingeimpft werden muss? James Gunn hatte das Pech, für Marvel zu arbeiten. Dies erlaubte ihm, neue Regeln zu definieren, aber auch alte unangetastet zu lassen: ein martialisches Finale, ein totenblasser Bösewicht, ein treudämlicher Gesichtselfmeter als Hauptdarsteller sowie durchweg verbratene Nebenstars (Glenn Close, Benicio del Toro). Viel lieber "Firefly".

4 | 10

Mittwoch, 26. Juni 2013

Spielberg-Retro #11: "Amistad" [USA 1997]


"Amistad" blickt den Amistad-Prozessen über die Schulter in einem ausgeschmückten Epochenstück, in einer opulent ausgestatten Geschichtsnachhilfestunde diffiziler Verstrickungen erbittert gegeneinander debattierender Nationen im Gerichtssaal, wo es um Zuständigkeiten, Geburtsorte und Eigentumsurkunden geht, in Wahrheit den Wert der Freiheit über alle kulturellen Sprachbarrieren hinaus zu bemessen. Viele beteiligte, ideologisch gespaltene Personen sieht Spielberg ulkigerweise jedoch als ein handlungsgehemmtes (Gerichts-)Publikum, das darauf zu reagieren hat, Kontroversen mitzutragen und abzunicken, anstatt sie mitzugestalten. Authentisch?

Spielberg widerstrebt es zumindest, figurativ mehrschichtig zu charakterisieren, was an und für sich speziell in der verschenkten Persönlichkeit Morgan Freemans herauszufinden ist, dessen Hintergrund, hauptsächlich nach seinem Zusammenbruch auf dem Sklavenschiff, vollkommen im Dunkeln verbleibt. Auch die spanische Königin Isabella (Anna Paquin) forciert vielmehr den Gedanken einer grotesken Karikatur historischer Verzerrung, während  Matthew McConaughey das Stigma eines rechtsverdreherisch-spitzfindigen Strubbelkopfs im Laufe der Handlung nicht loswerden will. Die Unfähigkeit, gleichermaßen absurd-komische wie pragmatisch-vertiefende Erzählmomente adäquat gegenüberzustellen: Davon kann sich Spielberg folglich auch in seinem Film "Amistad" nicht lösen, und es sollte ein entscheidendes Markenzeichen seines Spätwerks in der Post-"Jurassic Park"-Ära werden.

Mit Hilfe der treibenden Gestaltungskraft eines durchweg lebendigen, gegen universelle Unterdrückung schreienden Williams'-Chors sowie unzähligen Eindrücken von zusammengepferchtem Fleisch (vgl. "Schindlers Liste"), den Händen, die angekettet sind und sich irgendwann endlich in völliger Zwanglosigkeit berühren dürfen (exemplarisch im nahezu wortbefreiten, stroboskopflackernden Prolog, der ausschließlich über den sichtbaren Zorn in Männer- und Frauengesichtern samt Nässe und Finsternis intensiv nachwirkt), den wehenden Schiffssegeln im Wind, vor allem der Träne, die an der Wange hinabfließt, zementiert Spielberg derweil aber einen visuellen Sprachausdruck, der sich gänzlich im Zeigen, im Erfühlen zwischenmenschlichen Grauens manifestiert. Dieser begnadete Ausdruck vermag bisweilen gar, schlimmsten spirituellen Erbauungsschlock zu übertünchen. Ab dem Zeitpunkt, als ein wackelig auf den Beinen stehender, verknitterter, leidenschaftlicher Anthony Hopkins seine aufwühlende Rede der Nation hält, hat Spielberg den Zuschauer sowieso längst gepackt. Und am Ende, da zeigt sich naturgemäß die Sonne. 

6.5 | 10