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Freitag, 23. November 2018

"Outlaw King" [GB 2018]


Würde sich HBO in dessen "GameofThrones"-Universum die Dienste des Briten David Mackenzie sichern, hätte der amerikanische Fernsehprogrammanbieter höchstwahrscheinlich einen Hauptgewinn gezogen. Mackenzie drosselt, wenn nötig, die Lautstärke, ist aber im weiteren Sinne fähig, aufgeweichte Schlammgruben zu betreten und deren Schlick in Richtung Kamera zu spritzen. Worauf es seit sieben, bald acht Jahren in der Dramaturgie von Westeros ankommt, liegt (nicht unwesentlich) in einem dialektischen Spannungsgefüge inmitten kleiner Beobachtungen, die große Entwicklungen zeitigen. Diese kleinen Beobachtungen – punktgenau zusammengekehrter, metaphorischer Zierrat – schmücken Mackenzies mittelalterlichen Netflix-Film "Outlaw King" aus. 

Ungeachtet der Glätte schablonenhafter historischer Rekonstruktion, die sein Film anfänglich evoziert, schulen die Werke David Mackenzies den Blick für das, was normalerweise ästhetisch konkret sich einprägt: so ein abgegessener Apfel, der mit dem Schwinden der Lebenskraft einhergeht, so eine Wagenladung Äpfel, die von herannahenden, feindlichen Pferden zertreten werden. Kann es ein geschmackvolleres, da aufmerksameres Bild für die Gewalt der Gewalten geben, die sich an den Entgrenzungen eines Landes Bahn brechen? Wie bereits Mackenzies letzter Film "Hell or High Water" (2016) steht auch "Outlaw King" Männern in ihrer altväterlichen Elegie gegen die Veränderungen der Zeit mitsamt ihren antimodernen Repressalien bei. 

In einer perspektivisch schwerpunktanderen "Braveheart"-Variation mimt Chris Pine den schottischen König Robert the Bruce, der seine Gefolgsleute im Kampf gegen die englischen Truppen anführt. In Pines perfektem Drei-Tage-Gesicht hat sich, diametral zu Mel Gibsons wahnhafter Schlachtenfratze, auf keinen Fall jenes entflammte Notwendigkeitspathos eingebrannt, das sich für die Narben des Einsatzes verantwortlich zeichnet. Chris Pine ist zu sehr Playboy und Katalogmodel in einer hautärztlichen Werbebroschüre, als dass der Dreck ihn tatsächlich verunstalten könnte. Aber zumindest darf Pine Po zeigen. An dieser Stelle offenbart der Film ohnehin – subtextuell gesehen – eine Mehrdeutigkeit in der Maskulinität seiner Charaktere.


Edward, der Prinz von Wales (Billy Howle), möchte seinem drakonischen Vater, dem König von England (Stephen Dillane), um jeden Preis ein starker Sohn sein, aber ihm fehlt es militärisch an Weitblick und königlich an Durchsetzung. Mackenzie persifliert diese geölte Selbstüberschätzung lakonisch – wir sehen ihn, den Prinzen von Wales, in einer Szene am Vorabend der Schlacht beim Verspeisen eines Hühnerbratens. Zaghaft, geschmeidig, mit Messer und Gabel, zerteilt er das Tier wie ein adretter Adliger. Dieser vorsichtige Mann wird auf dem Feld nicht überleben. Um auf dem Schlachtfeld zu überleben, muss ein Mann zur Bestie werden. Robert the Bruce geht den umgekehrten Weg mit List. Und siegt. 

Im Vergleich zu Mackenzies früheren Filmen "Hallam Foe – This Is My Story" und "Perfect Sense" kommt "Outlaw King" weniger entschleunigt, man könnte gleichfalls sagen: weniger nachdenklich, vielleicht weniger komplex daher. Die Geschichte wird unmittelbar in umso kürzeren dramatischen Handlungssprüngen actionreich erzählt, während sich die geschmeidigen Kreisfahrten der Kamera (Barry Ackroyd) Ordnung im Gewühl der Parteien zu schaffen versuchen. Der kleinere Bruder von "Game of Thrones" ist "Outlaw King" letztendlich – sowie ein Bewerbungsschreiben, sich für Westeros zu empfehlen, das das abgenutzte bis beschmierte Siegel der Serie bis nach Netflix trägt, aber begleitet wird von der Ambition kompetenter Eigengesetzlichkeit.

Mittwoch, 27. Juli 2016

"Star Trek Beyond" [USA 2016]


Was ist aus dem Lens-Flare-Neuaufguss "Star Trek" eigentlich geworden? Unter der Hand des handwerklich nicht unbegabten Routiniers Justin Lin eine Hardrock-Weltallsymphonie. Voll an redundantem Dicke-Hose-Krach, erleben die unerforschten Galaxien ihre Wiederentdeckung als Erlebnisspielplatz: Motorräder springen und Kontrahenten fliegen wie Tischtennisbälle. Nichts hat sich geändert, Gene Roddenberrys Erbe eine durchdringende Demontage, ein Bespucken in Anbetracht der Marvelisierung des Blockbusters – gleichgültige Weltzerstörungsantagonisten inklusive. Für Lin ist "Star Trek" eine willkommene Gelegenheit gewesen, "sein" Baby "The Fast and the Furious" auf eine metaphysische Abstraktionsebene zu heben, so schwindlig rahmt er Bewegungspirouetten im Szenenaufbau, während die Enterprise aus dem Bild ins Bild schwebt. Mehrmalig. Wenn nicht gerade, unter salbungsvollem Schwermut, ihr vermeintlich letztes Stündlein geschlagen hat. Hinsichtlich seines Ohren- und Augenblutens, erhaben getrickste Sensationen einzufordern (und zwanghaft "witzig" sein zu müssen, obgleich Simon Pegg selten witzig war), guckt sich "Star Trek Beyond" veritabel weg. In die Nähe eines gelungenen eskapistischen Wagnisses gelangt dieser Film trotzdem nicht, denn seine Eigenständigkeit wurde auf dem Fließband (ab)gefertigt. Spock (Zachary Quinto) schaut gegen Ende auf eine nostalgische Fotografie, auf der die alte Crew selig ihr inneres Glück annimmt, aber der Zukunft versagt blieb. Was früher ein mitteilwirksames Bild war, ist heute der letzte Ruheplatz in einem enthemmten "Star-Trek"-Motorenparadies.  

4 | 10

Freitag, 29. Mai 2015

"Unstoppable - Außer Kontrolle" [USA 2010]


Wehmut überall, denn "Unstoppable" war Tony Scotts letzter Film. Aber selbst in dieser abschließenden Arbeit versteckt sich eine formalästhetische Liebeserklärung an die Energie, an ein pulsierendes Schnittgewitter, das den Fluss der Bewegung zerteilt. Elektrisierend ist es ist, fiebrig, stilsicher und voller Informationen. Mit dem führerlosen Güterzeug, der per grölender, brüllender Tonspur zusätzlich als nahezu selbstständig destruktiv denkender, organischer Antagonist zum Ungeheuer stilisiert wird, den es unter Kräften aufzuhalten gilt, die weit über menschliche Vorstellungen hinausreichen (vgl. Spielbergs "Duell"), erzählt Scott eine in ihrer Prämisse jederzeit ersichtliche Geschichte eines durchgehend linearen B-Movies gegen die Zeit. Denzel Washington (Glatze) und Chris Pine (zuweilen farblos) spielen, stellvertretend für die in schlechten Zeiten aufgewachsene Arbeiterklasse, diejenigen, bei denen das Gewissen über monetären Industrie- und Prestigeverlust steht. Spannung kann man "Unstoppable" wahrlich nicht absprechen; so wie Scott die pure, entfesselte Geschwindigkeit beschleunigt, so ist die Physis eines Films mehr und mehr offensichtlich, der mit dem Raum und dessen Montage experimentiert. Seine zwischenmenschliche Bedeutung erlangt der Film indes in der Interaktion zwischen altem Berufshasen und jungem Ausbildungsfrischling. Gerade dort, wo Scott innehält, wo die Bilder sich ausschweigen, ist "Unstoppable" am faszinierendsten, weil die Raserei auch inhaltlich grundiert wird. Selten geschieht das. Der Rest ist durchdeklinierte Hollywood-Abgeklärtheit.

5 | 10