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Mittwoch, 27. März 2013

"Frida" [USA, CDN, MEX 2002]


Der Kinotradition Almodóvars zugewandtes Künstlerstück über eine Frau, die, im fragilen Panzer Körper eingesperrt und eingeschnürt, ihre zerstörte Körperlichkeit in einer Kunst poetischen Schmerzes konserviert. Frida Kahlo war eine engagierte Freidenkerin, ein zerbrechlicher Schmetterling unter starrem Gips, eine politische Malerin, die in surrealistischen Symbolwelten ihr ständig überfordertes, leidendes und entzweigerissenes Herz codierte. Das Umfeld Kahlos, bestehend aus lateinamerikanischer Leidenschaft gegen Unterdrückung, füllt Julie Taymors mondäne Biographie mit ästhetischen Prinzipien, die in ihrer selbstbewussten Schau den breiten Pinsel schwingen: satte Farben zwischen Tomatenrot, Terrakotta und Meeresblau, flammende Tänze auf überschwänglichen Partys, popkulturelle Collagen (King Kong und die Realität), aber auch Tiraden, Streit, Zerwürfnisse – und der Rettungsring Kunst schließlich. Obwohl Salma Hayek mit viel ungebremster erotischer Dringlichkeit die Titelrolle spielt (fast etwas zu plakativ), wird ihr der Film wiewohl deshalb nicht gerecht, weil sie wie eine zufällige Mitstreiterin im episodisch strukturierten Leben ihres frauenhungrigen Liebhabers Diego (Alfred Molina) wirkt. Auf die oberflächlichen Liebes- und Hassbeziehungen Diegos richtet der Film vordergründig sein Auge, womit Kahlo selbst, ihre Malerei und, vor allem, ihre inneren Bilder eines Lebens unter existenzieller Qual trivialisiert, aber nie anschaulicher vertieft wird. Dieser schauspielerisch vielfältige Bilderbogen ist erst im Schlussbild inhaltlich inspirierend, als Kahlos Lebenskunst einen stillen, gütlichen Ausklang findet. 

5 | 10

Mittwoch, 9. Mai 2012

"Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs" / "Mujeres al borde de un ataque de nervios" [E 1988]


90 Minuten Pedro Almodóvar, das bedeutet 90 Minuten Bilderstürmerei, 90 Minuten Frauen, 90 Minuten Techtelmechtel, 90 Minuten Nagellack und nicht zuletzt 90 Minuten überdrehte Indizienprozesse, an deren Urteile sich der Geschlechterkampf zerreißt: Die Technik sei leichter zu verstehen als die menschliche Psyche, heißt es da, mindestens ein ganzes Leben lang. "Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs", damit ist nicht nur der Film per se gemeint, es ist der freche Titel für die Protagonistinnen, der ihnen auf den Leib geschrieben wurde mit all ihren Marotten und Volltreffern und Querschlägern. Ein überreiztes, schrilles, sattes Wirrwarr bizarrer Entgleisungen, angefangen bei dem Werbespot über ein neues Waschmittel für blutige Gangsterprobleme, über Gazpacho mit Schlafmittelbeilage bis hin zu, aus dem Sanatorium (Spezialgebiet: Irre) entlassenen, eifersüchtigen Schwiegermüttern, die Rache an denjenigen verüben wollen, die ihnen das Herz aus der Brust gerissen haben. Waffe im Anschlag auf Motorrad Richtung Flughafen. Man ist ja unzurechnungsfähig.

Almodóvar versteht definitiv etwas davon, sich bildästhetisch dem Exzess zu unterwerfen; die sich in den Fußboden reinrammenden High Heels von rechts nach links und zurück, experimentelle Farbspielereien, präzise geschnittene Aufschichtungen thematisch bedingter Motive (am Anfang: Uhren auf Uhren), allgemein die Bewegung der Kamera, das Szenenbild, der Rhythmus des Zusammenspiels beider. So ungezwungen, wie Almodóvar seinem spielerischen Gedankenkosmos aufgedonnerte Bildkaskaden folgen lässt, so gesättigt ist der Film von seinen Begehrlichkeiten. In der ersten schwachen Hälfte vor allem, da scheint dies nicht immer dem Zwecke untergeordnet zu sein, der Geschichte hinzuarbeiten, als dass es erfreuen würde, wenn jede Montage, wirklich jede Regung der Figur unbedingt Kunst sein will. Diagnose: Das Almodóvar-Syndrom, ein bisschen Selbstzweck und ein bisschen Selbstverliebtheit in die eigene Genialität.


Die viel schönere zweite Hälfte versteht sich dann als die verzwickt-verknotete Beziehungskiste aller untereinander in einem Raum. Fetzen fliegen, Lösungen überdacht, Wörter abgeschnitten. Hysterie und Wahnsinn. Alltag. Um diese aufzudröseln, benötigt es eine Menge feministischen Willen gegen den altertümlichen Chauvinismus, der es nicht einmal fertig bringt, ein Treffen mit der Ex zu arrangieren. An dieser Stelle vermischt Almodóvar zwei grundlegende Dinge. Ob er dabei allerdings die subversive Satire in Form jener schiitischen Terroristen ausschöpft, die, na klar, eine Frau ausnutzen, wodurch jeder ab sofort Angst hat, dass sie etwas ausplaudern könnten, nachdem sie geschnappt wurden, oder eine entzweigeteilte Liebe dank Telefon und Anrufbeantworter wieder aneinander bindet, droht der Unstimmigkeit anheim zu fallen. Im Grunde sind die Schiiten schnell vergessen und ein dramaturgisch gewohnheitsmäßiges Rettungsmanöver konterkariert die Liebe.

Dieser Almodóvar hat nicht viel von der Liebe zu erzählen, er ist zu sehr in sich selbst verliebt. Wären da nicht diese schiefen Typen und diese verschrobenen Konflikte, "Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs" wäre ein kompletter Zusammenbruch. So aber erfreuen wir uns am Taxifahrer samt eingerichtetem Supermarkt (Augentropfen nicht vergessen!), an der emanzipatorischen Anwältin (keine Hilfe, Strafe: Ohrfeige), an der telefonaffinen Sekretärin, am kusswütigen Antonio Banderas mit Brille und zwei nicht gerade verhörsicheren Polizisten. Und es gibt da eine Szene, die meisterhaft getimt ist. Eine sich verdichtende Konstellation von vier Personen an verschieden, nah beieinander liegenden Orten, die sich erst einander begegnen, wenn es längst zu spät ist: Fahrstuhl, Auto, Bürgersteig, Telefonzelle. Manchmal ist das Unübersehbare doch übersehbar. Wie in der Liebe.

5 | 10

Donnerstag, 9. Juni 2011

In aller Kürze: "Four Rooms" [USA 1995]



Ähnlich wie einige ebenfalls zerstückelte und ohne einen erkennbaren roten Faden montierte Episodenübungen hängt auch in "Four Rooms" die Qualität der unterschiedlichen Beiträge maßgeblich davon ab, welcher Regisseur mit welchem (Stamm-)Kameramann mit welchem (Stamm-)Cutter die Fäden im Hintergrund zieht. In dieser unheimlich durchgeknallt-irrwitzigen Silvester-Freakshow anarchischer Zerstörungsorgien und Haken schlagender Absurdität geben sich gleich vier Handwerker die Ehre, wovon der eine gern Trash reanimiert und der andere geschwätzigen Nonsens postmodernisiert – vier exzentrische Filmemacher realisieren vier skurrile Ideen in vier Zimmern eines Hotels. Zusammengehalten, verklebt und von Katastrophe zu Katastrophe per Fahrstuhl eilend: Tim Roth, der den affektiven Jerry-Lewis-Slapstick-Verschnitt allerdings so künstlich-gezwungen spielt, dass sich sein unweigerliches Desinteresse als Hotelpage schnell auf den Zuschauer überträgt – uninteressanter und befremdlicher war Tim Roth nie. Während sich die erste geistlose Hexenepisode (Regie: Allison Anders) darin gefällt, schlechten Trash im Gewand infantiler Grafikspielchen sowie unerotischer Weiblichkeit in Verbindung mit einer vollbusigen Madonna zu verquicken, lässt das zweite Kapitel (Regie: Alexandre Rockwell) trotz eines mehr oder weniger bissige(re)n Humors (mehr Synonyme für des Mannes bestes Stück sind ganz sicher nicht möglich) im Grunde genauso die Chance verstreichen, einen brachialen Knalleffekt dem ganzen Schabernack einer irrtümlichen Verwechslungsklamotte überzustülpen (trotzdem sexy: Jennifer Beals). Das Kurzweilige und weniger Primitive kommt dann leider erst zum Schluss. Im Hotelzimmer #3 lässt Robert Rodriguez unnachahmlich augenzwinkernd, unübertroffen rasant und hochgradig bescheuert eine tote Nutte unterm Bett nach dreckigen Füßen stinken. Dabei soll Timothy, pardon, Ted (!) für zwei furchtbar unerzogene Kinder eines durchgestylten Mafiapärchens (El Mariachi: Antonio Banderas) den Milch und abgestandene Cracker bringenden Babysitter spielen. Geht natürlich schief: Das Zimmer geht schlussendlich in Flammen auf! Ein großer Spaß. Und Tarantinos Abschlussepisode ist gewohnt redselige Talkshow irgendwo zwischen Trivialität (die Tücken des Champagners) und Hitchcock ("Cocktail für eine Leiche"), eine einzige Plansequenz (Andrzej Sekula) mitten durch eine geräumige Penthouse-Wohnung, in der kurze Kameraschwenks auf die nächst gelegene Explosion der jeweiligen impulsiven Figur draufhalten, um im nächsten Moment wieder den durcheinander fabulierenden, besoffenen Tarantino höchstpersönlich in einer ironischen Doppelrolle als erfolgreicher Filmregisseur ins Zentrum einer makabren Wette zu rücken, die sich in ihrem Ausgang endlich einer scharfzüngigen Pointe bedient. Tarantino hat weitaus Originelleres geschrieben, ist jedoch mit seinem Busenfreund nichtsdestotrotz für die gerade so erträgliche Mittelprächtigkeit des Gesamtfilms verantwortlich, durch das ohnehin ein Hauch typischer Tarantino-Style weht – geschmackvolle Szenenwechsel, Kapiteleinblendung, Red-Apple-Zigaretten. Die zwei anderen Regisseure vor ihnen sollten zusammen mit ihrem Teddy hingegen für immer in ihre Zimmer eingeschlossen werden.

5/10