Auch in einem anderen Klassiker, in Alfred Hitchcocks "Im Schatten des Zweifels", kam das Böse auf Schienen in eine über den Dingen stehende, traumverlorene Stadt und spie schummrigen, unheilverkündenden Smog aus – als ob es bei seiner Ankunft zu atmen beginnt. Frank Miller (Ian MacDonald) heißt das Böse in "Zwölf Uhr mittags". In ihm spiegelt sich Rache, Geltungssucht und der Irrglauben einer Justiz, dass die akkurate Verteilung von Gut und Böse, Recht und Unrecht legitim sei, einer Situation gerecht zu werden, in der sich ein desillusionierter Ex-Sheriff (Gary Cooper) allein gegen die Vendetta seines Erzfeindes behauptet. Isoliert von allem Menschlichen sind beide. "Zwölf Uhr mittags" ist deswegen ein gelungener Westernbeitrag, weil dessen nihilistisches Menschen- und Sozialbild, angefüllt mit Opportunismus, Duckmäusertum und Schweigen, eine Anklage repräsentiert, die auf dem Gipfel verdorbener Gefühle in ein wahrlich existenzielles Untergangsbild ihr Ende findet: Der Stern an der Brust ist weniger wert als der Staub, in der er fällt, wenn die Strukturen auseinanderbrechen. Allem politischen Impetus zum Trotz, fasziniert Fred Zinnemanns stilistisch abgeklärte Pflicht- und Todesballade gerade aufgrund ihres zeitlichen und räumlichen Naturalismus, abstraktem, auf der Stelle tretendem Warten in zwei voneinander getrennten Handlungssträngen dann Panik zu entlocken, sobald der Minutenzeiger (zunächst unbemerkt) seine Richtung ändert.
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