Eine US-Flagge züngelt, wellen- und stoßförmig. Musik lodert, wellen- und stoßförmig. "Nashville" atmet, wellen- und stoßförmig. Dieser Film lebt, er ist ein Monument loser Liebe und mächtigen Meeresrauschens, er ist nicht weniger als die Mikroskopie eines übersättigten Biotops – Robert Altmans New-Hollywood-Evergreen reißt kreuz und quer auseinander, indem er die mit vergleichbaren Mitteln operierende Bindfädenliteratur Don DeLillos offenlegt: Was scheinbar selbstverständlichen Automatismen objektivierter Geschichtsschreibung untergeordnet ist, verwandelt sich in seinen eigenen Mythos, in einen Mythos ausgerupfter Fusseln, der Geschichte nicht mehr "aufdröselt", sondern "verheddert", von Fussel zu Fussel, bis ein Wollknäuel lospoltert. Über 20 Charaktere schillern in "Nashville". Gestrandete, Verlorene, Entwurzelte, entwurzelt zwischen den Szenen. Komödianten und Komödienschreiber, Sänger und Sängerinnen, Talentierte und Talentlose. Ein Stelldichein in einer durchkommerzialisierten Welt beiläufigen Wettstreits. Altman demaskiert eine überkünstelte, trivialpolitische und instrumentalisierende Industrie, die ihre Fäden längst im Privatleben zieht: Unterhaltsam ist, wer es erst werden will, während das, was uns alle angeht, an uns vorbeifährt. Der Betäubung der Gefühle, die in der zwischenmenschlichen Konfliktlösung obsolet geworden sind, setzt Altman die Musik entgegen. Seine Figuren gehen auf in dieser einem Wundpflaster gleichenden Glückspampe, erblühen, schweben in einer Seifenblase. "I'm easy." Manchmal reichen zerfließende Blicke – und die Schwerelosigkeit vor dem Zerplatzen hinein ins ungewisse Blau.
7 | 10