Cinephile Neandertaler konnten sich im geschniegelten Labyrinthsystem
des Anzugträger-Kinos Christopher Nolans stets verbergen. Denn dort
konnten sie sich (alt)klug fühlen, dort wurden sie zu Leonardo Da Vinci –
auch wenn sie ganz schön doof aussahen. "Interstellar" aber, angedockt
zwischen schauwertbändigendem Fragmentgeflecht (vgl. "Godzilla") und
astrophysikalischer Liebesgravitation, zwingt sich diesmal, den Kopf
nach unten zu neigen, anstatt hoch oben in ein ausgetrampeltes
(Nolan-)Räderwerk verschlungener Aufschichtphasen zu verfallen: Die
kindliche Innenansicht einer kosmisch-demutsvollen Amerikaerzählung, die
auch dann überkocht, wenn der Raketenstart naht und die transzendente
Liebe in ihrer wissenschaftlichen Unbegreiflichkeit abschließend die
Unbegreiflichkeit der Wissenschaft selbst an den Rand drängt, gewinnt
entscheidend an spontaner Ergriffenheit, ohne dass sich hierbei der Film
auf die Apotheose der Spiritualität verlässt. Seine entladenen und
ausladenden Wikipedia-Dialoge, sein erklärlastiges Genre-Sediment ohne
Auslassungen, sein gestalterischer Fehlschluss, Universumsoriginalität
mit Wasser und Schnee zur Vorstellungskraft umzudichten – wie gehabt.
Aber all' das beflügelt "Interstellar", neues Terrain zu erschließen.
Die Reise des Christopher Nolan führt (jetzt) über diese Konstanten,
über den Horizont, hinaus, umrankt von sphärischem Orgelgeschrei und,
sieh' an, flapsigem Witz. Mit Steven Spielberg hat sich Nolan, nebenher,
eine Hommage ausgedacht, deren intimkitschiger Figurenschmerz aufs
Angenehmste entgleist. Feuer (Spielberg) und Eis (Nolan) verbrüdern sich
im "A.I."-Stil, selbst szenisch. Insofern "nur" kurzweilige
Science-Fiction-Melange.
6 | 10