[...] Der Film erzählt, und nicht nur das, von der heilenden Kraft der
Imagination, einen klinisch Toten wiederzuerwecken. Verbotene,
verbrannte Bücher klaut (borgt!) die titelgebende Liesel Memminger ("Saumensch"
und Tochter einer Kommunistin), um sie einem bei ihr daheim versteckten
Juden Max (Ben Schnetzer) vorzulesen. Zuvor (im Keller) selbst gelernt,
Buchstaben zu (Fremd-)Wörtern zusammenzuziehen, müssen sich ihre
Adoptiveltern Hubermann in einem Klima des Abschieds, Verrats und
Lebensendes behaupten. Schlimm kann das alles jedoch gar nicht gewesen sein, wenn
Literaturklassiker aus dem Giftschrank und unbekümmerte Akkordeonmusik
abgeworfene Bomben übertönen, bevor der Bunker zum gemütlichen Plausch
unter Leidensgenossen umfunktioniert wird und weiter fröhlich Fußball
gespielt werden kann.
Genau das sind die Szenen, Momente tiefster, verstörendster
körperlicher Zuguckbelastungen, die hieraus entnommen worden sein
könnten: aus einer Nico-Hofmann-Farce (deutsch), einer
Bernd-Eichinger-Historienklamotte (deutsch) oder aus mit eigenen Geldern
finanziertem RTL-Eventkino (furchtbar deutsch). Dass Deutschland
tatsächlich an dieser Produktion beteiligt war, bedarf keiner
Überraschung. Denn des Films Stil ist das Deutsche, Verklärende,
Wärmende mitten in einer Wohlfühloase. (Es sei zusätzlich angemerkt, dass eine wüste Schneeballschlacht hierbei beste Unterhaltung ist. Aber das in einem Nazi-Film?) [...]
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