"Champagne" gilt laut eigenen Aussagen als Hitchcocks "Tiefpunkt". Keine Geschichte habe er, dieser Stummfilm, der einen Mittelweg einschlägt zwischen komödiantischer Ausgelassenheit und dekadentem Upper-Class-Drama. Zurückgeworfen wird eine lebenslustige Nutznießerin des Reichtums (wahrhaftig schön: Betty Balfour) aus dem Reich der Höhergestellten in das Elend der Armut. Und alles, was sie anfasst, zerfällt. "Champagne", womöglich ist er nicht der schlechteste Hitchcock, aber man merkt ihm an, dass Hitchcock genervt war vom (umgeschriebenen) Stoff. Umständlich skizziert er eine von drei Parteien belagerte Zicken- und Neurosenrivalität, deren auf den Zufall hin starr konstruierte Wechselwirkungen und unlängst eingerostete Weltanschaulichkeit mit einem Film einhergeht, der ohne Belang seinem die ultimative "Wendung" hervorzaubernden Happy End entgegen stottert. Als würde das Hitchcock mit hochgezogenen Schultern abfilmen – und einfach ertragen müssen. Um die Liebelei aufzupeppen, stilisiert sich "Champagne" allerdings als junge, klapprige Demovariante zwangloser Hitchcock-Fabulierlust, deren Stilelemente der Brite im Laufe seines Schaffens vertiefen sollte: der Kamerablick durch ein Glas (vgl. "Ich kämpfe um dich") sowie die generelle Informationsübermittlung in Blicken, Kreisbewegungen und Überschneidungen; darüber hinaus spielt Nahrung eine übergeordnete Rolle, selbstgemachtes Essen vielmehr, das die Metaphorik hervorhebt, sich einer unvorbereiteten Hilflosigkeit ausgesetzt zu sehen, wenn etwa der Backteig auseinanderfällt. Sonst verhakt sich Hitchcocks "Tiefpunkt". Abgeschmackt und tendenziell anstrengend.
4 | 10