Die Gefährlichkeit von scharfen Messern (hier als Fetischismus konnotiert) in einer gut sortierten Küche wird erst recht nach "Erpressung" drohender Begleiter im Alltagseinerlei. "Knife… Knife… K-n-i-f-e…" dröhnt es von allen Seiten, ein beständiges, pochendes, halluzinierendes Geräusch. Weil Alice (von einem Bild ausgelacht: Anny Ondra) aus Notwehr ihren Vergewaltiger (Cyril Ritchard) in dessen Künstleratelier abgestochen hat, überlagern sich seitdem Erinnerung an eine schmerzliche Erfahrung und Gegenwartsbanalität. In seinem ersten Tonfilm, geprägt ist "Erpressung" vor allem in der sensationell mit Bildinformationen und –schriftzügen gefütterten Eingangssequenz noch durch den Stummfilm, experimentiert Hitchcock mit den in den Kinderschuhen steckenden Klängen, Lauten, Betonungen und schafft es, nicht nur ausschließlich anhand der berühmten "Frühstücksszene", einer Bewegungsspannung zusätzlichen akustischen Gehalt einzuflößen. Vorstellbar ist "Erpressung" ohne Ton deshalb nicht mehr, aber auf den Ton allein reduziert sich das von hoher filmgeschichtlicher Relevanz gekennzeichnete Werk keineswegs. Der kontemplative Rhythmus des minutiösen, durchgeplanten Szenenaufbaus (vgl. "Vertigo") gewährt die Voraussetzung für bizarrsten Mumpitz bis zum British Museum: Der Galgen in Form eines Schattens baumelt um den Hals von Alice. Und Donald Calthrop ist als spitzbübisch-schief grinsender Erpresser zu sehen, der seine kulinarischen Delikatessen sichtlich genießt. Für wenige Augenblicke scheint an diesen Stellen bereits die burleske Schwärze von "Frenzy" durch. Sehr lecker.
6 | 10