Ein kleiner Junge, er trägt den Namen Jim und wird von Christian Bale
enervierend mit undefinierbaren Körperverrenkungen in typischer
geistiger Umnachtung theatralisch gespielt, schließt die Augen, wenn die
Geschichte, seine an derzeitige Orte und Situationen gebundene
individuelle Geschichte, für den Moment beendet scheint. Diese Szene
vermittelt etwas Intimes und Elementares, und zwar, dass Spielbergs
Filme dann in den Abspann übergehen können, sobald jene zarten
Augenlider sanft zuklappen, die repräsentative Botschafter ihrer eigenen
Erzählung versinnbildlichen.
Mit dem vielleicht aus Spielbergs Œuvre etwas entschwundenen,
betäubend erstrahlenden "Das Reich der Sonne", halb historisch verzerrt,
halb gewollt kitschig, erinnert der Amerikaner an das monumentale
Breitbildkino David Leans vor dem Hintergrund zweier lediglich
inoffizieller Kriege im Reich der Sonne, deren Folge vor allem eine des
Hungerns ist. Straßengetümmel, Stadthektik, Belagerung, Menschengewusel
und das ruckartige Gedränge nach vorn und nach hinten, während in der
anderen Richtung der Qualm der Verwüstung über die Beschleunigung der
Verzweiflung aufsteigt.
Spielberg entwirft einen bildnerisch imposanten Rundblick exzessiver
Eskalation, in der er den Krieg als solches einmal mehr aus der
Sichtweise eines Kindes fiktionalisiert. Da überrascht es nicht, dass
dieser Krieg überwiegend zum dramatisierten Zweckmittel mutiert,
vorrangig das zerschnittene Band der Familie zu reparieren. Durchzogen
vom kräftigen Chor John Williams', hinterlässt Spielberg auch hier seine
Unterschrift, wenn er den Aufstand und schließlich die Befreiung eines
demografisch ausentwickelten, gleichfalls aber verharmlosten sowie von
stereotypen Japanern geleiteten Gefangenenlagers an spannungsreichen,
aber auch konkreten expressiven Wendepunkten verortet, zum Beispiel in
einer Szene erlösenden, sensiblen Gesangs, der die Flugkurve des
Flugzeugs mit dem Kopf eines enthusiastischen Dreikäsehochs begleitet
und wiederum direkt aus der leuchtenden Fantasie eines frühkindlichen
Hobby-Modellbauers entstammen könnte.
Obgleich der Film zerfasert auffällt – nicht nur die militärische
Leidenschaft, sondern auch die Freundschaft Jims zu Basie (rational:
John Malkovich) hat unter einer gewissen schwammigen Unschärfe zu
leiden, die weniger durch Worte, als durch sehnsuchtsvolle Blicke und
überstürzte Taten unzusammenhängend präzisiert wird –, reißt Spielberg
nichtsdestotrotz ästhetisch mitunter so stark mit (das Laub symbolisiert
neben der Atombombe in einem Moment vollkommener Seelenruhe die
Vergänglichkeit der Gegenwärtigkeit), dass man selbst im Zustand
omnipräsenten menschlichen Leids ein sich immer wieder aufrappelndes
Kind sein will.
6 | 10