Zwischen "Sieben" und "Fight Club", radikalem Kulturpessimismus und anarchistischer Systemrevolution musste ja was Entspanntes kommen, was zum Zurücklehnen, was leicht Bekömmliches ohne übermäßig auf den Magen schlagenden Fettgehalt. Fincher lässt zwar in "The Game" auch den Revoluzzer heraushängen, sobald er dem von gletscherkühlen Mensch-Maschinen abgeriegelten Kapitalismus traditionelle Werte wie Freundschaft und Liebe entgegensetzt, um sein Riesenarschloch (Michael Douglas) aus dem Zwang des Systems zur Befreiung der Seele zu läutern. Seine Kritik allerdings, die ist nicht wirklich vergleichbar, die ist sanfter, nicht so hasserfüllt, so hoffnungslos wie ein schwarzes Brett vor dem Kopf. Schon allein dadurch, weil Fincher in erster Linie wesentlich bodenständigeres Drehbuchhandwerk filmisch reformiert, ohne visuell zu protzen, weil er eine gediegene (aber nicht minder aseptische) Form Harris Savides' der Substanz unterordnet. Das versteht sich dann als Achterbahnkino mit Purzelbaumgarantie in einer Welt der getäuschten Wahrnehmung, deren Publikum nicht weiß, was es sieht, in dem es rätselt, was es hätte sehen sollen. Mehrfach wird die Rezeption von "The Game" im Hinblick auf den Schlussgag negativ(er) aufgeladen. Tatsächlich verrenkt der Film mit seinem finalen Knall die eigene Intention ins Unglaubwürdige, macht aus einem ernst gemeinten Plädoyer eine Farce, einen Reißer, den man nicht mehr ernst nehmen kann, unabhängig dessen, dass die Pointe zu einem frühen Zeitpunkt bereits unterschwellig vorweggenommen wird.
Fincher, Brancato und Ferris tüfteln also Ideen für etwas aus, was nicht mehr als Überraschung gelten müsste, obwohl ihr Film doch auf Überraschung gebürstet scheint – einer läppischen Lebenshilfe und fragwürdigen Beziehungsnachhilfestunde, wonach erst die gründliche technisierte Recherche den in seinen Handlungsweisen vorhersagbaren Menschen entschlüsselt. Kurzum: Das ist für Fincher unter der Oberfläche einfach nicht mehrdeutig genug, schon gar nicht so fesselnd, so Spektakel, als dass man die Spielregeln akzeptieren könnte. Selten eklatant störten massivste Fehler in der filminternen Logik eines sonderbaren Spiels, das von unfreiwillig komischen Zufällen statt der geforderten Kontrolle lebt, und selten waren Finten fintenloser: die nie existierende Firma, der stehen gebliebene Fahrstuhl, der Stromausfahl, der Taxifahrer außer Kontrolle. David Finchers Souveränität, mit den Meriten des Genres zu hantieren, um der Langweile von vornherein eine Abfuhr zu erteilen (sehr schön ist die Szene in Christines Wohnung, die sich, wie der Film übrigens auch, als Attrappe erweist), ebenso wie Michael Douglas' Darstellung eines einsamen Großstadtmenschen, der den Geschmack am Leben verloren hat, hieven das Spiel dennoch zum mittelmäßigen Pausenvertreib, der es schafft, durch strenge Interieurs, galligen Wortwitz und kühle Kompositionen das einzulösen, was ihm narrativ weitgehend verwehrt bleibt.
5 | 10