Freitag, 21. Oktober 2011

"Niagara" [USA 1953]

 

Leider nicht viel mehr als der ins farbliche Gegenteil verkehrte Noir als illuminierter Traum in satt sprießendem, zwischen pechschwarz und betäubend grell schwankendem Technicolor zweier Naturschönheiten mit sehenswerten Kurven: Marilyn Monroe in eng und üppig, die Niagarafälle in tosend und erhaben, beide tödlich erotisch. Sowohl die Glockenspielmusik als auch zahlreiche Kamerapositionen verfestigen sich zu einem Gesamtbild expressionistischer Hitchcock-Prägung: Der Mord an Rose Loomis (Monroe) wird aus der Vogelperspektive heraus gefilmt, während kein einziger Laut zu hören ist, die Getötete kurzerhand gleichwohl ins Bild sanft hinübergelegt wird. Damit wird dem langsam aushauchenden Leben eine Filmszene von beachtlichem Verständnis formaler Handfertigkeit gewidmet. Das war's dann aber auch schon. Außer Mr. Kettering als schallend lachender Knäckebrot-Chef (Don Wilson) bewegen sich platt gezeichnete Figuren in einer spannungsarmen Symbiose aus unfreiwillig amüsanter Küchenpsychologie (Kriegsheimkehrer = gestört) und melodramatisch ermüdenden Ehezwistigkeiten (Frau küsst anderen Mann, betrügt eigenen Mann, um ihn mit Hilfe des anderen Mannes schließlich zu töten; dieser kann den anderen Mann dennoch überlisten) zum zufallsüberladenen Finale: Mörder zufällig am Fluss, wo er zufällig die entscheidende Frau zufällig auf dem einzig verfügbaren Boot trifft, während später der Treibstoff umso zufälliger ausgeht, sie somit in letzter Konsequenz zufällig auf die Wasserfälle zufällig dem drohenden Tod entgegentreiben. Sehr seicht – und verwässert – schippert "Niagara" demnach den Fällen zu, ohne Substanzielles dem Wasser beizumischen.

4 | 10