Aller Sonnenschweif, alles Licht, alle Luft – die naturalistischen Wucherungen, die impressionistische Kinobilder erschaffen, sind in "Renoir" ein Trugbild. Erbittert versucht sich ersatzweise, die Schönheit gegen die Hässlichkeit zu erwehren, das Scharfe gegen das Unscharfe, das sich vordrängelt. Die Malerei gegen das Schwarz. Die Jugendhaftigkeit gegen die Krankheit. Wir erblicken von Arthritis verstümmelte Gliedmaßen, Kriegsverletzungen, Unfallsnarben, ein stockendes Gehen, ein hinkendes Reagieren. Gilles Bourdos sah kein lehrbuchmäßiges Biopic Pierre-Auguste Renoirs vor. "Renoir" verharrt im Moment, in der Spannung, sich durch kontrastierende Eindrücke zu treiben, Eindrücke von unbedingter Sinnlich- und Schmerzhaftigkeit. Michel Bouquet haucht diesem Renoir Leben ein, konfus-mäanderndes Altherrenschnurren zwischen Libido und Leidenschaft. Er hegt ausgiebigen Kontakt zu seinem neuen Nacktmodel Andrée (etwas zu barsch: Christa Théret), erweckt eine Ästhetik des Fleisches, wird umsorgt und sorgt sich gleichzeitig um seinen Kriegsheimkehrer Jean (etwas fahl: Vincent Rottiers), der als naiv-aufbruchsbereiter Sohn in den Kriegsdient zurück und danach zum Film will. Die zwischendrin plumpen politischen Implikationen schaden "Renoir" nicht, aber sie lenken ab. Wie die organischen Farbkompositionen Renoirs plädiert Bourdos' hochgradig schöngeistiger Film vielmehr dafür, auf einer entlegenen, flüchtig parfümierten Fläche nicht die (sprunghafte) Entwicklung zu erwarten, sondern die (friedfertige) Beobachtung einzufordern; notfalls die Pflicht aufzuschieben, um das zu bewältigen, was unerklärlich ist.
6 | 10