"Picasso – Bestandsaufnahme eines Lebens", so der deutsche Titel dieser Dokumentation, hebt einen Schatz für alle Picasso-Liebhaber, für solche, die es werden wollen, aber auch für alle Bewunderer eines unerschütterlichen Erbes: Einen monumentalen Materialstapel getriebener Inspiration hinterließ Picasso, als er starb. Dem Wühlen kindliche Aufmerksamkeit widmend, dem Auskundschaften, dem, nun ja, dem Staunen per se, ist "Picasso – Bestandsaufnahme eines Lebens" ebenso biografische Abhandlung, das in Stichpunkten ästhetische, moralische wie historische Phasen tiefer Wahrheitserzählung zu einem dialektischen Hintergrund kontextualisiert. Wenngleich Hugues Nancy voller sublimer Ehrfurcht das Leben eines ungewöhnlichen Mannes nachzeichnet, das das Leben gewöhnlicher Männer überstieg, bietet er aufgefächert lehrreiche Überblicksdaten, die in ihren brav chronologisch aufbereiteten Themen zwar nie gänzlich den Duktus eines Wikipedia-Artikels abstreifen können. Aber doch können sich Schatzsucher freuen – Picassos einziges Fernsehinterview wird neben seinen Ateliers auszugsweise gezeigt, während, abseits auflockernder Anekdoten aus erster Hand (über, zum Beispiel, Picassos Frauen, die für ihn in mehrfacher Hinsicht essentiell waren), insbesondere der methodische Simplifizierungsprozess eines gemalten Stiers zu Strichen und Kanten Picassos Philosophie kulminieren lässt, aus dem Vorhandenen stets das Reine und, im Zuge dessen, das perspektivisch Ungekannte abzuschöpfen. So ungeheuerlich, wie sich Picassos Vermächtnis über die Geschicke der Vergangenheit erhebt, so ungeheuerlich schallte es aus diesem flüsternden Formensucher.
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