Wer meint, "Bound" laut Titel als pervertierten Boundage-Exploiter reflexartig wegzuwischen, müsste sofort Handschellen jeden Tagen zum Schlafen benutzen. Das ruppige Regiedebüt der Wachowskis, augenscheinlich ohne viel Lack und Leder, dafür jedoch mit viel Schnaps und rot-weißer Farbe gewürzt, schwimmt zwar im populären Fahrwasser postmoderner 90er-Nischenecken wie Tarantino ("Reservoir Dogs") und den Coens ("Blood Simple"), bereitet aber gleichfalls wie deren Referenzpool den Schritt zu Höherem, Kolossalerem vor. "Bound" verweist auf keine infamen Fesselspielchen, sondern auf das voneinander abhängige Verbundensein zweier durch eine (Nachbarschafts-)Wand getrennte Protagonistinnen aus divergierenden Milieus (Jennifer Tilly, Gina Gershon), die, nach einer gründlich ausgemalten Schlafzimmerromanze, beschlossen haben, die Mafia um eine Menge Geld zu bescheißen – und dabei noch sexy auszusehen. In Ihrem "wasserdichten" Plan haben sie gleichwohl nicht das Kleingedruckte eines exzessiv entrüsteten Joe Pantoliano beachtet, der sich berauscht von den Ausflüchten, Nervenkitzelreaktionen und Zufallsleichen, die er entsorgt, um nicht selber entsorgt zu werden. Suggestive Objektgroßaufnahmen (vgl. Hitchcock), zimmerüberfliegende Kamerawirbel und der Argento-Trickshot von Telefonkabel zu Telefonkabel aus "Vier Fliegen auf grauem Samt" – die Wachowskis spielen mit dem Zuschauer. Sind sie verliebt in sich und ihre Technik? Vielleicht. Bescheiden und, gemessen an der Minimalismusprämisse dieses knüppeldichten, überraschend überraschenden Thrillers, geradezu besorgniserregend geradlinig waren die Geschwister aber (leider) nie.
6 | 10