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Mittwoch, 11. Mai 2016

"Nashville" [USA 1975]


Eine US-Flagge züngelt, wellen- und stoßförmig. Musik lodert, wellen- und stoßförmig. "Nashville" atmet, wellen- und stoßförmig. Dieser Film lebt, er ist ein Monument loser Liebe und mächtigen Meeresrauschens, er ist nicht weniger als die Mikroskopie eines übersättigten Biotops – Robert Altmans New-Hollywood-Evergreen reißt kreuz und quer auseinander, indem er die mit vergleichbaren Mitteln operierende Bindfädenliteratur Don DeLillos offenlegt: Was scheinbar selbstverständlichen Automatismen objektivierter Geschichtsschreibung untergeordnet ist, verwandelt sich in seinen eigenen Mythos, in einen Mythos ausgerupfter Fusseln, der Geschichte nicht mehr "aufdröselt", sondern "verheddert", von Fussel zu Fussel, bis ein Wollknäuel lospoltert. Über 20 Charaktere schillern in "Nashville". Gestrandete, Verlorene, Entwurzelte, entwurzelt zwischen den Szenen. Komödianten und Komödienschreiber, Sänger und Sängerinnen, Talentierte und Talentlose. Ein Stelldichein in einer durchkommerzialisierten Welt beiläufigen Wettstreits. Altman demaskiert eine überkünstelte, trivialpolitische und instrumentalisierende Industrie, die ihre Fäden längst im Privatleben zieht: Unterhaltsam ist, wer es erst werden will, während das, was uns alle angeht, an uns vorbeifährt. Der Betäubung der Gefühle, die in der zwischenmenschlichen Konfliktlösung obsolet geworden sind, setzt Altman die Musik entgegen. Seine Figuren gehen auf in dieser einem Wundpflaster gleichenden Glückspampe, erblühen, schweben in einer Seifenblase. "I'm easy." Manchmal reichen zerfließende Blicke – und die Schwerelosigkeit vor dem Zerplatzen hinein ins ungewisse Blau.   

7 | 10

Mittwoch, 26. Februar 2014

"Grand Budapest Hotel" [GB, D 2014]


Vorerst prototypischer Wes-Anderson-Schwank, hysterisch wie zum Spießrutenlauf, in bizarr-sentimentales, teutonisches Süßigkeitenpapier gewickelt, symmetrisch, hibbelig, noch hibbeliger; schließlich hüpft "Grand Budapest Hotel" nach oben und unten, nach rechts und links, und Szenenabläufe werden von keinen Grenzen mehr behindert, sondern verschlingen und verknüpfen einander in einem Flechtwerk. Wer allerdings gedacht hätte, Anderson ruhe sich auf einem Stil aus, auf den Erfolgen künstlerischer Stagnation, der hat diesen Film nicht gesehen, diesen infantilen, beherzt in Skurrilitäten verknallten Ensemblefilm. Anarchischer war Wes Andersons eigenwilliges Kino der Überdosis vermutlich nicht. Überfallartig kreuzt der Amerikaner Gemälderaubfilm, Gefängnisausbruchsfilm und ein Tableau an Streitkultur über Hotels und Hochwohlgesinnte, die irgendwie alle in einem Boot in die jeweils andere Richtung zu paddeln versuchen. In seiner Bewegungslust, wenn Arme und Beine und Körper vorwärts preschen (aber auch dabei manchmal abgehackt werden), verzeichnet "Grand Budapest Hotel" seinen trashigsten, zugleich aber auch nostalgischsten Gestus: Charlie-Chaplin-Slapstick erweitert Anderson erstmals und montiert mit Hilfe dessen schrägste Playmobil-Verfolgungsjagden, die in einer überkünstelten James-Bond-Schneeactioneinlage zusammenfließen (Blofeld: Zuhälter Willem Dafoe). "Grand Budapest Hotel" ist hierbei dem logischen Umkehrschluss zufolge eine radikale Steigerung artifizieller Anderson-Unterhaltung, bei der unzählige wohlbekannte, (vereinzelt zu) kurz vorbeischauende Gesichter dazu anwesend sind, die richtigen Schalter (oder Typen) an den richtigen Stellen umzulegen – und loszulegen. 

6 | 10

Freitag, 21. Juni 2013

Spielberg-Retro #10: "Vergessene Welt: Jurassic Park" / "The Lost World: Jurassic Park" [USA 1997]


John Williams' heldenmütiges Theme erklingt sehr selten in der Fortsetzung wissenschaftlicher Hybris und prähistorischer Schöpfungskraft. Gemeint ist der Charakter einer Fortsetzung, die dem längst ausentdeckten animalischen Abenteuer keine Sprachlosigkeit mehr zu entlocken versucht, sondern nur noch einen beklemmenden Überlebenskampf musikalisch unauffällig begleitet. Umso comichafter Spielbergs Dinosaurier Menschen jagen, desto weiter entfernt sich der Amerikaner jedoch von seiner eigenen Schöpfung, die seinerzeit in subtilen, mitreißenden Entdeckerwahn verfiel, jetzt aber in eine monotone Mechanik kommerzieller (InGen-)Unterhaltung, schlicht: der Dino-Action, wildert.

Daraus geschlüpft ist ein (deshalb teilweise unfreiwillig) selbstreflexives Kreaturentreiben, dem Spielberg eine Aura des Lustlosen verleiht, eine Aura des geschwätzigen Dialogdünnpfiffs ebenso (zwischen Nerds ihres Fachs!), wie eine des Vertrauensverlustes, Bilder wirken zu lassen, ohne sie redundant zu kommentieren. Ein Unterschied mehr zum Original. Ein künstlerisch ähnlich imposanter Nachklapp stand zunächst wohl nicht im Interesse Spielbergs.  Dabei müssen hauptsächlich die mythologischen Naturgeschichten King Kongs und Moby Dicks herhalten, die Erde vor dem markerschütternden Stampfen des T-Rex' zu beschützen, der den Antagonisten mit hypnotisierendem Augenkontakt sowie ironischem Schwank verkörpert, und mit dem sich zugleich eine Jagdobsession in Gestalt des Kapitän Ahabs herauskristallisiert (Pete Postlethwaite spielt ihn ausreichend brummig).

Wenn ein Schrei in ein Gähnen übergeht, Jeff Goldblum irrsinnig doof gegen Velociraptoren (respektive gegen Kapitalisten) kämpft, gar als T-Rex gehalten wird und fahrbare Kommunikationseinrichtungen schließlich über der Klippe hängen, dann ist Spielberg allzu selten in seinem Element, mit erinnerungswürdigen Höhepunkten zu flirten. Denn auch wenn die Form schließlich triumphiert, exzessiver, ausgestellter, direkter nämlich – irgendwann wird auch ein Vergnügungspark langweilig, sobald die Attraktionen lediglich damit beginnen, sich durch Menschenhand von Jahr zu Jahr marginal zu verändern, um eine vermehrte Anzahl an Besuchern anzulocken.

5 | 10