Posts mit dem Label Holly Hunter werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Holly Hunter werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Mittwoch, 30. März 2016

"Batman v Superman: Dawn of Justice" [USA 2016]


Batman ist die "Fledermaus", Superman das "S", Wonder Woman das "Kleid", Lex Luthor werden die Haare rasiert; er wird zu Lex Luthor. Ob sich hinter diesen chiffrierten Projektionen popkulturellen Überlieferungsmaterials Schauspieler, Menschen also aus Fleisch und Blut, verbergen? Sicher. Mit Ben Affleck und Jesse Eisenberg mithin zwei, die die Hell-Dunkel-Dichotomie von Gotham City und Metropolis eindrücklich vernähen, den introvertierten Städteschmerz, aber auch den extrovertierten Hochmut. Zack Snyder, und mehr durfte man nach "Man of Steel" ohnehin nicht erwarten, nähert sich hartnäckig dem "Symbol" in einem Film, der entschieden entkörperlicht (will heißen: menschenfeindlich) das "Super" der Superhelden am Grad ihrer moralischen wie politischen Geheimbündelei verneint. "Batman v Superman: Dawn of Justice" hätte eine verflochtene Parabel über die Hybris des Übermenschen werden können. Es ist, leider, Snyders narrativster Film: verästelungsgeil, fürchterlich mitteilsam, eben austauschbares Formatmonsterkino, das zentnerschwer einfügen muss, das gar nicht spielerisch vielfältige Spontaneität erproben kann. Dieses epochale Werk steckt in einer Sinnkrise, denn den Inhalten ordnet Snyder seine Bilder unter, obwohl Snyder immer den Bildern die Inhalte aufzwang – möglichst ästhetisch, vor allem vom Zwang gereinigt, verkrampft sein zu müssen. "Verkrampft", ein adäquates Wort. "Verkrampft" führt diesseits zu "schonungslos aus dem Ruder gelaufen", zu "affektiert symbolschwanger" und schlicht zu ängstlicher Clark-Kent-Ödnis.

3.5 | 10

Freitag, 3. Mai 2013

"Blood Simple - Eine mörderische Nacht" / "Blood Simple" [USA 1984; Director's Cut]


Das Kino der Gebrüder Coen ist keines einer mörderischen Nacht, wie uns der deutsche Nebentitel ihres schrullig-schroffen Regiedebüts "Blood Simple" weismachen will. Um Himmels Willen, nein. Ist es mörderisch? Irgendwie schon. Einfach auch. Von Blut erzählt es. Soweit richtig. Aber nicht alle Coens verketten geerdete Einfach- in missverständliche Kompliziertheiten, und zwar nachts. "Blood Simple" gilt als Ausnahme. Denn dort spießen die Coens den Mythos Texas auf. Nach einer einzigen Nacht bleibt vom Mythos Texas ein noch größerer Mythos Texas übrig, darin suhlt sich eine unverschämte Pointe. In Texas laufen die Dinge eben anders, am Anfang sehr und am Ende noch mehr; dort muss der Cowboyhut sitzen und notfalls zurechtgerückt werden, und zwar mehrmals. Dort, in Texas, denken die Kinder, die Zigarette wäre ein Joint. Dort, in Texas, erweitert der Privatdetektiv sein Handwerk in etwas, wofür man eine gute Absicherung braucht.

In Texas wird geschwitzt und gefeiert im heißen Clublicht vor der sabbernden Aufsichtsbehörde, im Hinterzimmer dagegen gestorben und geblutet, post mortem. Seltsame Welt, keine simple. Durch und durch hetereo. Und einsam. Und dann noch diese Ventilatoren, diese Landstraßen und diese Wassertropfen. Dieser eine Wassertropfen, der swingt, nachdem sich alle Beteiligten – die meisten tot – schuldig gemacht haben, weil sie von dieser Coen-Welle schicksalsbesiegelnder Missverständnisse mitgerissen wurden, aufs offene Meer hinaus, wo es keine Rettung gibt, nur das Ertrinken, das Ertrinken in Blut. Das Kino der Gebrüder Coen ist wie ein mörderischer Traum; sie sind die Traumarchitekten des Unterbewusstseins, die mit codiertem Auge allegorische Wechselwirkungen erforschen und uns, den Träumenden, dabei immer mehr Informationen geben, als der Restsippe an Betrügern, Versagern, intellektuellen Falschspielern. An Coen-Archetypen. 

Wir sehen die ganze Zeit über das verschwundene Feuerzeug und rufen diesem dämlichen Typen heimlich zu, dass er doch endlich unter den Fischen nachsehen soll! Wir wollen die Katastrophe abwenden, sehen ihr aber unentwegt zu, müssen es; die Coens wollen unseren Schmerz spüren, sie sind mörderisch gerissen. Wer Träume konstruiert, dekonstruiert Realitätsgesetze. Das ist klar. Von nachhaltiger Akkuratesse beherrschen die Coens eine unorthodoxe Präzisionsökonomie, die jedes Bild zum Kommunikationsträger lakonischer Sinneinheiten erhöht. Sie sehen, was andere schauen. Zum Beispiel den (anscheinend) erschossenen Kneipenboss, der eingesunken auf seinem Kneipenstuhl zusammengefallen ist, vor ihm, auf dem Kneipentisch, liegen mehrere tote geangelte Fische. Alles in einem Bild – natürlich ist das schwarzer Humor, wer käme auf die Idee, das italienische Mafiamachtwort "…liegt bei den Fischen" wortwörtlich zu nehmen?


Die Coens werden nicht müde zu erwähnen, dass der unnötige Ballast an aufgedunsener Handlung, den man eh nicht braucht, vornherein abgeworfen werden muss. In Anbetracht dessen zeigen sie das Nötigste (oder vielleicht auch das Unnötigste), das allerdings eine Geschichte allein zu erzählen vermag: der Sex zwischen einem Licht- und Schattenspiel, mit der Kamera lässt man sich zudem aufs Bett fallen, während der Finger kurz vor der Telefonwählscheibe gegengeschnitten wird, mit dem Finger, der sich auf eine blutige, kreisrunde Stelle auf der Rückbank des (Tat-)Autos zubewegt. Noch Fragen? Die Coens nehmen auch den für sie klassischen Motelkampf vorweg ("No Country For Old Men"), ein irrwitzig-irrealer Gewaltrausch, ein wüstes Finale, das pures Adrenalin ist und selbstverständlich in einem… Missverständnis mündet. 

Überhaupt sterben die Figuren in "Blood Simple" einen dreckigen Tod, werden lebendig begraben und erschossen – die berüchtigte Begräbnissequenz verkörpert einen der authentischsten Gewaltmomente; nach ihm springt sogar der Motor des Fluchtfahrzeugs nicht an. Texas kann böse sein. Dieser Tod der Figuren hinterlässt jedoch, seien wir ehrlich, akute Kopfschmerzen, obwohl schlussendlich der Regentropfen Tango tanzt und der mit zerstochener Hand ballernde Oberfiesling ein letztes Mal die Wände auseinanderreißt, indem er schallend feixt. Man gewinnt ohnehin den Eindruck, dass in diesem Film jeder sein eigenes schallendes Lachen unterdrücken muss. Die Coens analysieren das Leise, sind aber manchmal auch sehr laut. So laut, dass wir ruckartig erwachen. Nur ein Traum, ein Coen-Missverständnis. Beruhigen Sie sich. Gehen wir lieber angeln.

6 | 10

Dienstag, 23. April 2013

Spielberg-Retro #7: "Always - Der Feuerengel von Montana" [USA 1989]


Ins Leben nach einer verlorenen Liebe zurückzufinden, nach Schwermut, Schmerz und Schattenhaftigkeit und der Melancholie aus der Dunkelheit, das ist der Aufhänger für Spielbergs esoterischste, längst in der Versenkung verschwundene, kleine Arbeit. Getreu dem innerfilmischen Gesetz, eingraviert, eingebrannt, eingemeißelt, dass Spielberg seine Figuren erst dann verabschiedet, zwingend verabschieden muss, wenn er sie unter musikalischem Seelenpomp eigenhändig zu Grabe trägt und die wundervollsten aller Blumen niederrieseln lässt, dabei höchstwahrscheinlich sogar eine Träne verdrückt, entscheidet er sich in "Always" (deutscher Beititel: "Der Feuerengel von Montana") schlussendlich, dem Tod endgültig seine tabuisierte, beängstigende Vorherbestimmung zu nehmen. Der verhängnisvolle Fatalismus Tod bezeugt nichts weiter als ein spirituelles, nebendarstellerisches Zweitleben, das der materiellen Wahrnehmung entrückt ist. 

Dieses eher auf intuitivem Fühlen basierende Zweitleben hat die Funktion, zu beschützen, zu lenken und gleichzeitig irdische Glückseligkeit durch überirdischen Himmelseinfluss abzuleiten, einen Sinn im menschlichen Verlust zu finden. Die Summe all' dessen, womit Spielberg dies künstlerisch erfasst, spiegelt den Märchenimpetus seiner Filme ohne die Verfremdung von grundauf neuen Erzählelementen. "Always" wirkt insofern elegisch, romantisch und auch sehr warm, fast heißblütig, dass er ein weiteres Ergebnis jenes wohlgefühligen Spielberg-Kinos verkörpert. 

Der Film hat dabei kaum eine originelle Geschichte zu erzählen, sondern stochert, einmal mehr, entschlusslos in einer überkitschigen Ménage-à-trois, in der übereifrigen Ekstase Flugzeug und der überschwärmerischen Freiheit (thematisch jedoch fokussierter als noch im "Reich der Sonne"), im Tanzen ebenso wie im Lieben, das metaphorisch als handlungsgewichtiges, unlöschbares Feuer definiert wird, stets eine Stelle übrig zu lassen, an der es sich maßlos ausbreitet. Diese Themenkomplexe behandelt Spielberg zunächst geschwätzig. Der Amerikaner ist nicht Herr darüber, die extraordinären Tobsuchtsanfälle und orgiastischen Kichersalven seiner anstrengenden Schauspieler zu unterbinden, so, als ob es nur überkünstelte Gefühlsaufwallungen geben muss und geben darf. 

Besonders John Goodman, der auf seine Rolle als ungebändigter (später gar feuerroter!) Pfiffikus küchenpsychologisch reduziert bleibt, verschenkt Spielberg, während er Richard Dreyfuss (spleenig) im Dies- und Jenseitskampf um seine Geliebte Dorinda (eine umschmeichelte Schönheitskönigin, die vor aller Liebe, statt Salz zu verschütten, den Tiefkühl-Hühnerbraten aufwärmt: Holly Hunter) mit Feel-Good-Königin und Friseurin Audrey Hepburn konfrontiert. Was für eine Sause! Eine Sause, bei der man das klebrige Gefühlspathos ertragen muss, um zu den selbstreferentiellen Bezügen vorzustoßen. Denn Spielberg zelebriert vor allem den unverminderten Spaß am Zitat, und das ist selbstredend am interessantesten. Das Kleid in der Schachtel aus "Jäger des verlorenen Schatzes" etwa, die das gesprochene Wort abwürgenden Propeller aus "Der unsichtbare Dritte" (wieder Hitchcock), das Busproblem aus "Duell", aber auch eine Einstellung mit einem Fischerboot, deren Hintergrund ein langsam näher rückendes Flugzeug in Gestalt des... weißen Hais schmückt. 

5 | 10

Freitag, 27. Januar 2012

"Die Firma" / "The Firm" [USA 1993]


Herr Anwalt im halbseidenen Gewerbe, das sich außen seriös, innen nebulös gibt, und alsbald Opfer des Verfalls moralischer Sitten – und im widersprüchlichen Kreuzfeuer von Ideal, kriminelle Machenschaften trotz Eid aufzudecken, und Ethos, das Gesetz für die zwielichtige "Firma" so zu biegen, dass es nicht bricht. Was tun, was nicht? Anwälte gegen ihren Arbeitgeber. Gutgläubigkeit gegen Abgeklärtheit. David gegen Goliath. Es ist das Grisham-Sujet. Literarisch bekannt, mehrfach filmisch verarbeitet. Und zu oft zu trocken gebraten, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, Sauce darüber zu gießen. "Die Firma" zählt allerdings insofern zu den besseren Grisham-Empfehlungen, als dass sie in ihrer präzis-unaufgeregten (obwohl kein Grisham-Plädoyer oder eine einzige Szene im Gerichtssaal stattfindet), hauptsächlich aber auch windungsreich-dichten Konstruktion beileibe nicht durchgängig fesselt, jedoch – am wichtigsten – zunächst fesselt, was den staubigen Tenor besagter Trockenerzeugnisse widerlegt, der bisweilen zu ersticken droht. Sidney Pollack adaptiert den verschachtelten Verschwörungsstoff vor gemütlich-heimeligen Innenaufnahmen rundheraus ebenso souverän wie besonnen im Dienste des Machbaren des Drehbuchs und Umänderns der Vorlage, Subtilität heißt das dann wohl, kein überflüssiger Haken, der da hineingehört. Mitunter in Überlänge (Cayman Island), Konvention (die Fußverfolgungen, das Ende gerät im Vergleich zum politisch unkorrekten Romanhöhepunkt außerdem 'ne Prise zu konstruiertem wohlfühl-Eierkuchen) und zähen Liebesquatsch verklausuliert, statt der Hierarchie des Anrüchigen Tribut zu zollen (die als Handlungsmotor dienenden Todesfälle werden zügig eingetauscht), ist "Die Firma" ein Stück unterhaltsame Spannungsdramaturgie mit prachtvollem Liebesklavierthema (Dave Grusin, Lyle Lovett). Wenn Pollock nicht gerade parallel schneidet, klebt er – und das ist völlig verständlich – an seinen Schauspielern, die zwei Händevoll flapsigen Sarkasmus schenken: Mitchs (Tom Cruise) geflüstertes, für den Zuschauer ungehörtes, Geständnis ins Ohr Abbys (knuddelig: Jeanne Tripplehorn), wenn diese im Anschluss daran ins Gebüsch davonrennt, um den unwissentlich installierten Abhörmechanismen zu entkommen und sich in vertrauter Atmosphäre endlich ungestört auszusprechen. Cruise (<3), Hackman (latent melancholisch und doch Idealist!), Harris ("Kacke!"), Busey (unorthodox), Hunter (noch unorthodoxer), Bell (Jigsaw), Sorvino und Viterelli (das Klischee-Mafiapaar) sind die Stars, denen man dabei zuschaut, wie sie sich gegenseitig belauern und herauszureden versuchen. Bloß keine Kopie vergessen!

6/10