Hitchcock nannte sie despektierlich die "Wahrscheinlichkeitskrämer". Die Wahrscheinlichkeitskrämer würden an "Dressed to Kill" verzweifeln: Auch bei Brian De Palma, hier: Hitchcock-Epigone, geht es um keine Geschichte, die mit kausalen Verbindungsstücken erzählt, sondern um eine, die illustriert. Da passt diese eine Szene, als Angie Dickinson (ebenso anbetungswürdig: Dennis Franz als polizeilicher Blindgänger) durchs Museum rast, um ihren One-Night-Stand einzuholen. Mit wie viel Verve die Bilder tänzeln, an Objekten kleben und voyeuristisch belagern, stehen bleiben und vorwärts preschen, wie zwei Autos, die sich belauern, bevor sie beschleunigen. "Dressed to Kill" ist tatsächlich ein Besuch in einer Kunstgalerie. An den Wänden sehen wir einzelne zusammengestellte Gemälde und Geschichten, filmisch stellvertretend für unabhängige Sequenzen und narrativ entkoppelte Situationen. Zwischen sexualpsychologischer Giallo-Eleganz (Pino Donaggio seift mit wonnigen Klängen ein) und extensivem Suspense (unglaublich: die U-Bahn-Verschachtelung) gilt "Dressed to Kill" als einer von De Palmas formalistischsten Bewegungsthrillern, der in einer lustbetont-selbstzerstörerischen Symphonie (Sex als Surrogat für das Vorspiel des Mordens) mit Schmackes, Spucke und Schmuddel durch Abschnitte einer bedrohlichen Fleischesschau g(e)leitet und im Bildwinkel das Ausschlaggebende festhält. Seine Unterkühltheit, Erotik, Spannung, Miträtseln einem Ausstoß an geschniegelten Kameraperspektiven zu opfern, darf man De Palma vorwerfen, aber seine ichbezogenen Feinjustierungen erlauben andererseits ein munteres Figurengeplänkel bis zum Funkeln.
7 | 10