[...] Wo "Nymphomaniac 1" Vollmilchschokolade und Eierlikör war, ist "Nymphomaniac 2" Bitterschokolade und hochprozentig. Der erste Teil, ein
Jux. Der zweite, ein Magenhieb. Licht und Dunkel. Insofern ergibt die strikte Zweiteilung Sinn. Nach einem flotten
Einstieg in vergleichsweise mittelschweren Blümchensex ("Nymphomaniac
1") beginnt "Nymphomaniac 2" schwermütig den Zerfall zu zeigen, wenn
eine zunächst zwanglos fabulierte Lebensgeschichte ihre Finsternis
offenlegt. Jetzt ist daraus ein Manifest über gesellschaftlich geächtete
Sexualität geworden: über Sadomasochismus, Homosexualität und
Pädophilie. In schweren, ausgetrockneten Bildern konterkariert von Trier
das Stimmungsbild des ersten Teils. Auf dem Höhepunkt des Glücks setzt
er einen Schnitt. Die Gunst des Schicksals verstummt. Joes (jetzt
dauerpräsent: Charlotte Gainsbourg) intimer Erlebnisbericht stoppt dort,
wo sich gleichzeitig ihre größte Angst manifestiert: beim Orgasmus und
seiner Energie, die keine Sättigung mehr freisetzt. Um ihn, den Moment
tiefster Lust, zu reaktivieren, nimmt sie im wahrsten Sinne des Wortes
die Peitsche in Kauf. Hier ist "Nymphomaniac 2" entschieden mehr Lars
von Trier, mehr Verweis auf das Schaffen eines Auteurs sperriger
Emanzipationsdichtungen. Mehr ungefilterte Schönheit und einnehmende
Hässlichkeit. [...]
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