Das Meer als transzendente Erfahrung, ein Mann, sein Bott. Der Mann
(gekentert: Schlachtschiff Robert Redford), Name, Herkunft, Leben
unbekannt, im orangefarbenen Regenanzug rutscht, schlittert, repariert
und trotzt den Naturgewalten, bis das orangefarbene Bündel erschöpft
zusammensackt. Das Orange bedeckt einige durch Trockene und Nässe,
ebenso wie Neugierde und Angst kontrastierende Extremerfahrungen später,
im aufgeblasenen Rettungsschlauchboot, die gesamte Leinwand. Sie färbt
sich so grell, dass die grob hereinbrechende Ästhetik in diesem
minimalistisch abgesteckten Survival-Nahtodtrip wahrlich befremdlich
anmutet: bildbreite Flächen, Lichtpartikel, Wasserspritzer, Turnschuhe,
Materialfragmente, hauptsächlich virtuos ab- und auftauchende Bilder,
die, statt mit dem Dialog doppelt auserzählen zu müssen,
authentisch-surreale Geräusche extremer Unmittelbarkeit wahrnehmen. "All
is Lost" ist ein Film schwankender, wirkmächtiger Bewegung eines in
Schieflage geratenen Mannes, der macht, weil er es machen will und muss,
um zu überleben. Zu äußerster Zentralisierung getrieben, kann die
Kamera nicht wegschenken von Redfords empathischer, stummer Figur, die
im strömenden Regen per aufgeschlagenen Händen Schuld ablädt; so ein
Film ist das, der in penibel auskomponierten Bildern grübelt und einen
Rhythmus des Denkens schafft. "Das Rettungsboot" von Hitchcock bricht in
die Moderne ein, und auch wenn die Klischees des maritimen
Kammerspielsujets durchgerattert werden und der abgeschliffene Schluss
den aufgestauten Defätismus relativiert – "All is Lost" ist
bewundernswert beobachtet.
6 | 10