Zwei Boxer streiten sich um eine Frau. Die Unzuverlässigkeit der Liebe.
Der Argwohn. Die diabolisch schielenden Augen und ihre vernichtenden
Blicke. Zugehörig der charmant-schüchternen, folgenschweren Komödie in
Abhängigkeit des bereits Ende der 20er in seiner ausrechenbaren
Schablonenhaftigkeit durchkalkulierten Sportfilms, wenn der Erfolg
stirbt, die Bläschen des Champagners sich auflösen und der entscheidende
Endkampf mit dem letzten (glücklichen) Schlag das herbeigesehnte
kathartische Triumphgefühl allem Zweifel zum Trotz beschwört, hofiert
"Der Weltmeister" einen Hitchcock-Wesenszeug, den wir kaum noch zu
kennen glauben. Hitchcock konnte nicht nur unnachahmlich hinterlistig
sein, sondern auch maßlos lebenslustig. Eines dieser mit Leben
vollgestopften Werke ist "Der Weltmeister", ein früher, enorm
nostalgisch-hölzerner Stummfilm, der als Vorbote gesehen werden kann,
erste rudimentäre Beobachtungen und Formalismen in einem assoziativen
Bildrausch festzuhalten. Dessen visuelle Tragweite reicht bis zu jenen
symbolischen Dekorationen, die Hitchcock zur Dramatisierung des
Erzählmaterials wiederholt gebrauchen würde: Point-of-View-Shots (sogar
aus dem Blickwinkel eines Betrunkenen), Überblendungen (das Gesicht der
zu verdreschenden Person, projiziert auf eine Boxbirne), der Einsatz
doppeldeutig deklarierter Requisiten, genauso wie thematische und
emotionale Gegenkontraste (Karussell – Boxarena). Als Fügung aller
Bausteine, die zusammengenommen einen der allerersten "standesgemäßen"
Hitchcock-Filme ergeben, bewegt sich "Der Weltmeister" in einem
stimmungsvollen Tempo durch jene Saat, aus der zunehmend Film- und
Genregeschichte sprießen sollte.
6 | 10