Man traut sich gar nicht zu glauben, wie sich künstlerische Ambitionen
verändern können, und was für reduzierte, lakonische Kreativfrühwerke
sowie Hobby- und Studentenfilme die bekanntesten Erfolgsregisseure von
heute realisierten. So auch Christopher Nolan. Insgeheim flirtet
"Doodlebug", einer der ersten Kurzfilme des so umstrittenen wie
gefeierten Messias, mit allem, was in den Blockbuster-Jahren Nolans zur
Ausgestaltung seiner Themenschwerpunkte gehören wird. Nicht nur an
strukturellen Endlosschweifen, die auf Überraschungen, Irritationen und
Pointen fußen, zeigt sich "Doodlebug" interessiert – das
(mechanisch-manische) Prinzip der Überlappung und Überladung, hier in
Form einer körperlichen Vervielfältigung dargestellt, ist maßgeblicher
Bestandteil der Erzähltechniken von einer Reihe an Nolan-Filmen, etwa
"Prestige" oder, noch zentraler, "Inception". Zusätzlich thematisiert
der Film einen Protagonisten (Jeremy Theobald), der in seinen
psychotischen Wahnvorstellungen und pathologischen Realitätsstörungen
dem Kreislauf der rationalen Welt entfliehen will, um maximale Freiheit
für sich zu beanspruchen. Ein Protagonist, dessen Nachfahren Figuren
sind, die Jahre später in "Memento" und "Insomnia" wiederauferstehen.
Für sich allein betrachtet, funktioniert "Doodlebug" allerdings auch
ohne den Versuch, den Kurzfilm in den Nolan-Kosmos einzugliedern. Es ist
in erster Linie eine ironische Arbeit, die in ihrer Reduktion und
Beobachtung, in einem Zimmer alltägliche Dinge in groteske Paranoia zu
verwandeln, eine verspielte, unkommentierte Strenge aufweist, die Nolan
leider kaum noch gebraucht.
6 | 10