Mittwoch, 23. Januar 2013

"Alien - Die Wiedergeburt" / "Alien: Resurrection" [USA 1997; Extended Edition]


Wir schreiben fast die Jahrtausendwende in unserer Zeitrechnung, und irgendwann da draußen schlüpfen sie noch einmal (unter Zwang), 200 Jahre nach dem letzten Gefecht. Nach einer Bande Weltraumschürfer, dem Militär und einer Bande Weltraumgefangener stolpert diesmal eine Bande Weltraumschürzenjäger in ein Raumschiff, dessen biologische Extremexperimente einen an und für sich autoritär gefestigten Ort in eine Schlangengrube verwandelt, voll an tropfendem Schmodder, abgebissenem Fleisch und verdrehten Genmutationen in vergilbten Einmachgläsern.

Das Konzept einer "Wiedergeburt" erschließt sich einem sofort, denn was liegt schon näher, als nach dem Tod die Regler noch einmal auf null zu stellen, um dahin und dorthin zu zeigen: Die bornierte Wissenschaft muss sich selbst nach drei gescheiterten Versuchen einmal mehr einem beängstigenden Fatalismus stellen, in diesem sensationell trashigen Film, der keine neue Tür öffnet, der vielmehr die vierte Handschrift des vierten Regisseurs auf der vierten Tür trägt, zwischen exzentrischer Flapsigkeit und satirischem Understatement oszilliert, der allzeit bereit ist, sich keinen Illusionen unterzuordnen, ein Franchise zu ergänzen, anstatt zu koppeln.

Jean-Pierre Jeunets vierte Reiberei gegen die unbezähmbaren Biester ist ein rückwärtsgewandter Schlachtspaß auf Droge, der seine drei Vorgänger als permanent ekstatisch vibrierenden, flirrenden Actionmarathon ebenso selbstreflexiv wie pointiert herbeizitiert (der Bordcomputer ist nunmehr männlich). Ob unter Wasser, in lichtzwinkernden Maschinenhallen oder mit dem Flammenwerfer auf dem Rollstuhl voran: Wenn der Whiskey als Bauklotz erst erwärmt werden muss und die Kamera in ihrer Bewegung durch hektische Situationen lieber sachte dahingleitet, dann wird die Liebe, die Lässigkeit eines Filmemachers spürbar, der jedes Fragment präzise auf dessen Ironie überprüft. Ein Bekenntnis zum Camp und Fake.

Dank einem muskelbepackten, sehr erotischen Darstellergespann (der heimliche Star dürfte der haarige General Perez sein, als er speziell nach seiner amerikanischsten aller amerikanischen Salutgesten entlarvenderweise ein Stück Hinterkopf betrachtet), das sich rotzfrech die Interaktionsregeln schenkt (Tarantino wäre erfreut, wenn jemand bei einer Fußmassage stöhnt), verfehlt Jeunet gerade jene erzählerische Mehrdimensionalität nicht, die erst ein emotionales Fundament errichtet, das als Konsequenz vor dem zerstörten Eiffelturm schlussendlich seltsam poetisch wirkt – sowohl ein Roboter (Call) als auch ein Alien-Mensch-Mischwesen (Ripley) sind in dieser dekonstruierenden Maßlosigkeit, in dieser abstoßenden Welt der gleichermaßen moralischen und materiellen Überreste, tatsächlich menschlicher… als der Mensch. 

6 | 10