»HELLRAISER - DAS TOR ZUR HÖLLE«
(GB 1987; Regie: Clive Barker)
Umzug. Ein Bett soll in das neue Haus transportiert werden. Anstrengend
ist es, es wird vor Kraftanstrengung gestöhnt, der Ehemann flucht.
Parallel erinnert sich die Ehefrau an ihre heimliche Affäre mit dem
Bruder ihres Mannes. Sex und Gewalt stehen in stillschweigender
Vereinigung beisammen, das Stöhnen erstreckt sich über zwei surreale
Momente völliger brutaler Gefangennahme übergangslos hinweg und ist nur
noch ein einziger zusammengezogener Klagelaut. Der Schnitt kontrastiert
die Pein im Angesicht der Lust, den Schmerz als Erfüllung dessen, was
Liebe heißt. Clive Bakers "Hellraiser" wildert trotz dem (vorläufigen)
Sieg der Jungfräulichkeit in den Untiefen sadomasochistischer
Erlöserstrategien. Zugestellt mit biblischem Konfetti (ein
Bruderkonflikt) und finsterem Ekel (ein schlapp herabbaumelndes Geflecht
an Hautfetzen), schildert der Film in mythologischem Terror die
verkaufte Seele als Ausverkauf der Menschlichkeit in einer lüsternen
Welt. Barker gießt diesen Klassiker an Verdammnis in schiefe
Kamerawinkel, allegorische Farben und suggestive Endlosmontagen, spielt
mit dem gesamten Spektrum jener Ecken und Kanten, die sein zugedrückter
Handlungsraum hergibt, während sowohl die ausgefallenen Kultmasken als
auch manch' makabrer Gag (im Krankenhaus umfasst das TV-Programm sich
entfaltende Pflanzenblüten) brodelnder Fantasterei keine Bevormundung
aufzwingt. Clive Barker verkauft die Eintrittskarte zur Vorhölle, deren
Willkommensschild nur eines bedeuten kann: Willkommen zur Geburt des
neuen Fleisches, ewiger Narr.
»HELLBOUND - HELLRAISER II«
(GB 1988; Regie: Tony Randel; Unrated)
Wenige Stunden nach dem ersten Teil einsetzendes Großmannssucht-Sequel,
das per Ansage ein unwiderstehliches Zeichen setzt. Denn Christopher
Youngs sakral-pompöse Musik akzentuiert die einleitenden Schriftzüge,
indem sie mit Donnerpeitschen und Gebrüll den Film nicht zum Film,
sondern den Film zur Fortsetzung formt, wo ja alles etwas mächtiger sein
muss. Den Haunted-House-Charakter behält sich Tony Randel pointiert
bei, verlegt er doch den Schauplatz zur klinisch-bizarren Irrenanstalt,
um einige bestialische Fleischesgelüste später (die Rasiermesserszene)
die Besucher an der Höllenpforte noch einmal zu begrüßen und sie diesmal
direkt hinein zu geleiten. Obgleich sich die erste Hälfte etwas zieht
und den Originalstoff noch einmal mit Hilfe von Rückblenden unnötig
aufwärmt, verliebt sich Randel kontinuierlich in sein architektonisches
Tunnelsystem der Zenobiten, irgendwo zwischen illusorischer
Escher-Klaustrophobie und apokalyptischer Jahrmarktseuphorie. Schwarzer
Arzthumor, eine fleischige Lichtsetzung sowie ein Schwertransporter
abgerissene Haut ballen sich zur magischen, vor allem
ekstatisch-überschäumenden Deformationsvielfalt ohne Tabus, die, gemäß
den Regeln eines Nachklapps, seine Gegenspieler zwar menschlich
entmystifiziert, aber sich trotzdem die weitaus größeren Geheimnisse
beibehält. Die Ideendichte ist beindruckend und kaum aufzuhalten: Wie
das hervorströmende Blut eine nachgestellte Attrappe von Julias Zuhause
in der Zenobiten-Welt ramponiert, spült der Film alles hinfort, was am
Körper angewachsen ist. Wortwörtlich. Ein blutiger Todeskuss ans Genre
ist das.
»HELLRAISER III - HELL ON EARTH«
(USA 1992; Regie: Anthony Hickox; R-Rated)
Dritter Franchise-Blutnachschub, drittes hochtrabendes Endzeitintermezzo mit dem erneuten Versprechen, unsagbare Reichtümer in der Endlichkeit einer tristen Alltagsverbitterung zu suchen. Das einzige, was laut Pinhead, dem Verführer und Schlachtmeister, zähle, sei das Fleisch und dessen Formen. Wissen wir. Eingeladen zu einer entarteten Party im Neonflutlicht unweit von allerlei verschrobenen Objekten, die für einen ebenso entarteten Kunst- und Kulturgeschmack stehen, bläht sich "Hellraiser III" zum Abzählreim herunterbetenden, die meiste Zeit über jedoch wirklich sehr langweiligen und sehr, sehr pseudohippen Rockerlaufsteg auf, der seine missgestalteten Spielzeug-Zenobiten und seinen angestauten Höllenlärm in der menschenleeren Tristesse von Manhattans Innenstadt als karikatureskes Actionspektakel verkauft, das mit der Grundidee subtiler, spiritueller Urbegierde nicht mehr viel gemein hat. Wurde der Titelantiheld bereits im Vorgänger stückweise einem vermenschlichten Hintergrund untergeordnet, latscht der dritte Teil umso plakativer auf Pinheads Martyrium, um in einigen sagenhaft doofen Kriegsrückblenden eine unfreiwillig burleske Seelenschau herauszuarbeiten, deren Schwerpunkt lediglich von kläglichen Figurenskizzen in Lack und Latex sowie vorhersehbaren Brachialschocks unterbrochen wird. Nichtsdestotrotz benennt sich Pinhead irgendwann als Jesus, wohingegen er mit Billardkugeln killt und sein erstes Opfer beim Sex beobachtet, das den Orgasmus in einer fliegenden Superman-Pose intensiviert. Es ist auch dieser Würfelgag am Ende, der diesen Höllenfilm nicht völlig zum Inferno ohne Feuer abkühlt.
Gesamtwertungen: 6 | 10 6 | 10 3.5 | 10