Samstag, 3. November 2012

"Planet der Affen" / "Planet of the Apes" [USA 1968]


"Planet der Affen" ist kein rundum affengeiler Klassiker (Charlton Hestons limitiertes Schauspiel neigt in ähnlicher Weise wie die seinerzeit sicher bahnbrechenden Chambers-Masken samt ulkiger Affennamen eher zur unfreiwilligen Belustigung), aber ein Filmklassiker, der die Jahrzehnte fast ausnahmslos in wenig kränkelnder Verfassung überstand, weil seine beträchtlich zivilisationskritischen wie politisierten Nebentöne zeitlos klingen.

Zu Beginn wirkt alles tropisch, obgleich gottverlassen in Anbetracht destruktiver Menschheitskräfte: zerklüftete Felsvorsprünge, staubige Wüsten, paradiesische Wasserfälle, Sonne, Meer, Hitze. Jerry Goldsmiths vielseitiger Score klimpert sanft schwingend und trampelnd industriell, während zwei mit ihrem futuristischen Raumschiff abgestürzte Weiße und ein Schwarzer (!) die Bekanntschaft (halbnackt!) mit seltsamen Wesen machen: stumme Menschen, die von sprechenden Affen für Versuchsexperimente Richtung Lobotomie gejagt werden.

Ab da wird's utopisch. Und kritisch. Kritik am Rassismus innerhalb des von den Affen strukturierten Kastensystems, Kritik am Kolonialismus, Kritik an der Überheblichkeit evolutionärer Einmaligkeit, Kritik am religiösen Fundamentalismus, der sich gegen wissenschaftlich erbrachte Beweise stellt, Kritik an Tierversuchen, wobei Schaffner die Verhältnisse ironisch kontrastiert – der (intelligente) Mensch als (primitives) Tier wird vom (primitiven) Tier als (intelligenter) Mensch in Käfige gesperrt.

Nicht das einzig Clevere in dieser ebenso cleveren  Satire: Die Gerichtssequenz entkleidet punktgenau jene auf Menschenrechtsverwässerung, Blindheit und Fanatismus fußenden Theokratie (inklusive: die gesellschaftliche Einteilung in Judi-, Exe-, und Legislative), die sich die Affen zu Eigen gemacht haben, um im Gegensatz zu den selbstzerstörerischen Menschen ihre Gattung scheinbar lange zu erhalten. Summa summarum ist Schaffners Original unterm Strich sowohl eine mehrdeutige Allegorie an die unbezwingbare Freiheit im Menschen und der Unterdrückung von Minderheiten als auch ein subtil eingebettetes Abziehbild mal bewusst, mal unbewusst sozialkritischer Abarbeitungen weltpolitischer Ereignisse innen- wie außenpolitischer US-Taktik (Studentenproteste, Vietnam, Watergate, Kalter Krieg), das sich in dem rücksichtslosen Handeln der Mächtigen (Affen) gegenüber dem Volk (Menschen) manifestiert.

Andererseits ein straighter Genrefilm, selbstverständlich, nicht immer, aber immer öfters stimmig im Balancieren zwischen der Jagd und geruhsamen Schweigemomenten (erwähnenswert: Linda Harrison), mit einem tragischen Menschheitsliebhaber aus einem zynischen Menschenverächter in der Hauptrolle, der in den Überresten der Freiheitsstatue die Überreste seiner gescheiterten Kultur erblickt. Welch' ikonografisches Bild.   

6.5 | 10