»DER SPION, DER MICH LIEBTE«
»THE SPY WHO LOVED ME«
(GB 1977; Regie: Lewis Gilbert)
Dem zehnten Bond-Apparativ "Der Spion, der mich liebte" durchzucken wahrlich tollkühne Unwahrscheinlichkeiten und schrullige Übersteigerungen in Form der bis dato waghalsigsten Material- wie Technikdemonstration der Bond-Historie. Was Lewis Gilbert hier unter Kontrolle seiner um sich schlagenden Arme dirigiert, ist nicht viel mehr als "Man lebt nur zweimal" zweimal um die eigene Achse gedreht – und doch tragen die verschlingenden Schiffshäfen, die spinnenförmigen Forschungsfestungen, die transformierbaren Fortbewegungsmittel und der ägyptische Hieroglyphenkitsch einer verschwenderisch dekorierten Kontinentreise von Ken Adam dazu bei, dass Gilbert das Meer zur Abziehfolie nautischer wie materieller Poesie verdichtet. Die unvereinbare Widersprüchlichkeit des Wassers repräsentiert hierin den Stützpfeiler eines Films, der sich seinem umschlingenden Weltenbau hingibt. Interessanterweise trifft Roger Moore nach "Leben und sterben lassen" ein zweites Mal auf die standhafte Schmerzlosigkeit des "tödlichen Metalls" (pfundig: Richard Kiel). Barbara Bach als blasierte Agentin auf der anderen Nationenseite leitet hingegen die häppchenweise vonstattengehende Gleichrangigkeit des Bond-Girls ein und vertieft automatisch das Verhältnis anglo-sowjetischer Kooperation, pünktlich gegen Ende der 70er. Aus der Harmonie Moores und Bachs beeinflusst der Film geschliffene Screwball-Frotzeleien, was in einer Lightshow unweit der Pyramiden Kairos kulminiert: Moore, Bach und der Beißer stehen sich gegenüber, im Licht, im Schatten. Das Orchester im Hintergrund charakterisiert die Figurenkonstellation mit verstörenden Klanggebilden.
»MOONRAKER - STRENG GEHEIM«
»MOONRAKER«
(GB, F 1979; Regie: Lewis Gilbert)
Das Tempo ist bis zum letzten Drittel schwerelos lahmarschig, der mittlerweile dritte Bassey-Song kraftlose(re) Routine, Michael Lonsdale ein kläglicher Wicht ("Sterben sie gut!") und die Sinnlosigkeit überschreitet das Ertragbare dessen, was ohne Schamesröte durchzustehen scheint; das ist "Moonraker", eine Ode an den übermannenden Schwachsinn, schwachsinniger als "Diamantenfieber", aber schwachsinnig gut. Ursprünglich sollte "In tödlicher Mission" der nächste Bond sein, aber extra für "Star Wars" katapultierte sich das Franchise vom Wasser in den Weltraum, unterstrich nebenbei, dass die Bond-Filme auch den eskapistischen Wunschtraum eines unerreichbaren Ortes in der Wirklichkeit verankern – nur dass der Wunschtraum erlebbar wird, für Bond, für seine Zuschauer; und hier auch mehrmals: Dies ist einer der lebendigsten, der prachtvollsten Reise-Agentenfilme. Wenn "Moonraker" allgemein nicht verbissen dem Lewis-Gilbert-Remake-Konzept entspricht, dann vermengt er futuristischen Glanz und ein überbordendes Schmierentheater infantiler Zoten. Wenn Bond persönlich nicht damit beschäftigt ist, absurdeste (Beißer-)Attentate, wahlweise im Schwerkraftsimulator, im Museum, auf einer Gondel oder gegen eine Python, zu umschiffen, dann erteilt er die haarsträubendsten Verbalseitenhiebe und testet das pfiffige Kofferequipment seiner Schlafzimmerbekanntschaft, unter anderem ein flammenwerfendes Parfum. Aufgrund des Verliebtseins des Beißers, seiner ersten gesprochenen Worte und dem Seitenwechsel erfährt der Film, davon einmal abgesehen, unerwartet zärtlichen Gefühlsüberschwang, der einen Engel aus dem Monster erschafft.
(GB 1981; Regie: John Glen)
Mit "In tödlicher Mission" empfahl sich John Glen in der Gestalt eines gleichermaßen veritablen Handwerkers wie abgeklärten Koordinators, der die James-Bond-Reihe in den kommenden fünf Runden begleiten sollte und sie in ein unberührtes, ein neues Jahrzehnt überführte. Runde eins, "In tödlicher Mission", gönnt sich wieder alle Freiheiten im durchgängigen Fabulieren jener sensiblen (griechischen) Verträumtheit, die das hauptsächlich im rasanten Blofeld-Prolog und in den noch übermütigeren Schneeszenen zugrundeliegende Vorbild "Im Geheimdienst Ihrer Majestät" ambitioniert nachbuchstabiert, wenngleich Glens Beitrag die beißende Zweideutigkeit minimiert und anhand einer energischen Belagerung teuflisch guter Action-Rhythmik das Protzen gelenkiger Verfolgungskunst maximiert. In der Gelben Ente, im Opiumwarenlager, an einer Skischanze, an einer Felswand, gegen drei Eishockeyspieler, gegen einen Unterwasserroboter, im Meer mit Haien und scharfen Riffen: Vielfältig ist sie geworden, die Dramatik, und Moore personifiziert einen weiterentwickelten, einen gereiften, einen vermenschlichten Bond, der sich teamfähig zeigt, der vor allem ein geschlechtliches Angebot ablehnt, blutet, Beziehungen langsam angeht (hinreißend: Carole Bouguet) und den Poncho aus "Moonraker" glücklicherweise am Garderobenhaken gelassen hat. Bond, der Cowboy, mutiert zum Kavalier der einsamen Herzen, die auf Rache sinnen. Nach Popcorn und dem Griff in die Süßigkeitenschüssel giert "In tödlicher Mission", es ist ein fetziger Bond-Film mit Chuzpe, dem Lotus und ohne Musikunterbrechung.
Gesamtwertungen: 7 | 10 6 | 10 7 | 10