#7
»AN DER GRENZE«
»ONE BREATH«
(E08)
An der Grenze von Leben und Tod in einem auf dem Wasser treibenden Boot, das von den Lebenden gezogen oder vom abgerissenen Seil fortgetragen wird. Scully schwebt in Lebensgefahr, hat Visionen, bevor sich das Boot entscheidet, in die Wirklichkeit zu schippern, wodurch sich ihre Augen langsam öffnen, sie blinzeln Leben; und Mulder lächelt wieder. Dramatisches spielt sich ab in dieser Folge. Mulder steht kurz vor der Kündigung seines Jobs beim FBI, was zu einer nachdenklichen Szene führt, in der Skinner von seinen Kriegserlebnissen in Vietnam erzählt. Scullys gesundheitlicher Zustand wird derweil metaphorisch chiffriert, während die Episode ungekünstelte Gesten beisteuert: Mulder bricht weinend zusammen, Skinner zerreißt Mulders Kündigungsschreiben und der Zigarettenmann bewahrt sich seine Arroganz selbst unter Androhung des Todes in seiner Wohnung.
#6
»TOTENSTILLE«
»DOD KALM«
(E19)
Zwei Theorien für einen äußerlichen Alterungsmechanismus an Bord eines verwaisten, Rost blutendenden Frachters auf offenem Meer ohne Navigations- und Kommunikationsmöglichkeiten: Mit Hilfe des Philadelphia-Experiments und UFO-Technologie testete sich das Militär in der künstlichen Erzeugung von Wurmlöchern, um Falten im Raum- und Zeitkontinuum zu erzeugen. Oder: Ein abgestürzter Meteorit mit dem ihm umgebenden Wasser wirkt als Batterie, die Alterung zu beschleunigen. Eine Theorie ist faszinierender als die andere, geradezu banal ist es dann, wenn verseuchtes Wasser als Lösung herhält. Sei's drum. Denn Mulder und Scully fliegen erstmals nach Norwegen und werden beinah getötet, indem sie altern. Fratzenhafte Maskeneffekte und eine gruselige Taschenlampenatmosphäre inmitten eines morschen Gespensts generieren beinah poetisch den in stiller Andacht herzerwärmenden Untergang zweier Helden, die sich bis zum Schluss an den jeweils anderen klammern.
#5
»ANASAZI«
(E24)
Mulder sieht ihn vor sich, den Heiligen Gral unverschlüsselt in den Händen zu halten, jene Geheimakten über Experimente, außerirdisches Leben und den Beweisen von Existenzen jenseits unseres bekannten Sternensystems. Mulders Ersatzpartner Krycek ist wieder da, FBI-Direktor Skinner wird von einem merkwürdig aufgedrehten, paranoiden Mulder geschlagen (!) und sein (erschossener) Vater entpuppt sich als ehemaliger Agent in den Reihen der Regierung, der dabei mithalf, Geheimnisse zu vertuschen, die sich allmählich unter dem Sand der Täuschung ausbuddeln. Von Absprachen gleich neben der Hintertür, offensichtlicheren Verbindungen, heimlich zugeführtem Drogenleitungswasser, Indianern, Navajo-Codes und ganz viel Verschwörung, einschließlich des Krebskandidaten. Während sich Mulder und Scully voneinander entfremden und ihren Job riskieren, sieht Mulder endlich das, wofür es sich zu sterben lohnt: Alien-Leichen. Die Wahrheit also.
#4
»ROTES MUSEUM«
»RED MUSEUM«
(E10)
Ach, nicht schon wieder fanatische Sekten mit verwegenen Gestalten in okkulten Roben. Langweilig, wirklich langweilig. Scheinbar. Denn wie es anfangs danach aussieht, sieht es später überhaupt nicht mehr danach aus. Aus obsessiven Eiferern für fleischloses Zusammenleben mutieren engagierte Menschen, die allen potenziellen Opfern Schutz gewähren – Kindern, die mit einer Alien-DNA einem Experiment ausgesetzt wurden. Hiermit schlägt "Rotes Museum" pointiert die Brücke zum "Labor". Es gibt ein Wiedersehen mit dem Geldkoffer und dem Mann aus unergründlichen Regierungskreisen, dem Mörder Deep Throats. Eine verwinkelte (aber nicht immer logisch nachvollziehbare) Erzählkonstruktion mit provinziell-geheimnisumwittertem Einschlag. Clever herausgearbeitete Zusammenhänge treffen auf allerlei "Psycho"-Referenzen aus dem Guckloch für den Büstenhalter.
#3
»UNTER KONTROLLE«
»DUANE BARRY«
...
»DUANE BARRY«
...
»SEILBAHN ZU DEN STERNEN«
»ASCENSION«
(E06/07)
Eine melancholische Doppelfolge zweier sich spiegelnder Motive: Mulder wird zu einem verzwickten Entführungsfall hinzugezogen, verhandelt mit einem desillusionierten Mann, der angibt, von Außerirdischen mehrmals entführt worden zu sein. Kurz darauf tauscht sich Mulder gegen eine Geisel aus, erringt zunächst den Sieg, um wenig später seine Kollegin Scully in der Gewalt des aus dem Krankenhaus per verabreichter Erkennungsmarke georteten wie schließlich geflohenen Täters wiederzufinden. Gillian Andersons damalige Schwangerschaft wurde damit trickreich kompensiert. Die Episode in Gänze besteht aus einem formal ambitionierten Sammelsurium aus Schnippseln eines surrealen Rundumschlags experimentierfreudiger Aliens (der Zahnbohrer!) in metaphorischen Farbflächen, nebulöser Verschwörung (Zigaretten im Auto!), beschleunigten und gedrosselten Seilbahnsequenzen zu den Sternen (erinnert ein wenig an den Bond-Film "Moonraker"), trockenen Mulder-Kommentaren zu Studien über Autounfälle sowie tiefenpsychologischen Fixpunkten: Die Verschleierung der Wahrheit mit Hilfe der Offenlegung der Lüge erreicht nicht gekannte Sphären, ob in Form des pathologischen Täters (dem Mulder glaubt) oder in Form von Mulders zwischenzeitlichem Partner (dem er nicht glaubt). Zudem eröffnet Skinner nach langer Zeit die X-Akten aus der Ohnmacht und dem Chaos der nicht lenkbaren Geheimorganisationen in unmittelbarer Nähe, lenkt ein und kooperiert gewissermaßen. Mulder findet eine religiöse Kette Scullys – und er blickt verträumt-verloren in den Sternenhimmel, in der Hoffnung, sie zu sehen. Ein verzweifelter Ausdruck zarter, wunderschöner Romantik ist das.
#2
»DER ZIRKUS«
»HUMBUG«
(E20)
Humbug, ein Kuriositätenkuratorium, Quatsch mit Sauce. Selbstironisch und "Akte X"? Mitnichten! Oder doch? Na und ob! Wie sich hier alles lächelnd auf die Schulter klopft, was es hier alles zu sehen, zu bestaunen gibt; wir sind tatsächlich in einem Zirkus, der sich förmlich dazu verrenkt, köstliches Amüsement vorzuzusetzen. Alles dabei, die Alligatorenmenschen, die siamesischen Zwillinge, die Alien-schlüpft-aus-der-Bauchdecke-Szene aus "Alien", der "Twin-Peaks"-Zwerg (spricht allerdings vorwärts), der allesfressende Rätselmann, der sich selbst verstümmelnde Typ mit dem Nagelbett (gemütlicher als Futon), der Sheriff als hundsköpfiger Junge, der Kartoffeln vergräbt, Fidschi-Meerjungfrauen, ein Käferschmaus und schiefe, possierliche Blicke: Guck' mal hier, guck' mal da! Nichts ist so, wie es scheint, vor allem Vorurteile. Körpermutationen haben die Normalität der Natur überwunden. Zu Recht. Denn wenn wir alle wie Mulder wären, so perfekt langweilig, wo bliebe dann der Spaß?
#1
»DIE KOLONIE« - TEIL I
»COLONY«
...
»DIE KOLONIE« - TEIL II
»END GAME«
»COLONY«
...
»DIE KOLONIE« - TEIL II
»END GAME«
(E16/17)
Von den Sowjets nach Amerika in dessen medizinisches Versorgungssystem eingeschleuste Alien-Mensch-Hybriden wollen auf der Erde eine Kolonie errichten, um die (bald beendete) Herrschaft nach den Menschen zu sichern. Ein Alien-Kopfgeldjäger wird auserkoren, die Klone zu vernichten. Was an und für sich nicht schon spannend genug wäre, beginnt mit dem Wiederauftauchen der entführten Schwester Mulders, Samantha, verschollen geglaubte Geheimnisse zu lüften; dieser thematisch divergierende Handlungsstrang verschmilzt fantastisch mit dem ersten, indem herauskommt, dass Samantha lediglich eine weitere Projektion eines Klons ist. Aufgrund der synthetischen Formlosigkeit des Kopfgeldjägers (mit stoischer Ruhe gespielt von Brian Thompson) erlaubt sich das Drehbuch einige amüsante Späße. Ein zweiter Mulder ist eben nicht so leicht von einem Mulder am Telefon zu unterscheiden. Dies ist als Cliffhanger und als Überleitung zur zweiten Folge nahezu unübertroffen. Zusätzliche Nebenlinien vermag der Zweiteiler davon einmal abgesehen gekonnt zusammenzubinden; da wären ein abgestürztes UFO im Meer und die lebensbedrohliche Infizierung mit einem Virus biologisch unbekannten Ursprungs, dem Mulder zu Anfang der ersten Episode zum Opfer fällt. Sein Herz bleibt stehen und in einer Rückblende werden die dahinführenden Ereignisse sichtbar. Die Zertretung von Embryos zu schleimigem Matsch aus giftgrünen Tanks, spitze Mordwerkzeuge, eine Prügelei zwischen Mr. X, dem inoffiziellen Informanten, und Mr. Skinner im Fahrstuhl (!), eine Entführung Scullys und schlussendlich ein UFO-Start – „Die Kolonie“ rüttelt am Potpourri fast ikonografischer Bilder des „Akte X“-Universums. Was lernen wir aus dieser Doppelfolge? Dass Aliens immer noch grüne Blutsäure haben und Mulder von der Wissenschaft gerettet wurde, damit er mit dem Glauben an das Unvorstellbare weitersuchen kann.