Story
Harry Tasker ist ein Geheimagent. So geheim, dass sogar seine Frau Helen nichts davon ahnt. Die denkt nämlich, dass Harry ein langweiliger Computerverkäufer ist. Er scheint seine Rolle sehr überzeugend zu spielen, denn Helen ist derart angeödet von ihrem Angetrauten, dass sie sich aus Not einen Liebhaber nimmt, den Autoverkäufer Simon, der sich ebenfalls als Geheimagent ausgibt. Bis sich Harrys Lügengeflecht so langsam aufzulösen beginnt und alles auffliegt...
Kritik
Wenn James Cameron Action inszeniert, dann versteht er sein Handwerk. Wenn James Cameron die Action in eine halbwegs plausible Geschichte einbettet, dann versteht er ebenfalls sein Handwerk. Filme wie "Aliens – Die Rückkehr" oder "Terminator 2 - Tag der Abrechnung" gehören nicht umsonst zu den besten hollywood'schen Beiträgen, was das Genre der hemmungslosen Krawalle überhaupt zu bieten hat, nicht zuletzt durch das immer seltener werdende Privileg, das eigentliche Actionspektakel den Figuren unterzuordnen und nicht umgekehrt. Seine verhältnismäßig leichte Actionkomödie "True Lies – Wahre Lügen" steht dagegen so ein bisschen im Schatten Camerons Oeuvre. Zu Unrecht. Denn "True Lies – Wahre Lügen" ist ein Actionfilm respektive eine einmal mehr mit unglaublichem Aufwand realisierte James Bond-Parodie, die jedoch nicht vollends Parodie ist, sondern durch Camerons kreative Eigenideen vielmehr zu einem wiederum eigenständigen Werk verschmilzt. "True Lies – Wahre Lügen", das ist ein mit dem geistigen Verstand keinesfalls ernstzunehmendes Filmchen, welches eindrucksvoll unter Beweis stellt, dass erst die richtige Mischung aus verschiedensten Elementen ungezähmte Unterhaltsamkeit garantiert. Und durchaus, der Streifen bietet alles, was ein echtes Feel-Good-Movie braucht: Furioser Auftakt á la "Indiana Jones", Witz á la "Lethal Weapon", ein später avancierendes Machoweib, das ihrem geliebten Ehegatten zur Seite steht und dabei auch nicht vor Waffengewalt zurückschreckt, eine ominöse Geheimorganisation, den obligatorischen Subplot (Harrys Frau, die eine Art heimliche Liaison mit einem gewissen Skinner pflegt) und natürlich eine Story, die sich jeglicher physikalischer Gesetze entbehrt, mehr noch, welche so ziemlich alle unrealistischen und haarsträubenden Aktionen tangiert, die man sich vorstellen kann, und bei denen Cameron munter drauf los inszeniert, wie er eben will. Doch ungewöhnlicherweise macht dieser Trash Spaß, erfüllt seinen Zweck und kann eben nicht als störend konstatiert werden, nein, er macht sogar erheblichen Spaß. Spätestens bei den sorgfältig in die Handlung integrierten und perfekt choreographierten Actionsequenzen steigt der Adrenalinpegel mal schnell nach oben. James Camerons bewusste Überstilisierung kennt auch an dieser Stelle keine Grenzen, seine technisch virtuose Gigantomanie samt großangelegter Pyrotechnik kommt erst hier so richtig zur Geltung. Allem voran eine skurrile Verfolgungsjagd zwischen einem Motorrad und einem Pferd (!) in einem Luxushotel (!!), eine durch einen Treppenabsatz plötzlich losfeuernde Waffe, aber auch der aberwitzige Showdown, in dem "Arnie" die Initiative ergreift und die übrig gebliebenen Terroristen mit einem Kampfjet (!!!) bombardiert, gehören in besagte Überzeichnung.
Herrlich überzeichnet sind selbstverständlich auch die eigentlichen Akteure, egal, ob es sich da nun um Charlton Heston handelt, der sich selbst mimt, um besagte Ehefrau mit ihrem besagten Mann, der an einer explosiven Stelle von ihr als "Rambo" betitelt wird, oder um arabische Terroristen. Arabische Terrorristen, die direkt dem polemischen Bilderbuch entsprungen zu sein scheinen sowie in Sachen Aussehen und Verhaltensweisen nahtlos an den Prototypen klischeehafter Antagonisten anknüpfen können. Arnold Schwarzenegger verhällt sich in diesem bewusst realitätsfremden Gefüge gewohnt routiniert und lässig. Freilich, der "Arnie", hier ist er in seiner Welt in einer Rolle, die er eben spielen kann. Jamie Lee Curtis verkörpert ihre Wandlung vorzüglich und noch dazu mit einer Prise Selbstironie, ohnehin ist sie der heimliche Star in diesem Nobrainer, ihre Chemie mit ihrem Mann stimmt, wodurch Curtis so eine ebenbürtige Partnerin für ihn darstellt, während beispielsweise ein Tom Arnold als Harry Taskers Partner Albert Gibson tendenziell eher abstinken kann. Da kann er noch soviel plappern und plappern, einen Flachwitz nach dem anderen raushauen, wenn gerade "Arnie" die Bühne des Geschehens betritt und passenderweise seine (treffenden) onliner offenbart, bleibt für Arnolds' angestrengte Komikeinlagen oftmals nur ein müdes Lächeln übrig. Des Weiteren gestaltet sich hauptsächlich die Lauflänge des Streifens als gewichtiges Problem. Nach dem großartigen Toilettenkampf und anschließender Verfolgung ist erst mal Schicht im Schacht. Wenngleich es mal hier und mal da einige kleinere Szenen gibt, die für sich allein stehen (Verhörszene), herrscht vor allem im Mittelteil ein eklatanter Leerlauf, dessen Leerlauf Cameron wiederum mit unnötigem Ballast zu füllen versucht und es so erst wieder im dreistufigen Schowdown richtig krachen kann - dann aber gewaltig. Ein Rätsel bleibt jedenfalls Bil Paxton als schmieriger Gebrauchtwagenhändler und zugleich mysteriöser Skinner, der weder die Handlung entscheidend voranbringt, noch von Relevanz ist, dessen wirkliche Absicht als Spion doch eher im Dunkeln bleibt und der letzten Endes genauso überflüssig ist, wie die als eye catcher nur allerhöchstens fungierende Juno Skinner (Tia Carrere).
Fazit
Was bleibt, ist ungemein unterhaltsames, augenzwinkerndes Persiflage-Kino in Reinkultur um Sein und Schein in der Ehe, echten und falschen Agenten sowie – wie der Titel es bereits evoziert – wahre Lügen und ihren nach sich ziehenden Komplikationen. James Camerons in allen Belangen bewusste Übertreibung, die sich manchmal gar ins Absurde hineinsteigert, darf daher als gelungener, handwerklich gewohnt tadelloser Versuch gewertet werden, trotz dass es dem Film an speziellen Ecken und Kanten fehlt, um mit diversen anderen Großproduktionen des Kanadiers mithalten zu können. Trotzdem für Actionfans - und nicht für die - Pflichtprogramm.
7,5/10