Samstag, 25. Oktober 2008

Cinema: Hellboy - Die goldene Armee (2008)

Story:

Die Welt hat wieder einmal ein Problem. Jahrhunderte nachdem unsere Erde mit den unsichtbaren Gefilden der fantastischen Unterwelt die „ewige“ Waffenruhe geschlossen hat, taucht Prinz Nuada aus dem Exil auf, um die legendäre goldene Armee seines Vaters wieder auferstehen zu lassen, um eben gegen die Menschheit in den Krieg zu ziehen und um diese erneut zu unterwerfen. Da kann nur einer helfen: Hellboy. Der hat jedoch gerade Stress mit seiner Freundin Liz. Dennoch macht er sich gemeinsam mit seinem Freund Abe und dem deutschen Protoplasma-Seher Johann auf den Weg, den geheimnisvollen Prinz aufzuhalten. Doch der Weg ist gefährlich, denn es dauert nicht lange und Hellboy und seine Freunde bekommen es mit einigen mörderischen Zahnfeen, einem buchstäblichen Berg von einem Monster, einem vieläugigen Engel des Todes und dazu noch einer haushohen Krake zu tun...

Kritik:

Er ist rot, groß, hat Hörner, isst gern Süßigkeiten und säuft im wahrsten Sinne des Wortes Dosenbier in Massen, nicht in Maßen. Sein richtiger Name lautet „Anung Un Rama“, besser bekannt als Hellboy (Für seine Freunde immer noch schlicht „Red“.), den er von amerikanischen GIs verliehen bekommen hat und der im Auftrag seines „Ziehvaters“ Professor Trevor „Broom“ Bruttenholm, dem Leiter der Behörde zur Untersuchung und Abwehr paranormaler Erscheinungen, kurz B.U.A.P., nunmehr gegen das Böse, ferner gegen Vampire, Trolle und sonstige paranormale Erscheinungen kämpft. Dieser rothäutige Dämon ist kein Fabelwesen, kein Wesen aus der Zukunft, nein, er entspringt dem hiesigen Bilderbuch-Universum. Hellboy ist also eine Comicfigur, wenn auch keine klassische wie beispielsweise Superman im engeren Sinne, welche von seinem Schöpfer Mike Mignola konzipiert, erfunden und weiterentwickelt wurde. Erstmals 1993 in dem Comic-Heft „San Diego Comic Con Comics #2“ erschienen, entwickelte sich Hellboy schon bald zum kleinen Verkaufsmagneten in den USA. Als der sarkastische Höllenjunge schließlich nach Deutschland kam, blieb ihm allerdings erst einmal der ganz große Erfolg verwehrt.

Erst durch Fantasy-Virtuose Guillermo del Toro („Blade II“; „Pans Labyrinth“) und seiner gleichnamigen Verfilmung, wuchsen die Interessenten. Das Thema Hellboy wurde unter Film- und Comicfans so langsam populär. Für den deutschen Verlag Cross Cult eine greifbare Chance und daher Grund genug, eine neue Auflage Hellboys zu veröffentlichen. Diesmal in schwarz/weiß, diesmal im Hardcover, diesmal verkaufte sich die Edition relativ gut. Zum Teil mussten sogar die meisten Comics mehrfach nachgedruckt werden. Warum eigentlich? Ausschlaggebender Faktor war vor allem der Film, obschon ihm ein großer Erfolg verwehrt blieb, und seines sympathischen Hauptdarstellers Ron Perlman („Alien – Die Wiedergeburt“; „Happy, Texas“), der für die Rolle des Hellboy geradezu geschaffen ist (Ursprünglich vorgesehen: Vin Diesel), und der den Nerv des Zuschauers souverän getroffen zu haben schien. Schnell kam die Frage nach einem Sequel auf, wie man das aus der Traumfabrik Hollywoods eben kennt, es gar als logische Konsequenz konstatieren kann. „Hellboy II“ oder nicht? Selbstverständlich stand del Toro hinter seinem Nachfolger. Universal nach geringen Einnahmen („Nur“ 60 Millionen US-Dollar bei einem geschätzten Budget von rund 70 Millionen Dollar) seitens des ersten “Hellboy“ eher nicht. Letztendlich, nach langem Kampf, hatte jedoch der Regisseur den Sieg gegen den Filmverleih davongetragen, mittels Vertrag und nicht zuletzt durch sein philosophisches Fantasy-Märchen “Pans Labyrinth“ (2006), das eindrucksvoll aufzeigte, wozu der gebürtige Mexikaner in der Lage sein kann, und dem er außerdem so Einiges zusätzlich zu verdanken hat.



Dass ein Sequel zwangsläufig nicht immer das Motto „Bigger, Better, Faster“ in sich tragen muss, dass es auch mal die zum Vorgänger verhältnismäßig ruhigere Gangart einschlagen kann, haben schon so manche Filmreihen bewiesen. Aber hey, wir sind hier in einem Blockbuster. Eine Fortsetzung von einem echten Blockbuster, von einer Comicverfilmung ist doch eigentlich fast immer aufwendiger? Naja, zumindest im Falle von “Hellboy – Die goldene Armee“ trifft das durchaus zu. Der Film wirkt im Vergleich zum ersten Teil der geplanten Trilogie größer, redundanter, aufwendiger und durch den Einfluss von „Pans Labyrinth“, wandelt del Toro aber auch deutlich stilsicherer durch seine wieder einmal mit fantastischen Ideen angereicherte Fantasywelt. Allein die ausgefeilten Effekte stehen für sich und reißen ordentlich was raus. Bemerkenswert ist an dieser Stelle vor allem die Vielfalt der Monster, das fabelhafte Make Up-Design. Del Toro bringt es gar fertig, jeder einzelnen, liebevollen Kreatur (Einige erinnern beispielsweise an Barry Sonnenfels „Men in Black“, andere wiederum an Spielbergs „Krieg der Welten“, wieder andere an „Der Herr der Ringe“ und und und.) Leben einzuhauchen, ihnen ein eigenes Profil zu verleihen, sie mit so viel Würde und Respekt zu behandeln. Und trotzdem wirkt das Monströse niemals richtig monströs. Im Gegenteil, das Monströse erscheint menschlich und greifbar.

Eine zweiffellos oppulente Bilderflut im Rahmen einer düsteren, gotischen und an einigen Stellen gar bunten, märchenhaften, infantilen Landschaft erwartet den Zuschauer also. Eine Bilderflut, die von ihrem ganzen Pomp und der Kreativität seines Machers lebt, Surrealismus und für den Regisseur obligatorische Monster, die Augen an verschiedensten Körperstellen haben, inklusive. Da wird man schon zu Anfang Zeuge dieser Schauwerte, in Form der Opening Credits, verbunden mit Guillermo Navarros („From Dusk Till Dawn“; „Pans Labyrinth“) spektakulärer (-en) Kamerafahrt (-en). Da reiht sich eine zugegebenermaßen packende, gut durchexerzierte Actionsequenz an die nächste. Eine Szene versucht in ihrer Optik die vorherige zu übertreffen. Doch es funktioniert auf visueller Ebene aufgrund der ausgereiften CGI-Technik dennoch erstaunlich gut. Und dann ist da natürlich noch der adäquate Soundtrack, der teils aus melodisch-rockigen, aber auch aus romantischen Songs besteht, zum anderen Danny Elfman („Sleepy Hollow“; „Spider-Man“) zugeschrieben werden kann. Letzterer veredelt „Hellboy – Die goldene Armee“ mit seiner durch und durch stimmigen, im Charakter sehr schnellen, ja, dem Geschehen angepassten Partitur.


Perfekt ist diese Comicverfilmung dann aber doch nicht, bei weitem nicht. In vereinfachter Analyse ausgedrückt, kränkelt das Sequel. Es kränkelt hauptsächlich an der Narration, sorgt dafür, dass sich mal hier und mal dort kleinere Enttäuschungen breit machen. Auch ein Regie-Wunderkind wie del Toro kann das nicht ausmerzen. Sein Drehbuch ist nämlich bescheiden, wartet mit einer 08/15-Story auf, die fast gänzlich ohne irgendwelche Überraschungen auskommt. Die inmitten dem ganzen Monster-Gewurschtel hoffnungslos untergeht, ihr ein wenig die Stringenz nimmt und zur Nebensache degradiert wird. Was ist handlungstechnisch überhaupt anders in “Hellboy – Die goldene Armee“? Ganz einfach, unser guter Antiheld (Ron Perlman) wird ungewollt Vater, hat eine Krise mit seiner Freundin Liz (Selma Blair) zu bewältigen. Zu alledem hat Hellboy Schereien mit seinem „Chef“ und fühlt sich darüber hinaus von der Welt alleingelassen. Er präsentiert sich zwar endlich der Weltöffentlichkeit, wird aber zu seinem Erstaunen leider nicht angenommen, akzeptiert, schon gar nicht geliebt. Das ist umso tragischer, da sein Gegener all seine Aufmerksamkeit brauchen wird, kann er doch beispielsweise Wassertropfen mit seinem Schwert spalten und mithilfe dreier goldener Schmuckstücke eine ganze Armee von seltsamen roboterähnlichen Wesen auferstehen lassen. Die typischen Superhelden-Probleme halt.

Superhelden-Probleme, die so gut wie alle recht oberflächlich abgefrühstückt werden. Die im Drehbuch einen kleinen Platz einnehmen. Oftmals lässt del Toro der Optik den Vorzug und daher den cineastischen Weg bestimmen, sehr zum Leidwesen seiner Handlung. Das ist im ersten Teil des Filmes noch einigermaßen ansehnlich. Die meisten Gags stimmen, eine klasse Portion Selbstironie kommt auch noch dazu, der Übergang der realen in die fiktive Welt funktioniert beinah makellos, das Thempo ist entsprechend hoch. Doch mehr und mehr häufen sich unangenehme Dinge. Die Gagdichte wird immer flacher, aufgesetzter und platter, Kitsch und innovationslose Vorhersehbarkeiten oder auch Handlungen der Charaktere (Red und Liz´ Unterhaltungen mitten im Kampfgeschehen drosseln erheblich das Thempo.) herrschen vor. Von Spannung kann man gegen Ende nun wirklich nicht mehr reden. Auch ist der Showdown in Sachen Übersichtlichkeit gründlich daneben gegangen. Erkennen tut man nicht viel – abgesehen vom diesmal wieder, in Sachen Choreographie überzeugenden End-Kampf, der aber auch stark nach Schema F konstruiert riecht. Lediglich das amüsante Ende kann als eine Art Cliffhanger auf den dritten Teil der Reihe verstanden werden. Ein Cliffhanger auf einen hoffentlich storystärkeren del Toro-Film - siehe “Pans Labyrinth“.



Schauspielerische Höchstleistungen darf man natürlich bei so einer subversiven Bilderflut nicht erwarten. Passenderweise spiegelt sich das in “Hellboy – Die goldene Armee“ genauestens wieder. Während sogut wie alle Nebendarsteller, darunter auch die fürchterliche Selma Blair („Eiskalte Engel“; „Natürlich blond“) und Luke Goss („Blade II; „Silver Hawk“) als Hellboys Gegenspieler Prinz Nuada, in ihren Rollen, die nicht wirklich etwas hergeben, erstaunlich blass bleiben, und die Figuren daher um ein weiteres eindimensional und schlecht skizziert wirken, ist es vor allem Ron Perlman, der dem Sequel wiederum ein zweites Mal seinen Stempel nahtlos aufdrücken kann. Die Entwicklung seiner Figur ist zwar spürbar dünn, schon gar nicht komplex, dennoch scheint Perlman mit seiner rauen, grimmigen, maskulinen Art und Weise der richtige Mann für sein Alter Ego Hellboy zu sein. Seine physische Präsenz ist unabdingbar, seine mal sarkastischen, mal gar zynischen Oneliner zur Auflockerung des Geschehens sorgen für Spaß, Witz und Unterhaltung. Gelegentlich nimmt er sich sogar gekonnt selbst auf die Schippe. De facto sieht man Perlman in Bestform. In schauspielerischer Bestform, wohlgemerkt.

Fazit:

Als abschließendes Resümee ist festzuhalten, dass dem Guillermo del Toro, der sich künstlerisch wie ein kleines Kind vollends austoben konnte, ein lautes und durchweg atemberaubend anzuschauendes Fantasy-Märchen von unglaublicher, selten gesehener Imposanz gelungen ist. Ferner eine detailbessesene, üppige Entertainment-Explosion voll von Gags, Action und verschiedensten Ungeheuern. Trotz etwaiger Schwächen seitens der Darsteller und des unglücklichen Erzählstils eine Empfehlung wert, für Comic- und Fantasy-Fans darüber hinaus womöglich gar ein „Must-See“. Aber auch nicht mehr.

6,5/10