Freitag, 25. Juli 2008

Literatur: Tot 'Der Dunkle Turm III' (Stephen King), 1991



Story:

Roland und seine beiden neuen Gefährten Susannah und Eddie haben sich endlich zusammen gefunden, als sich plötzlich neue Probleme anbahnen. Sie begegnen einem fleischgewordenen Roboter, stoßen auf Enklaven noch lebender Menschen und bewegen sich immer weiter auf das wüste Land zu. Außerdem haben die Gefährten einen der Balken gefunden, der Mittwelt wie eine Achse durchzieht. Auf seiner Spur gelangen sie geradewegs zum Dunklen Turm, eine Annahme, bei der sich Roland sicher ist. Doch sein Geist quält ihn, er verfällt immer mehr dem Wahnsinn der Stimmen in seinem Kopf und wird damit zur Bedrohung von Eddie und Susannah gleichermaßen. Es zeigt sich, dass er die Tatsache rund um die Opferung des Jungen Jake, nicht verkraftet hat...

Kritik:


Mit seinem dritten Band seiner epischen "Der Dunkle Turm"-Saga lässt Stephen King all das aufblitzen, was man in den zwei anderen Büchern nur ansatzweise bestaunen konnte, gerade in Band Nummer 2
("Drei"). Dazu gehört eine gehörige Portion Spannung, brillant weiterentwickelte Charaktere und schließlich noch den nötigen Schuss Anspruch, der sich zwischen ominösen Rätseln und diversen technischen Beschreibungen bewegt. Dabei wird "Tot" in zwei Abschnitte unterteilt, besser gesagt in zwei "Bücher". Da wäre zunächst die erste große Passage "Jake", in der King nach einem anfänglichen, spektakulären Höhepunkt - dem Kampf gegen einen Roboter im Wald - den im ersten Band geopferten Jungen Jake wiederauferstehen lässt (er wird durch "seine" Zeit in Rolands Welt gezogen) und die Saga dadurch einen weiteren Gefährten erhält. In Gestalt eines pelzigen Billy Bumblers, einer Art Biber, bekommt Roland sogar noch einen vierten Mitstreiter auf dem Weg zum dunklen Turm spendiert, welcher gleichzeitig zum treuen Freund von Jake wird. Im zweiten Buch "Lud" schließlich, wird es blutig, ungemein brutal und stellenweise auch eklig, denn die Gefährten kommen in eine mysteriöse, trostlose Stadt namens Lud, wo sich rivalisierende Banden einen kompromisslosen Kampf liefern und in der eine groteske Gestalt mit dem Namen "Ticktackmann" die Fäden zieht. Jener Ticktackmann lässt darüber hinaus den Jungen von einer ebenso angsteinflößenden wie totkranken Gestalt entführen, während Susannah und Eddy derweil versuchen, einen technisch hoch entwickelten Zug mit Verstand mittels gewöhnlicher Rätsel zu überreden, sie zum dunklen Turm zu bringen. Roland versucht selbstverständlich Jake zu retten, und zwar mit Hilfe des Billy Bumblers versucht er seine Fährte aufzunehmen.

King erzählt diese zwei Abschnitte relativ flüssig, ohne größere Längen und während "Drei" noch sehr surreal und recht kompliziert wirkte, bietet "Tot" inklusive aller schriftstellerischer und stilistischer Raffinessen, ein verhältnismäßig leichtes Mitverfolgen der Story, die stellenweise ziemlich intelligent und dramatisch daherkommt. Es ist vor allem dieses Buch "Lud", diese herausragend geschriebene Passage, bei dem Stephen Kings Genie aufblitzt. Nicht nur die für ihn obligatorische Härte tritt auf, nein, wie King den apokalyptischen Untergang der Stadt beschreibt, auf welche bizarre Art und Weise sich die Menschen selbst zerstören und wie sich die Landschaft mit fortschreitender Zeit immer mehr verändert, wie sie unvorstellbar groteske Kreaturen hervorbringt, muss sich mit dem spannenden Showdown als Höhepunkt des Buches bezeichnen. Auch die Charakterentwicklung schreitet mehr und mehr vorran. Susannah und Eddy bekennen sich in poetischen Dialogen nun endlich zu ihrer Liebe, Roland wird fast wahnsinnig von Jakes angeblichem Tod und zu alledem gesellt sich in der Gestalt des knuffigen Oy ein Tier dazu, welches den Leser emotional packt und ihn fast zum Weinen bringt, als Oy um Haaresbreite Opfer eines unglücklichen Unfalls wird und beinah stirbt. Als ob das nicht schon genug ist, erkennen Jake und Eddy eine seltsame Verbindung zueinander, deren Auslöser ein Kinderbuch zu sein scheint, welches letzten Endes jedoch zum Retter aller Protagonisten avanciert. Ebenfalls erwähnenswert: Der mal so gar nicht erwartete Cliffhanger gegen Schluss. Abrupt und plötzlich, nervenzerrend und doch hoffnungsvoll lässt der Autor die Geschichte beenden und bedeutet dem Leser, ja, er fordert ihn auf, er zwingt ihn förmlich mit diesem Ende sogar, die Saga weiterzulesen.

Fazit:

Der dritte Ausflug in die Welt des dunklen Turms ist bisher Kings bester Roman der Reihe. Mit seiner mitunter schon düsteren Endzeitstimmung, melancholischer Bilder und Charakteren, mit denen sich jeder identifizieren kann, stellt "Tot" in seiner Dramaturgie, in seiner anmutenden Erzählweise und in der für Stephen King so typischen Detailverliebtheit ein überlebensgroßes Werk dar, bei dem der "Horrorpapst" von Anfang bis Ende fast zu Höchstform aufläuft. Nur zwischenzeitlich gibt es mal hier und da kleinere Durchhänger in der ansonsten so packenden Story.

9/10