Mittwoch, 12. Oktober 2016

Jarmusch-Retro #11: "The Limits of Control" [USA 2009]


Da braut sich was zusammen. Oder doch nicht? Diesem ganz und gar kryptischen, hochgestochenen Verschlüsselungsfilm, sein Rhythmus ähnelt einer Rolltreppenfahrt im Halbschlaf, gibt Isaac de Bankolé körperliches Vorhandensein. Er läuft nicht, er gleitet, schleift synthetisch an Plätzen vorbei. Die peniblen Rituale – ausgetauschte Streichholzschachteln, "doppelter" Espresso, empfindungsloses Papierverschlucken – gehört zu einer halbnahen und wiederum vollends fernen, erstarrten Ruinenwelt, die sich subjektiv an Molekularstrukturen hält. Wird eines dieser Moleküle mutwillig entfernt oder verschoben (wie ein aufreizend durchsichtiger Regenmantel), kippt das vermeintlich objektive Bild, während es an einem anderen Platz an einem anderen Ort neu "konstruiert" wird. Derartige Thesen zum Radikalen Konstruktivismus verbirgt Jarmusch unter dem Antiunterhaltungsarrangement eines Kunstaufsatzes, desinteressiert gegenüber allem, das zum kontrollierten Grenzgebiet zählt. "Dieser" Entgrenzungsraum im Austausch dessen, den "The Limits of Control" bildpoetisch ausstaffiert, ist der Versuch einer Loslösung Jarmuschs von der inneren, selbstverantwortlichen Forschungsfahrt zum Warten auf das Signal für diese Forschungsfahrt ("Broken Flowers"). Aber die Menschen, die Menschen verlieren dabei das Menschliche. Das ist es, was "The Limits of Control" so artifiziell, schwülkalt und geradewegs "tot" macht, was ihm die frühere Jarmusch-Wärme verwehrt.

5 | 10


Originaltext