Michael Ballhaus folgt den Stoßbewegungen, den einzulochenden Kugeln,
Explosion auf Explosion, und ein publikumsintensives Raunen wogt durch
die Reihen, wenn eine Kante, eine winzige Unaufmerksamkeit, ein
unabsichtlicher Drall das Loch, die Tasche, die Siegerstraße in
unerreichbare Ferne rückt. Und der Spielball stoppt. Und das Glück
bremst. Mit dem Glück ist es nie leicht. Martin Scorseses "Die Farbe des
Geldes", innerhalb seines Œuvres gewiss kein Film, der als Essenzwerk
größtmögliches Prestige verbucht, funktioniert hauptsächlich als
dramaturgisch nachdenkliche, oft meditierend am Pooltisch beobachtende
Weiterführung zum Klassiker "Haie der Großstadt", der in Kombination mit
ebendiesem jenen rauen, spröden Realismus (Drehbuch: Richard Price)
recycelt, bei dem das Gewonnene Verlust bedeutet. Ein thematisch
klassischer Scorsese über schnittig untermalte, zerstörerische
Liebesbeziehungen in einem konservativen Patriachat, dessen Inhalt aber
von keiner rhythmisch auf Hochgeschwindigkeit regulierten Form
unterminiert wird. Tom Cruise ist als unbedarfter, eitel
gestikulierender Jungspund und Trottel zu sehen, dem noch keine Haare
auf dem Sack gewachsen sind, während sein Mentor Paul Newman
tonangebend, grüblerisch und nuancenreich den Klängen der Ballstafetten
lauscht. Ein alter und junger Pionier, die auf die Veränderungen einer
abgeklärteren und abgezockteren (Sport-)Show entgegengesetzt, manchmal
hemmend, manchmal euphorisch reagieren. Wie im (allerdings) besseren
"Haie der Großstadt" ist Billiard Leben, mit Abzweigungen und
Hindernissen.
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