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Montag, 11. März 2019

"Die Berufung - Ihr Kampf für Gerechtigkeit" / "On the Basis of Sex" [USA 2018]


Wer sich dem den Oberflächenrand überwindenden Diskurs um geschlechtliche Gleichberechtigung, juristische Gleichbehandlung und Gender nähern möchte, wird in Felicity Jones ein Gesicht finden. Zunächst leicht überfordert, später sichtlich entflammter spielt Jones die Frauenrechtlerin Ruther Bader Ginsburg. Mimi Leder sieht ihr genauestens zu, wie sie – ringend um akademische Anerkennung – von Männern Schulter an Schulter zerrieben wird. Ein archaisches Symbolbild, das seine Gegenentsprechung finden wird. "Die Berufung" verklebt ein amerikanisch-aktivistisches Hochgefühl zwischen Frau und Freiheit, dem Pathos revolutionären Umtriebs ergibt sich dieser Film wie selbstverständlich. Das konservative Biopic schlechthin vermag Leder aber nicht aufzubrechen – einige Entwicklungen geraten in ihren weihevollen Wendungen ("Gender!") hinreichend künstlich wie schlicht überzuckert. Einen großen Makel trägt "Die Berufung" allerdings nicht davon: Für zwei Stunden erneuert sich das Kino als zupackender Protest, als Systemanalyse, die mit den weniger Privilegierten mitleidet, Hals über Kopf für sie argumentiert sowie sich durchzusetzen imstande ist. Und, klammheimlich, verändern sich die Rollen, die Rolle der Frau, die Rolle des Mannes – Arnie Hammer steht am Herd, ist beiläufig ein Hausmann, der seiner Frau das Haupteinkommen anvertraut. Mimi Leder denkt weibliche wie männliche Stereotypisierungen zusammen. Es führt kein Weg daran vorbei, sich in der (geschlechtsunabhängigen) Anerkennung des anderen als Subjekt seiner Selbstwerdung begreifen zu lernen.

Mittwoch, 5. Juni 2013

"Heaven's Gate - Das Tor zum Himmel" [USA 1980; Langfassung]


Michael Ciminos Fetisch für die großen Gedanken und Visionen, mit denen er sich in der Vergangenheit mit ausgelassener Leidenschaft herumgeschlagen hat, führte ihn im epochenübergreifenden Siedlerepos "Heaven's Gate" zu einem Maximum an Verfehlung und Verklausulierung, das er danach nicht mehr überbieten konnte. "Heaven's Gate" war ein kommerzielles Desaster, ein für Hollywood mythisches Missverständnis. Heute ist Ciminos schöpferische Leistung erhalten geblieben. Sein Werk, ein schwelendes, sperriges Erzählstück, voll an überschwänglicher Emotion und einer Menge Geduld, ähnelt einem Panoramablick quer über das akkurat nachgestellte Leben in Angst und Armut, das dennoch erfüllt ist von einem Verständnis tiefer Poesie, während Amerikas über die Jahrhunderte ausgetragener Nationenkonflikt auf keiner vertragsgesicherten Harmonie basiert, sondern auf der Xenophobie und Gewalt Vieler. 

Die ebenso opernhafte Monumentalität wie fatalistische Unumgänglichkeit, mit der Cimino etwa an Sergio Leone, Stanley Kubrick und, speziell im bleigetränkten Finale, Sam Peckinpah erinnert, steht für eine Art kosmisches Spielfeld, auf dem sich drei vergleichsweise unbedeutende, aber mit sich und ihrer Identität hadernde Figuren einfinden, die zueinander existenziell in Beziehung stehen, heroisch ins Verderben stürzen und dem klassischen Cimino-Bild der Außenseiter und Entfremdeten in einer Zeit innerer Widersprüche entsprechen. Rund wirkt "Heaven's Gate" nicht, eher elliptisch und konfus zusammengewürfelt. Der dauerbesoffene John Hurt verkommt zur Persiflage ohne Fundament und die Überlänge zum ständigen Begleiter eines Films, in den man sich hineinarbeiten muss, weil er von einer Stimmung und Bewegung geleitet wird. 

Reizvoll hierbei: Mehrere Gruppentänze und eine rasante Kutschfahrt zweier Verliebter dokumentiert Cimino, ein bleibender Ausdruck für die Unschuld des Moments, wohingegen er die imposantesten Konfrontationen zwischen zwei feindlich gesinnten Völkern in einen Staubnebel hüllt, der vom Stampfen der Pferde aufgewirbelt wurde und in denen Silhouetten einen demokratisch abgestimmten Freiheitskampf austragen. Diese Ästhetik einer pessimistischen, westlichen Welt im Umsturz und Aufbruch, die im Dreck geboren wurde – nur gerecht, dass sie ihre künstlerische Bedeutung wiedererlangt hat.

 6 | 10