Freitag, 22. Dezember 2017

"Tatort: Der rote Schatten" [D 2017]


Das verschachtelte Jump-Cut-Donnerwerk "Der rote Schatten" ist "Tatort" und nicht "Tatort". "Tatort", weil es kriminell wird. Und nicht "Tatort", weil die Gegenwart längst nicht mehr allein die Keimzelle des Kriminellen verkörpert. Hier nicht. Dominik Graf reist währenddessen in die Vergangenheit, in der die mächtigsten Institutionen eine weitreichende Verschwörung unter Verschluss halten. Diesem "Tatort"-Beitrag haftet daher das Anachronistische der Paranoia an, die, stets verboten und stets verrucht, das Paradies sicher geglaubter und ordnender Mächte vergiftet. Mit einem Bissen. In den Apfel. An dem Blut klebt. Graf-Sleaze weicht schlussendlich einer rhythmisierten, einer musikalischen Montage, umnebeltem Kippenwahnsinn und konspirativen Offenbarungsdialogen in Parkhäusern. Dem RAF-Überbau zum Trotz, mit dessen Hilfe Graf bravourös die 70er mit dem Heute verlinkt, erübrigt der einzige wahre deutsche Genrefilmer nichtsdestotrotz Zeit für den Schalk (im Nacken): Wenn beide Ermittler (Richy Müller, Felix Klare) einen aufgeweichten Schlammboden zu überspringen versuchen und es nur einem gelingt, sind Grafs "Tatorte" vor allem immer auch aufrichtig gegenüber der unerwartet leichtfüßigen Irritation in einer Bundesrepublik, deren Weg zu einer einheitsstiftenden Nation ein moralisch steiniger, eben ein politisch irritierender war. Hannes Jaenicke ist dabei größte Irritation – nackt, ungewaschen, abscheulich. Im Vergleich zu jenen Filmen Dominik Grafs, die höchstmöglich körperlich verschieben, verstreichen, verdecken: ähnlich meisterlich tontestend.

7 | 10