Freitag, 12. Mai 2017

"Verleugnung" / "Denial" [USA, GB 2016]


Der Holocaust – nur noch ein "Zeichensystem"? Als dieses bezeichnete es Volker Schlöndorff in einem Begleitessay zu "Nacht und Nebel", ein Zeichensystem, das in Zeiten multimedialer Verwertungsstrategien ikonische Bilder präsentiert, die angesichts inflationären Einsatzes einer ahistorischen Trivialität erliegen. Bilder wie den Auschwitzer Bahnhof. "Verleugnung" spielt zu großen Teilen im Gerichtssaal, eruiert die Frage nach der Beweiskette um den historischen Tatbestand des Holocaust. Aber in einer Sequenz, einer Erkundungsrecherche durch das in Polen liegende Vernichtungslager, entmythologisieren sich die Bilder, speziell das einleitende Bild: Gezeigt wird der Auschwitzer Bahnhof, ja. Aber er liegt in trüb-nassem Nebel, Konturen sind sichtbar, jenseits einer heroischen Geste. Geisterhaft, regelrecht taub. Nicht durchgängig hält Mick Jackson dieses ehrbare Unterfangen, dieses "Erfassen", "Ertasten" des Materials nicht durch Bilder, sondern Affekte, weit in den Untergrund (geistiger wie materieller) "Überreste" hinein, denn hin und wieder durchbricht Hollywood-Theatralik die irritierende Analyse (zerfließend weich und zäh: Timothy Spall) – Tränen tropfen wie Blut vom Maschendrahtzaun, die Opfer, nunmehr CGI-Geister, die weiterhin rastlos umherirren. Die Prämisse jedoch, zu selbsthinterfragend und mehrdimensional kleidet sie Geschichte und Wahrheit in eine formal konzentrierte, leidenschaftliche Debatte, die der archetypischen Holocaust-Forschung eine Ebene hinzufügt, jene Ebene, dass nicht alle Meinungen, vom (Post-)Faktischen gedeckt, zu Tatsachen gerinnen können. Und keineswegs dürfen. 

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