[...] Dessen kleinkrimineller Sohn Jackie (Jason Cerbone), die gedeihende
Liaison mit Meadow auf und neben dem College, dazu Tonys Sohn (Robert
Iler), der an dem alles verwüstenden "Soprano-Gen" leidet – die
Serie betätigt sich mittlerweile dort, wo sie den alttestamentarischen
Tagesplan der Mafia als gegeben ansieht, um sich der Struktur in der
Struktur hinzugeben. Die familiäre Situation verkompliziert sich, weil
all' diese Kinder lernen, dass Tonys selbstbetrügerische Moral nicht ein
festes Regelwerk erfüllt, sondern von Fall zu Fall, von Kultur zu
Rasse, interpretiert wird. Onkel Juniors (Dominic Chianese)
tränenerweichende Abschluss-Songperformance spricht hierbei die ideale
Sprache, Emotionen als Abschirmung vor Argumenten zu missbrauchen.
Gleichgerichtet zur melancholischen Schwermütigkeit (3×02: "Lebe wohl, kleine Livia") und eskalierenden Treffsicherheit (zum ersten Mal genehmigt sich "Die Sopranos"
eine funktional doppelt verträumte Weihnachtsfolge), lässt es sich das
Team um David Chase nicht nehmen, lakonisch den Ausfallschritt
berechnend zu vollführen. "Verschollen im Schnee" (3×11), wahrscheinlich allergrößte "Die-Sopranos"-Unterhaltung, mag einen unglaublichen Witz erzählen. Zwei "Arschgeigen",
die sich im Wald verlaufen haben, frieren, schlürfen Ketchup-Päckchen
und jagen einen unsterblichen Killerrussen. Wie allerdings in dieser
Stunde hochklassigen Temperaments eine archaische Machthierarchie auf
ein Bild einer wärmenden Decke zusammenfällt (oder: eines tödlichen
Durchfalls), nährt die grassierende Fragilität von unzeitgemäßen
Rollenzuweisungen in der "Generation Universalfernbedienung".