[...] Die Pulverfässer neben ihm vervielfältigen sich folglich, von einer kulturell verstörenden Italienreise (2×04: "Bella Italia")
zu zwei fabelhaften Neuzugängen der Serie. Tonys ähnlich unbesonnene
Schwester Janice (Aida Turturro) und der frisch aus dem Knast entlassene
Proletenschläger Richie (David Proval) geben ein Paar ab, das an der
(Schmerz-)Grenze zum Desaster funktioniert. Das alte Eisen alter Schule
hat in dieser kapitalistisch prinzipientreuen Ökonomie keinen Platz
mehr, wo Geschäftliches in abhörsicheren Geschäften (oder
Krankenzimmern) abgewickelt wird, der Körper vom Kopf Signale empfängt
und der Neffe aller Neffen (Michael Imperioli) parallele Einnahmequellen
auskundschaftet. Christopher verdingt sich als Nachwuchsdrehbuchautor
für Jon Favreau, während Carmela (Edie Falco) die Seitensprünge ihres
Mannes unter unterdrückten Tränen erträgt und Dr. Melfi (Lorraine
Bracco) selber eine Therapie benötigt. Andernfalls verfällt sie einer
Alkoholsucht. "Die Sopranos" richtet das Blickfeld nicht mehr
unumwunden auf Männliches und Machohaftes, sondern stöbert in der
Rollenumkehr des Weiblichen und mutmaßlich Schwächeren nach einer
Kausalität zwischen Reagieren und Regiertwerden, ohne den schwarzen,
unvorbereiteten Witz zu vernachlässigen (so steckt Onkel Junior "sechs Stunden"
lang mit seiner Hand im Abfluss fest). Die Ereignisse fliegen an Tony
und an uns vorbei – wie die Landschaftsornamentik im Intro. Dass hierbei
nichtsdestoweniger die Übersicht und das straffe Erzählnetz erhalten
bleibt, ist durchdachte Meisterschaft.