Donnerstag, 8. November 2012

Die imposanten 7: Akte X-Folgen [Season 6]

      #7 
   »SUZANNE«   
»THREE OF A KIND«
   (E20)


Inoffizielle (offizielle?) Fortsetzung der "unüblichen Verdächtigen", einem verwegenen, unerschrockenen Trio – ein Schmaler, ein Kleiner und ein Blonder, dem dringend die Haare geschnitten werden sollten, damit auch er Undercover arbeiten kann. Im zweigesichtigen Las Vegas der Verlierer und Verlierer angesiedelt, begegnet der Schmale seiner Traumfrau von einst, die er wiederhaben will. Daraus schält sich eine Geschichte voll' an hinreißender Komik, leibhaftiger Liebe und minimal-maximaler Geheimniskrämerei. Denn sie geht fremd! "Suzanne" sticht heraus, da der Scully-Sidekick einen Magenkick in ihre Persönlichkeit darstellt. Hätte das Mulder gesehen, wie sie aufgrund einer Injektion zur lasziven Nutte mutiert, sich anbietet, raucht und um Feuer bittet, dabei Morris aus "Dreamland" wiedersieht und sich selbstverständlich mit einem augenzwinkernden Arschklatschen revanchiert! Brüller. 

   #6  
»DIE GEISTER, DIE ICH RIEF« 
 »HOW THE GHOSTS STOLE CHRISTMAS«    
  (E06)


Eine in ihrer abgestandenen Antiquiertheit atmosphärische Heiligabend-Episode, die allerdings im Begriff ist, das Fest der Liebe, Gemütlich- und Warmherzigkeit zu entlarven, und deren Schauplatz, ein gotisches Haus nebst unrühmlicher Vergangenheit, hakt fortwährend sämtliche Klischees ab, die nicht sterben wollen, auch nicht an Heiligabend: Kerzen, Gewitter, Spinnweben, Stromausfall, ungebetene Gäste, egal, ob tot oder scheintot. Diese hält man sich naturgemäß vom Leibe, indem man sich die Angst ohne Punkt und Komma herunterredet. Scully und Mulder setzen sich außerdem mit den eigenen Geistern auseinander, die sie küchenpsychologisch zu analysieren versuchen, wobei das multiräumliche Haus selbst einige schicke Fallen offenbart, zum Beispiel Türen, hinter denen Mauern den Eingang… vermauern. Beinah hätte sich das einsame Paar erschossen (was für eine Blutspur!), man kann von Glück reden, dass sie sich trotzdem noch etwas schenken können.  

   #5   
  »SPOREN«   
»FIELD TRIP« 
(E21)


Undurchschaubares Stück "Akte X", weil es den Zuschauer vor einen Abgrund stellt, in den er wahlweise hineinplumpst oder, wenn er es doch durchschaut, sich kurz vor der Kante des Abgangs rettet. Ging einigen Staffel der Serie zum Ende hin kurzzeitig die Luft aus, beweist die sechste tatsächlich, dass sie ihre Sauerstoffersatzflaschen penibel verstaut hat, um sie gegebenfalls hervorzukramen. Die Frage nach der Halluzination in der gegenwärtigen Realität zeichnet "Sporen" aus, dessen gewitzter Umgang mit einer verschleimten Pilzkultur, die sich in der Wahrnehmungsänderung meisterlich versteht, Widersprüche entgegen herkömmlicher Figurencharakterisierung heraufbeschwört: Mulder entführt ein total echtes Alien, Scully gesteht ihren wissenschaftlichen Irrtum ein, Mulder stirbt, Scully zweifelt an der Todesursache, die Einsamen Schützen aber nicht, Skinner ist der falsche. Ein chemischer Bewusstseinstrip.      

  #4 
   »DER REGENMACHER«   
»RAIN KING« 
   (E08)


Komödiantisch, romantisch, fröhlich. "Der Regenmacher" ordnet sich passgenau in den Tenor der sechsten Staffel ein, vermehrt der experimentellen Linie zu folgen, die ausgelassen und richtig obskur Grenzen verschiebt und Serienkonventionen außer Kraft setzt. In entfesselter Skurrilität geht es diesmal um ein weinerliches Weißbrot an Mann, dessen Liebeskummer Stimmungsschwankungen verursacht, die sich auf das von ihm manipulierte Wetter auswirken. Mulder muss Ratschläge in Sachen Liebe geben, wenn er nicht gerade mit seiner leicht genervten Partnerin Cheerleader-Willkommenstänzen beiwohnt und Indianer-Pseudotänze durchsteht. Happy End folgt auf Happy End folgt auf Happy End, alle liegen sich in den Armen, knutschen, sind glücklich mit sich und dem anderen da an den Händen nach dem lange auf sich wartenden Liebesgeständnis. Wetter hellt auf, ein Lächeln umspielt die Lippen. Das ist wundervoller Kitsch, kaum schöner könnte er sein.             

  #3  
  »IM BERMUDA-DREIECK«   
»TRIANGLE« 
(E03)


Chaos, Zeitsprünge, Split Screen und ein verschwundener wie verwunschener Luxusliner, in deren Kapernfahrt kurz nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs Mulder hineingerät, der kolportierte deutsche, hellseherische Spion unter einer illustren Riege des doppelt besetzten "Akte X"-Personals (der Raucher als Nazi-Scherge, Spender als Oberarschloch). Ob seiner Plansequenzen außerordentlich dahinströmend, fußt das Handwerk jedoch auf erzählerischem Nährboden, wenn aus diesem Gewirr an ununterbrochenen Bewegungen wüste Fleischfetzen an Menschen resultieren, die an der Seite über mehrere Etagen hinweg gestreift werden. Die totale Missordnung. Küsschen folgt auf Küsschen: Mulder küsst Scully in der alternativen Zeitlinie, erntet dadurch einen Kinnhaken, und als er dann von seinem Traum aufwacht, gesteht er ihr seine Liebe. Sie glaubt ihm nicht, was sie aber nicht davon abgehalten hat, ihrem ehemaligen Direktor aufs Geradewohl einen Schmatzer verpasst zu haben.     

  #2  
    »ZWEI VÄTER«    
 »TWO FATHERS« 
...
   »EIN SOHN»   
»ONE SON»
 (E11/12)


Nach dem in den Vorgängerstaffeln ausgebreiteten, tendenziell zu ambitioniert aufgetragenen Mythologie-Quatsch, bei dem die Drehbuchautoren vermutlich auch nicht so genau wussten, was sie wie womit zusammenbasteln, zeigt sich in der zentral implementierten Doppelfolge, dass Antworten nicht schwer sind, wenn die richtigen Fragen adäquat gestellt werden. Wer was hier plant, ist ohne künstliche Verschachtelungen überbordend spannend und insgeheim eine Zäsur in der Mythologie der Serie, wenn Mulder die (mal mehr, mal weniger überraschende) Wahrheit über das Komitee baldiger Kolonialisierung erfährt, das wenig später einem Massensterben zum Opfer fällt. Die Protagonisten variieren indes kaum; es ist ein erfrischender Rundumschlag der Beschützer und Schützen, der Verschwörer und Mitverschwörer, der Lügner und ihrer Lügner. Offene Fragen bleiben nichtsdestotrotz, und die Antworten darauf liegen naturgemäß irgendwo da draußen.  

   #1  
»DREAMLAND« - Teil I, II
     (E04/05)


Morris Fletcher ist Fox Mulder. Morris ist Fox, Fletcher ist Mulder. Der Morris-Körper im Mulder-Geist, der Mulder-Geist im Morris-Körper. Der Morris-Körper ist nicht der von Fox. Oder sieht der von Fox etwa wie der von Morris aus, und zwar der von Morris Fletcher? Eher nicht, aber alle halten sie für diejenigen, die sie nicht sind, sondern in die entgegengesetzte Richtung sein sollten. Gespiegelte Oberflächen reflektieren die Wahrheit; das Problem ist nur, dass diese Wahrheit nur für sie allein sichtbar ist. Rollentausch, Jobtausch, Lebenstausch – einmal Area 51 (Mensch, Mulder!), einmal FBI (arme Scully!). Mulder, äh Morris, genießt das Flirten und Stoßen am Arbeitsplatz, auch Scully sieht sich einem Klaps auf den Hintern ausgesetzt, und Morris, äh Mulder, landet in anstrengenden Eheneurosen, beleidigt seine ungewollten Kinder, guckt Pornos. Aber er profitiert vom illusionären Tausch, denn seine Wohnung sah danach nicht mehr wie Penner aus.